Test zu Disney Epic Mickey: Rebrushed - Nintendo Switch
Eine Reise in das vergessene Königreich von Disney
Im November 2010 veröffentlichten Disney Interactive Studios und Junction Point Studios mit Epic Mickey einen farbenfrohen Platformer mit Micky Maus in der Hauptrolle für die Wii. Neben all den Lobeshymnen und hohen Bewertungen erhielt das Spiel aber auch kritische Worte bezüglich der Steuerung und unübersichtlichen Kameraführung. Satte 14 Jahre nach der Veröffentlichung holten THQ Nordic und Purple Lamp den leicht eingestaubten Tuschkasten aus dem Rucksack und verpassten Epic Mickey einen neuen Anstrich – und mit Disney Epic Mickey: Rebrushed auch gleich einen neuen Spielnamen. Handelt es sich bei der Neuauflage um die erfolgreiche Restaurierung eines altehrwürdigen Klassikers oder doch um verpfuschte Schwarzmalerei?
In Disney Epic Mickey: Rebrushed schlüpft ihr in die Rolle der wahrscheinlich bekanntesten Maus der Welt: Micky Maus. Eines Nachts lockt ein mysteriöser Spiegel Micky in das Atelier eines Zauberers, welcher an der Fertigstellung seines Kunstwerkes tüftelt. Getrieben von der Neugier und dem Verlangen, selbst zum Künstler zu werden, schwingt die weltbekannte Maus in Abwesenheit des Zauberers dessen magischen Pinsel und sorgt für ein absolutes Chaos auf dem Gemälde. Durch das Vermischen von Farbe und Verdünner beschwört er ein düsteres Monster, welches prompt in das dreidimensionale Kunstwerk flüchtet. Es verstreicht einiges an Zeit, bis das Phantom Micky in „seiner“ Welt heimsucht und ihn durch den magischen Spiegel in das ruinierte Kunstwerk des Zauberers entführt.

Die Mean Street ist der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Hier starten die Abenteuer in die unterschiedlichen Spielwelten
© THQ Nordic / Disney
Im Anschluss beginnt das eigentliche Abenteuer von Disney Epic Mickey: Rebrushed. Ihr begebt euch fortan auf die Reise durch die Schauplätze von Wasteland. Einem trostlosen und tristen Ort für vergessene Charaktere aus dem Disney-Universum – darunter Rudi Ross und Oswald dem glücklichen Hasen. Natürlich ist es oberste Priorität von Micky, möglichst schnell aus der zwielichtigen Fabelwelt zu entkommen und in die heimischen Gefilde zurückzukehren. Zunächst erwartet euch aber erst einmal ein ausführliches Tutorial, in welchem ihr Bekanntschaft mit Kobold Gus und seinen Freunden macht.
Nach weiteren Erklärungen zu der Steuerung und den Spielmechaniken schnappt ihr euch euren magischen Pinsel und sucht nach einem Fluchtweg. Der Pinsel ist dabei wahrscheinlich das wohl wichtigste Utensil von Micky Maus auf seiner langen Reise. Durch diesen könnt ihr euch nicht nur die aufdringliche Phantom-Schar des Antagonisten vom Leib halten, sondern auch bestimmte Objekte der Spielwelt einfärben oder mittels Verdünner entfärben. Insbesondere die Farbe und der Verdünner des Pinsels eröffnen euch zahlreiche Möglichkeiten für das erfolgreiche Vorankommen.
Beispielsweise könnt ihr an bestimmten Flächen die Farbe entfernen, um versteckte Wände oder Wege aufzudecken oder ihr nutzt die Farbfunktion und zeichnet bei den Objekten fehlende Teile ein. Hier offenbart das Abenteuer die erste große Portion an Kreativität: Es erwarten euch lückenhafte Brücken, die überwunden werden wollen oder es muss ein fehlendes Teil eines Rohres repariert werden, welches ohne Reparatur weiterhin schädliche Dämpfe auspustet und sich ohne Gnade bei Kontakt an euren Lebensherzen vergreift. Die Farbe sowie der Verdünner sollten dennoch mit Bedacht eingesetzt werden. In beiden Fällen haben die Spielmechaniken große Konsequenzen auf die Werdegänge der Charaktere, auf die Geschichte sowie dem Ende des Spiels.

Zwischendurch erwarten euch Bosskämpfe gegen (un-)bekannte oder gar vergessene Figuren aus dem Disney-Universum
© THQ Nordic / Disney
Nutzt ihr vorrangig die Farbe, werden die Bewohner der Spielwelt deutlich freundlicher und hilfsbereiter, während ihr bei dem verstärkten Einsatz des Verdünners eher für Angst und Zurückhaltung sorgt. Das Thema Entscheidungen zieht sich durch das ganze Spiel und hat unter anderem Einfluss auf das Verhalten der lebensfrohen Kobolde. Befreit ihr einen eingesperrten Kobold aus dem Käfig und verzichtet somit andererseits auf einen lukrativen Schatz, oder helft den Kobolden bei ihren Problemen, meist in Form von simplen Nebenquests und kleinen Rätseln, so revanchieren sich diese im Laufe des Spiels.
Manchmal könnt ihr auf das eigentliche Ziel von Nebenquests verzichten und einen Gegenstand, welchen ihr für den Auftraggeber ursprünglich in einer der vielen Spielwelten besorgen solltet, für eine andere Passage in einer völlig anderen Spielwelt nutzen. Zwar verfällt dann die ursprüngliche Nebenaufgabe mitsamt den potenziellen Belohnungen, allerdings könnten auf dem alternativen Weg weitaus lukrativere Belohnungen auf euch warten. Darunter befinden sich seltene Abzeichen – einem Achievement-ähnlichen Feature ohne spielerischen Mehrwert, jedoch unverzichtbar für Komplettisten.
Die einzelnen Schauplätze der Spielwelten sind weitestgehend übersichtlich und linear aufgebaut, punkten oftmals aber mit vielen unterschiedlichen Lösungs- und Fluchtwegen. Es steht euch offen, ob ihr ohne große Umwege zum Ziel steuert oder euch in Ruhe umschaut und damit Geheimnisse oder einen alternativen Weg aus der Welt aufdeckt. Hier bieten euch die befreiten Kobolde manchmal ihre Hilfe an und können Abkürzungen zum Ziel freischalten – sofern ihr dem zustimmt. Einen sonderlich hohen Schwierigkeitsgrad besitzt Disney Epic Mickey: Rebrushed insgesamt aber nicht.
Die Rätselpassagen sind gerade zu Spielbeginn ziemlich offensichtlich und die Lösungen werden einem sogar von Gus oder den Kobolden verraten. Insbesondere im späteren Spielverlauf eröffnen sich immer weitere Möglichkeiten für das erfolgreiche Vorankommen und auch die Rätsel werden etwas anspruchsvoller. Dadurch kommt es des Öfteren zu ungewolltem Ableben. Sollten euch eure Herzen ausgehen, sorgen die regelmäßigen automatischen Speicherpunkte dann für eine faire und nahegelegene Wiederbelebung. Dies geschieht beispielsweise, sobald ihr mit schädlichen Substanzen in Berührung kommt, (un-)freiwillig von einer hohen Stelle hinunter segelt oder von einem der Gegner getroffen werdet. Durch das Zerstören von Objekten, die sehr großzügig in den Welten verteilt sind, können die Herzen oder der Tintenvorrat für den Pinsel quasi zu jeder Zeit komplett aufgefüllt werden.

In den Spielwelten können einige Schätze gefunden werden – darunter Anstecker und Konzeptzeichnungen
© THQ Nordic / Disney
Das Spielgeschehen läuft größtenteils in der Verfolgerperspektive ab und ihr schaut Micky somit über die Schulter. Die einzige Ausnahme bilden die (zu) kurzen, aber überaus charmanten 2D-Jump ’n’ Run-Passagen, welche einen Hauch von Super Mario nach Wasteland bringen. Im Originalspiel stand euch ein Doppelsprung für das Erreichen höherer Ebenen sowie ein Wirbelangriff für das Zerstören von Objekten und das Angreifen zur Verfügung. Hier wurde in der Neuauflage noch einmal nachgeholfen. Micky kann nun auch sprinten sowie einen Dash und eine Stampfattacke ausführen, wodurch die weltbekannte Maus deutlich dynamischer in der Spielwelt unterwegs ist.
Die Geschichte zieht euch ungefähr 10 Spielstunden in den Bann. Hier kommt es aber darauf an, wie gründlich ihr die Schauplätze untersucht und wie viele Nebenaufgaben ihr erfolgreich löst. In den Spielwelten sind über 100 Anstecker, Konzeptzeichnungen, Kurzfilme sowie eine Handvoll Kostüme für den Protagonisten versteckt. Sucht ihr jeden Winkel ab und erledigt alle Nebenaufgaben, dürftet ihr ca. 20 Stunden beschäftigt sein. Durch eure Entscheidungen, den unterschiedlichen Enden sowie den zahlreichen Lösungswegen besitzt das Abenteuer zudem einen hohen Wiederspielwert.
Leider knabbert Disney Epic Mickey: Rebrushed ein bisschen an der technischen Limitierung der Nintendo Switch. Im Großen und Ganzen kann das Spiel ohne Probleme und dem Vorkommen von nennenswerten Fehlern oder gar Abstürzen durchgespielt werden. Allerdings ist es technisch und optisch im Vergleich zu der Konkurrenz mit einer Auflösung von bis zu 4K und konstanten 60fps ohne große Überraschung die schwächste Version. Im Handheld-Modus erwarten euch deutlich erkennbare verwaschene Texturen, zwischenzeitliche Einbrüche der Framerate sowie kurze Ruckler, sobald die Texturen nachgeladen werden oder eine große neue Umgebung betreten wurde. Das klingt auf dem Papier deutlich dramatischer, als es sich beim Spielen anfühlte, denn weder die verwaschenen Texturen noch die kurzen Ruckler störten sonderlich den Spielfluss.
Dafür sieht das Spiel im TV-Modus eine ganze Ecke besser aus und auch die kurzen Ruckler wurden seltener – zumindest dem eigenen Empfinden nach. Unabhängig von Handheld- oder TV-Modus solltet ihr zudem eine mittlere Portion Geduld mitbringen, denn bei dem Wechsel zwischen den Gebieten kommt es gerne einmal zu längeren Ladezeiten von bis zu einer Minute. Dafür ist die Steuerung mit dem Controller sowie die überarbeitete und deutlich flexiblere Kameraführung ein großer Pluspunkt der Neuauflage. Im Original sorgte die Kombination aus der Steuerung mit dem Nunchuk und der Wii-Fernbedienung mit der festgefahrenen Kamera schnell für einige frustrierende Spielmomente. Da es eine kostenlose Demoversion von Disney Epic Mickey: Rebrushed im Nintendo eShop gibt, sollte vor dem Kauf der Vollversion ein Blick in die Demo geworfen werden, auch um abzuwägen, ob sich die technischen Einbußen für einen persönlich in einem akzeptablen Bereich befinden.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit