Test zu RPG Maker WITH - Nintendo Switch
Ein Mülleimer hier, ein Vögelchen dort ...
Da der RPG Maker MV (nachfolgend MV) auf der Nintendo Switch wohl nicht genug war, schieben Gocha Gocha Games und NIS America gleich noch einen hinterher: Der RPG Maker WITH (nachfolgend WITH), der inhaltlich in erster Linie auf den RPG Maker MZ für den PC basiert, ergänzt das Portfolio der 2D-Rollenspiel-Editoren mit seinen ganz persönlichen Vorteilen – und Nachteilen. Wer noch nicht mit dem Prinzip der RPG Maker-Reihe vertraut ist, kann sich gerne durch das detaillierte Erstellprozedere lesen, das ich euch seit dem RPG Maker Fes und MV nun zum dritten Mal erläutere, während der Rest die nächsten drei Abschnitte gerne überspringen kann.
Natürlich könnt ihr einfach loslegen und schauen, was euch die Werkzeuge und Assets für Inspirationen bringen, aber wenn ihr bereits das Intro gut in Szene setzen wollt, solltet ihr schon zu Projektstart wissen, worauf ihr hinaus möchtet. Also braucht ihr eine Idee. Die Story habt ihr bestenfalls sogar schon ganz grob geplant.
Als Grundlage des gesamten Spiels dient die Datenbank. Falls euer Spiel nicht einfach nur ein Film sein soll, braucht ihr Protagonisten und ihre Klassen. Gegenstände wie Konsumgüter, Waffen oder Rüstungen werden den Verlauf der Kämpfe entscheidend beeinflussen (oder eben nicht, ganz eure Entscheidung). Gegner, die in Gruppen beziehungsweise sogenannten Begegnungen auftauchen, sowie generelle Eigenschaften zum Projekt und weitere Kleinigkeiten sind ebenfalls relevant. Die allgemeinen Events (oder auch Common Events) sind auch einen Blick wert, denn diese können übergreifend aufgerufen werden und arbeiten auch über die Grenzen einer Karte hinaus.
All diese Dinge werden in der Datenbank definiert und helfen euch, die Struktur eures Projektes aufzubauen, sodass ihr etwas habt, womit ihr arbeiten könnt. Nehmt euch also die Zeit, einmal alle Optionen und Vorlagen zu sichten. So bekommt man möglicherweise auch schon die eine oder andere Inspiration, was ihr mit dem genauen Verlauf des Spiels so anstellen wollt.
Eine Karte kann ohne Events existieren, aber ein Event nicht ohne Karte. Daher braucht ihr zunächst eine Umgebung, in der ihr euch bewegen könnt und in der die Ereignisse ihren Lauf nehmen können. Mappen ist darüber hinaus auch der Teil, der wohl den meisten Autoren am meisten Spaß macht. Und das ist eigentlich auch ganz einfach. Karten werden in einem separaten Menü aufgelistet, von dem aus ihr neue Maps anlegen, kopieren, editieren und löschen könnt. Wesentliche Eigenschaften einer Karte umfassen ihre Größe, das Kachelset (auch „Tileset“ genannt), ein paar grafische Feinheiten wie Vorder- und Hintergründe oder Hintergrundmusik/-geräusche.
Wie eine Karte gestaltet werden kann, ergibt sich aus dem gewählten Kachelset. Grundsätzlich unterscheiden sich diese in Innen- und Außenbereiche, einem kleinen Maßstab für Weltkarten und verschiedenen Settings, hauptsächlich historisch oder modern. Kachelsets können in der Datenbank angepasst und so teilweise auch gemischt werden. Solltet ihr daran Änderungen vornehmen, solltet ihr darauf achten, dass die technischen Eigenschaften der Kacheln, wie die Kollision, wie gewünscht funktionieren.
Im Editor könnt ihr verschiedene Formen, also „Brushes“ auswählen, um eine oder mehrere gewählte Kacheln aufzutragen. Der Fülleimer oder das Rechteck sind gut für Vollbild-Kacheln wie Böden oder Wände (Häuser oder Klippen) geeignet, der Stift dafür, um einzelne Objekte zu platzieren. Euch stehen vier Ebenen zur Verfügung, die euch sehr viel Spielraum zur Anpassung der Umgebung bieten. In der Regel sind Vollbild-Kacheln immer auf der untersten Ebene, während Objekte mit Transparenz darüber liegen. So könnte ein Fass auf Ebene 2 liegen, die obere Hälfte einer Laterne, die optisch das Fass verdeckt, auf Ebene 3, während die Krone eines großen Baumes im Süden durch Ebene 4 die Laterne überlagert. Macht euch das Kartendesign aber nicht unnötig kompliziert, nur weil ihr die Mittel dazu habt. Eine weitere „Palette“ bilden die Region-IDs. Sie haben keinen visuellen Nutzen, helfen aber bei einer positionsbasierten Ausführung von Ereignissen. Und wo wir schon von diesen sprechen ...
Ereignisse, oder auch Events genannt, hauchen überhaupt erst Leben in die Karte ein. Ereignisse sind einfach gesagt alles, was nicht statisch auf der Karte platziert wird, sondern interagierbar ist oder sich irgendwie bewegen oder verändern kann. Events sind lange Befehlsketten für die Erzählung der Handlung, NPCs, die in Häusern oder auf Straßen herumlaufen, oder Türen, die euch auf andere Karten wie Innenräume verfrachten.
Ein Ereignis bringt grundlegende Eigenschaften wie die Art der Darstellung oder eine selbstständige Bewegungsroute mit sich. Die Bedingungen definieren, wann das Ereignis überhaupt existieren soll. Bedingungen basieren auf Schalter oder Variablen und sind zum Beispiel wichtig, damit automatische Handlungsstränge kein zweites Mal passieren oder eine Truhe sich nicht beliebig oft plündern lässt.
Aberdutzende Befehle warten darauf, Gebrauch in der Kommandoliste zu finden. Diese reichen von einfachen Dingen wie Dialogtexte, Auswahloptionen, Bewegungsrouten des Spielers oder NPCs (deren Vorschauen leider etwas umständlich aufzurufen sind) über cinematische Funktionen wie Animationen oder Bildeffekte bis hin zu technischen Prozessen wie die Steuerung der Variablen, die wiederum für Bedingungsabfragen genutzt werden.
Das Prinzip der Befehlsliste dahinter ist eigentlich sehr einfach: Die von euch ausgewählten Funktionen werden nacheinander aufgelistet und somit auch nacheinander abgearbeitet. Dabei kennt der Prozess keinen Halt: Alles, was gleichzeitig ausgeführt werden kann, wird auch gleichzeitig ausgeführt – es sei denn, ein Wartebefehl oder eine Warteeigenschaft eines anderen Befehls pausiert die Verarbeitung. Nutzt diese Optionen, um das Timing des Geschehens genau abzustimmen und ggf. mit anderen Aktionen zu synchronisieren.
Wenn ihr ein Rollenspiel bastelt, spielen wahrscheinlich auch Kämpfe im klassischen Verfahren eine Rolle. Visuell können sie entweder in einer Frontansicht (quasi First-Person) oder in einer Seitenansicht (mit animierten Protagonisten) abgehalten werden. Wie schon im Abschnitt zur Datenbank angesprochen, bestimmen Klassen, Waffen, Items oder Fähigkeiten im Gegenspiel mit den Gegnern und ihren Eigenschaften die Formel eines klassischen Kampfsystems. Auch ein System für Wechselwirkungen wird dabei eingebunden, wobei die Intensität der Nutzung natürlich davon abhängt, ob ihr den Gegnern oder den Fähigkeiten gewisse Elemente mit zugehörigen Resistenzen oder Schwächen zuweist. Das Kampfsystem ist in WITH rein rundenbasiert. Die aus MZ bekannten Zeitfortschritt-Modi werdet ihr hier nicht finden. Falls Kämpfe in eurem Spiel keine Rolle spielen sollten, ist das auch völlig okay.
Natürlich ist es wichtig, regelmäßig euer veranstaltetes Spektakel zu testen. Dafür könnt ihr direkt aus dem Editor heraus das Spiel starten. Ihr solltet entweder einen Speicherstand verwenden, um den neuesten Fortschritt zu prüfen, oder alternativ den Startpunkt in die aktuelle Szene verschieben, wobei in diesem Fall darauf geachtet werden muss, dass die Auslöser-Variablen und andere Bedingungen zutreffen. Zum Glück könnt ihr dank der Debug-Funktionen einige Parameter frei bestimmen und auch einen Log aktivieren, der die letzten 500 verarbeiteten Befehle aufzeigt.
Eine gewisse Ironie lässt sich nicht abstreiten: Trotz der Bemühungen, die RPG Maker-Serie Teil für Teil am PC in Sachen Quality of Life zu verbessern, kommen immer wieder Funktionen für präziseres Arbeiten abhanden oder werden später wieder hinzugefügt. Dieser Trend setzt sich auch hier fort. Nehmt das nicht falsch auf, WITH macht vieles besser als MV, also gehe ich einfach mal in die Details.
Den eigentlichen Kernaspekt von WITH macht die Maker-Meile aus, eine Art Community-Marketplace, wo die Autoren „Assets“ in Form von zuvor erstellten Karten oder Events teilen können. Auf diese Weise ist es möglich, mit mehreren Personen an einem Projekt zu werkeln, indem die Mitwirkenden lokal auf ihren Konsolen Karten erstellen und ausarbeiten, diese hochladen und lediglich vom Hauptentwickler heruntergeladen und eingebunden werden. Dieselbe Plattform wird auch genutzt, um später die fertiggestellten Projekte zu veröffentlichen, sodass jeder sie spielen kann – auch dank der kostenlosen Player-Software.
Für die Kenner wird als allererstes auffallen, dass das Interface neu strukturiert wurde und schon deutlich besser für die Nutzung mit einem Controller ausgelegt ist. Inwiefern das nun den Komfort verbessert, ist trotzdem fraglich, da das bloße Prinzip des Editors von solchem Ausmaß immer ein paar Komplikationen mitbringt. Um die Navigation zu beschleunigen, ist fast jede Aktion nun mit einer Tastenkombination verbunden. Es ist zugegeben etwas mühselig, sie zu lernen, aber wenn man nach ein paar Minuten die wichtigsten oder häufigsten Keybinds raus hat, gehen viele Prozesse merklich schneller.
Aber am liebsten würde man einen RPG Maker immer noch mit Maus und Tastatur bedienen, richtig? Nun, es ist nicht neu, Texte mit einer USB-Tastatur schreiben zu können, da WITH, wie schon der MV, das Interface des Switch-Betriebssystems nutzt. Aber tatsächlich schafft WITH hier auch seitens der Software Abhilfe: Ihr könnt ebenso eine USB-Maus anschließen und so mit einem Cursor über Karten, Menüs und Befehlslisten navigieren. Ein wenig fummelig und verzögernd wirkt er allerdings schon, da der Editor lediglich mit 30 Bildern pro Sekunde läuft. Bei einer halbwegs ruhigen Hand sollte das aber kein Problem sein, man muss sich nur daran gewöhnen. Anfangs hatte ich noch Probleme, die Maus zu bedienen, da der Controller in die Steuerung zwischenfunkte. Nachdem ich diesen einmal neu angemeldet habe, funktionierte alles ordnungsgemäß.
Die „Autotiles“ waren schon immer ein schwieriges Thema. Dabei reden wir von Kacheln, die sich mit optischen Variationen in Form von Rändern und Ecken automatisch an ihre angrenzenden Kacheln anpassen. Klingt gut, aber manchmal braucht ihr vielleicht eine statische Version, da sonst Probleme mit dem gewünschten Ergebnis durch Überlagerungen o. Ä. auftreten können. Diese sind in WITH abschaltbar, sodass stets die mittlere, randlose Kachel platziert wird. Tatsächlich könnt ihr aber auch durch Kopieren und Einfügen die anderen Varianten präzise platzieren, da dadurch die Eigenschaften des jeweiligen sowie umliegenden Tiles ignoriert werden. Es ist ein großer Aufwand, aber machbar. Übrigens erlaubt euch WITH, neben einer automatischen Ebenenwahl, auch die genaue Ebene einzustellen, auf der Kacheln platziert werden sollen.
Animationen in WITH funktionieren ebenfalls anders als in den Vorgängern. Wie auch in MZ sind sie nicht mehr Sprite-basiert, sondern funktionieren mit Partikeln. Am PC könntet ihr zwar durch externe Tools eigene Animationen für den MZ erstellen, doch hier seid ihr leider rein auf die vordefinierten Animationen beschränkt. Immerhin sind diese aber so vielfältig, dass ihr in den meisten Situationen etwas Passendes parat habt.
Technisch ist WITH kein unkompliziertes Unterfangen. Grundsätzlich sind kleine und große Karten kein Problem, die endgültige Leistung ist aber auch von der Fülle an Events abhängig. Damit es in der Hinsicht nicht in die Unendlichkeit gehen kann, sind Karten und die gesamten Projekte mit Speicherlimitationen versehen, sodass auch in der Kapazität irgendwann Schluss ist. Achtet regelmäßig auf den Bedarf, damit das Programm euren Spielplänen keinen Strich durch die Rechnung macht.
Was mein Testprojekt angeht: Nachdem der Uploader vom MV willkürlich Wörter zensierte und das Projekt von damals quasi ruinierte, sehe ich dieses Mal von einer raschen Fertigstellung ab. Außerdem brachte mir die Auswahl der Ressourcen ein paar Probleme. Wenn ich persönlich daran denke, dass von drei Drachentypen im Kampfbildschirm nur einer eine eindirektionale Oberwelt-Grafik hat und mein postmodernes Fantasy-Franchise stets welche im Team mitschleppte, war ich tatsächlich dazu gezwungen, mal eine andere Richtung einzuschlagen. Sollte ich mich später für einen Upload entscheiden, trage ich die Infos hier entsprechend nach.
Unser Fazit

7
Spaßgarant