Test zu Gundam Breaker 4 - Nintendo Switch
Das neue Mekka für Mecha-Fans?
Wer kennt sie nicht, die bemannten Roboter – Mechas oder Mechs genannt – die aus der japanischen Kultur bereits in den späten 70er-Jahren zu uns herübergeschwappt sind? Das bekannteste Mecha-Franchise nennt sich Gundam und umfasst ein riesiges Science-Fiction-Universum. Gestartet wurde es von dem bekannten Spielzeughersteller Bandai mit dem Anime „Mobile Suit Gundam“. Daraus hat sich nach und nach eine riesige Welt von Anime-Serien, OVAs, Kinofilmen, Modellbausätzen, Mangas und Videospielen entwickelt, die in einer Art Parallelwelt eine glühende Anhängerschaft hinter sich versammelt.

Auch Modellbau-Kits können wir im Ingame-Shop erwerben. Diese beinhalten zufällig ausgewählte Bauteile eines bestimmtes Gundam-Typs
© SOTSU・SUNRISE・MBS
Die Königsdisziplin ist in Fankreisen hierbei gefühlt der Cosplay-Bereich, so gibt es durchaus immer wieder Videos und Fotos zu bestaunen, die einen Eindruck davon vermitteln, dass die sensationellen Verkleidungen in schweißtreibender Feinarbeit hergestellt wurden. Aber auch das Bauen der Gunpla-Modelle (Gunpla ist hierbei eine Abkürzung für Gundam Plastic Model) erfordert akribisches Schneiden, Kleben und Bemalen. Um diese Plastik-Modelle dreht sich die gesamte Gundam Breaker-Reihe. Wir dürfen hier virtuell unsere eigenen Mechas anfertigen und auch zum Leben erwecken.
Mutig ist dabei auf jeden Fall bereits schon die Tatsache, den technisch nicht ganz unaufwendigen Titel auch auf die altersschwache Nintendo Switch zu portieren. Es wäre leider nicht die erste Multiplattform-Umsetzung für unsere geliebte Nintendo-Konsole, die eine kleine technische Katastrophe ist. Ob dieser Port den Entwicklern geglückt ist und die Reihe generell ein weiteres Mal überzeugen kann oder vielleicht doch noch einmal wie bei „New Gundam Breaker“ für enttäuschte Gesichter sorgt, könnt ihr in unserem Test erfahren.
Gleich zu Beginn schlüpfen wir in die Rolle eines stummen, aber charismatischen Neulings, der in einem Online-Betatest für ein Spiel namens „Gunpla Battle Blaze: Beyond Borders“ mitmischt. Stumm ist dabei wörtlich gemeint – unser Charakter spricht keinen einzigen Satz, sondern gestikuliert in bester Link-Manier. Das ist schon irgendwie sympathisch, könnte aber die Dialogfreunde unter euch etwas irritieren. Vor allem da die anderen Charaktere sehr lange Textfenster haben und wir weder Texte noch einen zugehörigen Avatar. Es ergeben sich so zum Teil affige Szenen, in denen der Protagonist wild und auf sehr japanische Art herumfuchtelt, worauf die anderen viel zu normal reagieren.

Der Oberbereich bietet uns verschiedene Monitore, die wir näher betrachten können
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Die Storyline geht als typische Anime-Kost durch: Wir schließen uns zu Beginn mit ein paar Mitspielern zusammen, gründen einen Clan und steigen von dort an in die glorreichen Höhen eines Gunpla-Kriegers auf. Dabei entpuppt sich unser Protagonist überraschenderweise als Naturtalent, was regelmäßig zu verblüffenden Szenen führt. Inmitten von Glitches und verrückten Gegnern, die ungleich stärker sind, weckt unser Charakter das Interesse mächtigerer Spieler, die in uns großes Potenzial sehen. Aber keine Sorge, auf die dunkle Seite der Macht wechseln wir nicht. Im Gegenteil – unser Alter Ego hat einen unerschütterlichen Willen, auf der vermeintlich guten Seite zu bleiben.
Die Story plätschert ansonsten eher gemächlich dahin. Es gibt kleine Spannungsmomente, rivalisierende Spieler, viele Gespräche und teils schillernde Charaktere, die mit Skurrilität glänzen. Dies erreicht zwar keine absolute Absurdität wie beispielsweise bei den Charakteren aus dem One-Piece-Universum, aber wer Freude an ungewöhnlichen Anime-Persönlichkeiten hat, wird hier wahrscheinlich gut unterhalten. Ein literarisches Meisterwerk, besonders tiefgründige Charakterentwicklungen oder raffinierte Storywendungen darf man allerdings nicht erwarten.
Die Lobby von Gundam Breaker 4 dient als unser zentraler Hub. Hier findet sich alles, was das Herz begehrt: ansprechbare NPCs, Shops, Missionen und die Möglichkeit, Gunpla-Kreationen echter Spieler zu bewundern und zu bewerten. Auch können wir Statistiken oder eine Splatoon-ähnliche Ingame-Anime-Sendung auf verschiedenen Monitoren ansehen. Natürlich wollen wir uns aber nicht nur in der Lobby aufhalten, sondern mit unserem eigenen Gunpla in die Schlacht ziehen! Vorher können wir verdiente Breaker-Booster einsetzen, um in der nächsten Mission noch mehr Bauteile zu erhaschen. Es ist auch möglich, die Mission im Koop-Modus online mit Freunden zu spielen. Diese ersetzen dann unsere NPCs.
Das Gameplay selbst bietet klassische Hack and Slash-Action, bei der wir mit einfachen Kombos und viel Nahkampf Gegnerhorden zerlegen. Wer es schafft, den Kombo-Balken möglichst lange aufrechtzuerhalten, wird dafür belohnt – besiegte Gegner lassen Teile fallen, die wir später im Modellbau verwenden können. Und genau hier liegt eine der größten Stärken des Spiels: der Modellbau. Es gibt unzählige Optionen, um unseren Gunpla zu gestalten – von der Farbe über die Größe bis hin zu den Aufschriften. Die Möglichkeiten sind nahezu endlos, und es macht unglaublichen Spaß, ständig neue Teile zu sammeln und seinen Mecha immer weiter zu optimieren.
Ein kleiner Tipp: Plant genügend Zeit ein, denn es ist leicht, sich stundenlang in den Anpassungsmöglichkeiten zu verlieren. Auch die verschiedenen Waffentypen und Spezialattacken, die wir nach und nach freischalten, sorgen für genug Abwechslung im Kampf. Wer seine Kreationen stolz zur Schau stellen möchte, kann im Diorama-Modus kreative Ausstellungsstücke erschaffen und seinen Gunpla in eigens inszenierten Szenen mit frei gestaltbaren Kampfsituationen glänzen lassen.
Das Spiel ist für Gundam-Neulinge übrigens erstaunlich zugänglich. Alles, was eingeführt wird, wird uns auch erklärt. Dies ist allerdings durchaus ein zweischneidiges Laser-Schwert. Die vielen Informationen können überwältigend wirken und die wenigsten werden sich wohl alle Details merken können. Häufig ist dies glücklicherweise für das Gameplay auch nicht allzu relevant. Es reicht in der Regel, die Grundmechaniken verstanden zu haben. Die unzähligen und langen Tutorial-Texte können tatsächlich auch ermüdend wirken und stören gerade zu Beginn des Spieles auch den Spielfluss immer wieder.
Der Schwierigkeitsgrad ist erstaunlich gering. Vor den Missionen können wir zwar Schwierigkeitsgrade auswählen, aber auf der mittleren Einstellung gibt es nicht wirklich eine Herausforderung. Der schwierigste Modus wird ebenfalls keine allzu große Herausforderung für Genre-Profis darstellen. Die KI der Feinde ist dafür einfach zu simpel. Die meisten Gefechte lassen sich durch halbwegs gekonntes Button-Mashing meistern. Auch die Bosskämpfe sind zwar spaßig, aber wenig abwechslungsreich. Es handelt sich in der Regel einfach um einen besonders großen Gegner mit eigenen Spezialattacken. Diesen Attacken müssen wir immer wieder ausweichen und dann auf verwundbare Körperpartien eindreschen. Das anvisierte Körperteil (wie auch die anvisierten normalen Feinde) können wir mit dem rechten Stick wechseln. Dies funktioniert nicht immer so reibungslos, wie wir uns sich das vorstellen und die manchmal etwas störrische Kamera lässt uns bei vielen Gegnern durchaus auch einmal den Überblick verlieren.
Optisch macht Gundam Breaker 4 einiges her – zumindest, wenn es um die Gunpla-Modelle geht. Unser Mecha sieht einfach fantastisch aus, vor allem, wenn wir ihn als gigantisches Modell in der Lobby präsentieren und um ihn herumlaufen können, um jede noch so kleine Anpassung aus der Nähe zu betrachten. Diese Detailverliebtheit ist beeindruckend. Es gibt hier wirklich schöne Effekte und die Modelle sehen tatsächlich auch auf der Nintendo Switch sehr realistisch aus.

Bei der Awaken-Fähigkeit leuchtet unser Gunpla und teilt deutlich mehr Schaden aus
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Weniger beeindruckend sind allerdings die Umgebungen, in denen die Kämpfe stattfinden. Die Landschaften wirken oft eintönig und warten mit stellenweise groben Texturen und viel Leere auf. Hier hätte man sich etwas mehr Liebe zum Detail gewünscht, um die packenden Kämpfe auch optisch noch mitreißender zu gestalten. Insgesamt ist es dennoch ein sehr schönes Spiel und vor allem für Switch-Verhältnisse eine äußerst gelungene Umsetzung. Das Team hat hier ganze Arbeit geleistet und technisch optimiert, was das Zeug hält. Für den Handheld-Modus hätte die Schrift aber durchaus etwas größer sein dürfen, denn hier ist die Lesbarkeit schon teilweise grenzwertig.
Ein kleiner Wermutstropfen sind die langen Ladezeiten zwischen den verschiedenen Bildschirmen, insbesondere beim Wechsel von der Lobby in den Modellbau und zurück. Das kann manchmal etwas nervig sein, aber immerhin läuft das Spiel abseits davon die meiste Zeit schön flüssig. Performance-Einbrüche treten nur in seltenen Fällen auf. Meistens dann, wenn wir im Modellbau Teile austauschen oder etwas aufwendigere Lackierungen auftragen. Da man hier allerdings keine actiongeladenen Spielsequenzen vor sich hat, sondern eben einen Editor, bei dem es nicht primär um das Tempo geht, stören diese seltenen Ruckler nicht wirklich.
Der Soundtrack untermalt das Geschehen solide, ohne dabei herauszuragen. Die stereotypen Anime-Melodien passen gut zum Geschehen auf dem Bildschirm, aber so richtig ins Gedächtnis brennt sich hier nichts ein. Bei den Soundeffekten hätten wir uns allerdings ein wenig mehr Wucht gewünscht. Gerade bei den Kämpfen fühlt es sich manchmal so an, als würden die riesigen Maschinen und die durschlagenden Waffen eher schnurren als donnern. Das Spiel hat übrigens eine Sprachausgabe. Allerdings müssen wir uns hier mit Englisch (oder Japanisch) begnügen. Dafür haben hier sowohl die englischen wie auch die japanischen Sprecher ordentliche Arbeit geleistet. Deutsche Bildschirmtexte sind aber vorhanden.
Das Herzstück von Gundam Breaker 4 ist zweifelsohne der Modellbau. Hier schlummert die wahre Suchtgefahr, denn es gibt immer neue Teile zu finden, hochzuleveln und zu kombinieren. Der Drang, seinen Gunpla zu perfektionieren, motiviert ungemein und hält das Spiel frisch. Die Kämpfe bieten zwar keine revolutionäre Abwechslung, machen aber in Kombination mit dem ständigen Optimieren des eigenen Mechas ordentlich Spaß und entfachen in uns einen klassischen Loot- und Leveleifer. Das Spiel bietet somit sehr viel Umfang, wenn man mit dem Gameplay und vor allem mit dem Modellbau etwas anfangen kann. Auch gibt es zusätzlich noch DLCs mit besonderen Bausets, die erworben werden können. Diese standen uns beim Testen allerdings nicht zur Verfügung.
Wer Freude daran hat, seine Kreationen in den Diorama-Modus zu packen und online mit anderen zu teilen, wird hier sicher ebenfalls viele Stunden verbringen. Die Möglichkeit, die Kreationen anderer Spieler zu bewerten, sorgt zudem für eine gewisse soziale Interaktion, die den Online-Aspekt des Spiels gelungen abrundet. Es ist immer wieder erstaunlich, welche unfassbar kreativen Gunplas hier die Spieler aus aller Welt kreieren.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit