Test zu Core Keeper - Nintendo Switch
Die Sandbox-Offenbarung aus dem Untergrund?
Manche Spiele entführen in eine offene Welt und lassen uns darin ohne große Umschweife freie Hand bei der Erkundung und Gestaltung. Sandbox-Games wie „Minecraft“, „Terraria“ oder auch „Stardew Valley“ haben sich auf diese Weise tief in die Gamer-Herzen gegraben. Ohne Druck, ohne festgelegten Pfad und in der Regel mit kaum Story und nur kleinen Tutorials. Die Spieler dürfen selbst entscheiden, entdecken und herausfinden. Man könnte es als eine der reinsten Formen des Gamings bezeichnen, denn hier steht das Gameplay absolut im Fokus und die Freiheit der Spielenden wird so wenig wie möglich eingeschränkt. Dabei können solche Spiele alles Mögliche sein – von ruhigen Bauernhofsimulationen mit selbst angebautem Gemüse und Tierpflege bis hin zu epischen Abenteuern, bei denen wir uns im Schweiße des Angesichts durch den Untergrund graben und die tiefsten Geheimnisse der Welt lüften oder mancherlei Schätze entdecken. Ein solches Spiel ist Core Keeper ‒ der Titel ist zwar schon lange im Early Access erhältlich, hat aber kürzlich mit der Version 1.0 auch physisch das Licht der Welt erblickt. Somit kommen nun auch Konsolenspieler in den Genuss der Untergrundwelt. Ob die Umsetzung auf der Nintendo Switch pures Gold ist oder ob wir hier auf Granit stoßen lest ihr in unserem Test.
In einer sehr schönen Anfangssequenz erfahren wir, dass unser Charakter als Teil einer Forschergruppe während einer Expedition in einem mysteriösen Wald auf ein seltsames Relikt trifft: Ein leuchtender Stein. Die Impulskontrolle unseres Abenteurers scheint nicht sehr stark zu sein, denn nach kurzem Staunen wird er direkt berührt. Wir finden uns daraufhin im Untergrund neben einem großen eiförmigen Kern wieder und dürfen direkt loslegen. Uns schwant, dass wir ab jetzt der titelgebende Core Keeper sind. Ab hier wird die Story nur noch sehr indirekt erzählt, indem wir während des Erkundens alle möglichen Details wahrnehmen und im Inventar kurze Erklärungstexte zu gefundenen Gegenständen lesen.
Bevor das Spiel so richtig beginnt, dürfen wir uns einen simplen Charakter erstellen und die Welt benennen. Danach gibt es allerdings zunächst eine sehr lange Ladezeit. Nachdem sie überwunden ist, gilt es nun Licht in die Höhlenwelt zu bringen ‒ sowohl wörtlich als auch metaphorisch. Gewöhnliche Fackeln sind hierbei unsere wichtigsten Begleiter, denn anderes Licht kommt in der Untergrundwelt kaum vor. Einzig der mysteriöse Kern, an dem wir starten, gibt ein schimmerndes Leuchten ab. Neben den Fackeln darf auch eine Spitzhacke natürlich nicht fehlen, denn mit ihr können wir uns durch die Wände hacken. Später finden oder craften wir natürlich bessere Werkzeuge: Beispielsweise Hacken aus härterem Material, Bohrer und auch Hämmer.
Im Inventar können wir Materialien sehen, unseren Charakter einkleiden oder auch Fähigkeitspunkte zuteilen
© 2024 Pugstorm
Apropos Craften: Das Herstellen neuer Gegenstände mittels eingesammelter Materialien bestimmt einen großen Teil des Gameplays. Wir stellen im Laufe des Spiels immer raffiniertere Gegenstände her: Bauteile, Kleidungsstücke, Einrichtungsgegenstände, Instrumente (Ja, wirklich!) oder auch Dekorationsobjekte. Mit Hilfe einiger dieser Dinge lässt sich die Höhlenwelt effektiver erkunden und wir finden sogar neue Wege zu bislang unerreichbaren Gebieten. Unsere Basis bauen wir rund um den leuchtenden Kern auf und sie wird mit der Zeit immer schöner und raffinierter ‒ Je nachdem wie viel Arbeit wir in unser Lager investieren. Die Möglichkeiten sind jedenfalls zahlreich. Das Crafting-System funktioniert wie in anderen Vertretern des Genres: Auf verschiedenen Werkbänken werden zwei oder mehr Gegenstände miteinander kombiniert und so wird etwas Neues erschaffen.
Die jeweiligen Mengen der erforderlichen Ressourcen sind sehr gut ausgewogen und weil Materialien nur selten fehlen, entsteht kaum Frust. Im Gegenteil: In die Balance zwischen Erzen, Steinen und sonstigen Gütern wurde anscheinend sehr viel Arbeit gesteckt, so dass unsere Motivation mehr Rohstoffe zu sammeln ständig angefeuert wird. Hier gibt es weder großen Überfluss noch absolute Knappheit. Nur ein einziges in anderen Vertretern des Genres etabliertes Komfort-Feature im Rahmen des sogenannten Lootens haben wir vermisst: Die Mini-Übersicht über soeben gesammelte Gegenstände. Weil es häufig vorkommt, dass wir sehr viele Sachen gleichzeitig aufsammeln, fehlt hier leider ein gewisser Überblick. Es wäre angenehmer, nicht ständig und zudem umständlich ins Inventar wechseln zu müssen, um zu sehen, was unser Charakter bereits eingesackt hat. Immerhin werden wir per Einblendungen auf neu entdeckte Gegenstände hingewiesen.
Während jeder Aktivität leveln wir unseren Charakter im jeweils betroffenen Bereich auf. Sei es Bergbau, Laufen, Nahkampf, Fernkampf, Vitalität, Fertigung, Gärtnern, Kochen, Magie oder Beschwörung. Die Levelaufstiege haben selbstverständlich gewisse positive Effekte auf das Gameplay. So verbraucht unser Charakter beispielsweise weniger Nahrung beim Laufen. Es gibt sogar wählbare Eigenschaften und wir müssen uns im Falle eines Upgrades für eine entscheiden. Zum Beispiel im Bereich Bergbau können wir hier unter anderem die Haltbarkeit der Werkzeuge oder die Chance auf den Erhalt eines zusätzlichen Rohstoffes erhöhen.
Wir dürfen sogar diverse Instrumente herstellen und nach Noten oder Freihand bespielen
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Auch gibt es im Verlauf des Spiels die Möglichkeit Eier auszubrüten, wenn wir eine Brutmaschine bauen und diese mit Strom versorgen. Das geschlüpfte Tier folgt uns auf Schritt und Tritt, kann ebenfalls im Level aufsteigen und bringt uns weitere Perks. Das Levelsystem von Core Keeper klingt kompliziert, ist aber tatsächlich sehr leicht zu verstehen. Man muss nichts weiter tun, außer einfach normal zu spielen und so Erfahrungspunkte zu erhalten. Dann gilt es nur noch sie optimal einzusetzen. Dies hat einen sehr motivierenden Effekt und macht sich auch tatsächlich schnell bemerkbar, so dass nach einiger Spielzeit viele Tätigkeiten deutlich effizienter vonstattengehen und unser tapsiger Grünschnabel zum wahren Bergbau-Berserker mutiert.
Im Spielverlauf treffen wir selbstverständlich auch auf Feinde, die uns gegenüber durch die Bank aggressiv reagieren. Wehrlos sind wir aber glücklicherweise nicht: Bereits sehr früh lassen sich verschiedene Nah- und Fernkampfwaffen finden oder herstellen. Die Haltbarkeit der Waffen ist hierbei noch in Ordnung und wir können diese auch recht flink wieder reparieren. Das Zielen mit den Fernkampfwaffen gestaltet sich allerdings als schwierig. Es ist schwer zu sagen, woran es konkret liegt, aber zum Beispiel beim Zielen mit dem rechten Stick verhält sich das Fadenkreuz nicht immer wie gewünscht. Zudem sind die Nahkämpfe manchmal ein bisschen fummelig. Beides ist aber vertretbar und macht trotzdem durchaus Spaß. Ob das angriffslustige Verhalten der Gegner nun aber wegen des Neids auf unser kostbares Inventar oder einfach nur an unserer Nase liegt, wird wohl auf Ewig ein Geheimnis bleiben.
Apropos Geheimnisse: Die Spielwelt ist wirklich voll davon. Es macht absolut Laune sich durch neu entdeckte Umgebungen und verschiedene Biome zu graben ‒ es gibt immer wieder neue Überraschungen und mit mehr Spielerfahrung lassen sich allerlei rätselhafte Dinge aufklären. So gibt es beispielsweise verschlossene Portale, auf denen Noten abgebildet sind. Diese können wir mit dem Spielen der Melodie auf einem mitgebrachten Instrument unserer Wahl öffnen. Auch gibt viele kleine Räume, in denen wir plündern können. Außerdem Schnellreiseportale, kleine und große Bosse und noch vieles mehr. Wir wollen an dieser Stelle aber nicht zu viel verraten, denn ein großer Teil der Motivation in Core Keeper ist das selbstständige Auskundschaften der atmosphärischen Spielwelt. Es sei lediglich gesagt: Die riesige Unterwelt bietet außerordentlich viel und das Spiel wird auch auf lange Sicht kaum langweilig.
Für unsere Basis gibt es sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten – sowohl optisch als auch funktional
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Wie schon erwähnt, stellen wir auf unserem Weg und beim Graben ständig neue Fackeln auf, denn in einer Höhle ist es nun mal dunkel. Dafür gibt es einen praktischen Shortcut, der allerdings leider auch manchmal unpraktisch zugleich ist: Es handelt sich um das Drücken des linken Sticks. Diesen benötigen wir aber in der Regel zum Laufen. So können zwar während des Laufens Fackeln platziert werden, aber das gleichzeitige Bewegen und Drücken des Analog-Sticks ist oft nicht ideal. Das Bewegen der Spielfigur bei gleichzeitigem Setzen der Fackeln ist regelmäßig unpräzise.
Dies ist im Übrigen der einzige echte Shortcut. Ein paar mehr hätten es schon sein dürfen, denn es sind nicht immer alle Tasten belegt und das Scrollen zum Auswählen von Gegenständen kostet Zeit und kann manchmal auch nerven. Aber die Umständlichkeit hält sich hier zum Glück noch in Grenzen. Definitiv leichter ist das Platzieren von Gegenständen, wenn man das Spiel mit einem PC und einer Maus spielt. Weil uns die Switch-Version von Core Keeper keine Touch-Steuerung bietet, bleibt nur der Controller. Die Auswahl der quadratischen Bodenfelder ist hier leider etwas hakelig geraten. Dramatisch ist dies zum Glück nicht, aber dennoch hat man hier als Konsolenspieler einen gewissen Nachteil, der auch Nerven kosten kann, denn Objekte zu platzieren ist ein elementarer Bestandteil des Genres. Schade, dass dies mehr störrisch als intuitiv geschieht.
Am Anfang des Spiels fällt leider negativ auf, dass alle Eingaben einen leichten Input-Lag haben. Ist dies in den ersten Minuten noch sehr störend, gewöhnt man sich glücklicherweise sehr schnell daran und schon bald ist es kaum noch wahrnehmbar. Die Framerates waren während unseres Tests sowohl im Handheld- als auch im TV-Modus fast durchgehend stabil. Es fielen aber ab und zu kleinere Bugs auf: Türen schlossen und öffneten sich ohne unser Zutun oder Minenwägen waren nicht mehr anwählbar, weil sie in die von uns verlegten Gleise hineinglitchten. Dies kam zum Glück selten vor und abgestürzt ist das Spiel nicht ein einziges Mal.
Im Falle sehr vieler platzierter Objekte wird die Framerate manchmal dennoch ein kleines bisschen niedriger. Dies ist aber nicht wirklich tragisch, weil es keine gravierenden Einbrüche sind und sie den meisten Spielern wahrscheinlich nicht auffallen. Die Portierung für die Nintendo Switch ist demnach sehr solide ‒ nur ein paar Kleinigkeiten hätten Feinschliff benötigt. Die lange Ladezeit beim Starten des Spiels kann durchaus als störend empfunden werden, ist aber eigentlich zu verkraften. Während des Spielens sind die Ladezeiten nicht mehr übermäßig lang und zudem sehr selten.
Die meisten Bosse würden wahrscheinlich keine Misswahl gewinnen, aber im Kräftemessen sind sie nicht von schlechten Eltern
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Der Look und die Perspektive des Spiels sind am besten mit „Stardew Valley“ zu vergleichen, denn hier ist es eine sehr ähnliche Pixelgrafik im 16 Bit-Stil, die direkt aus einem Spiel der Super Nintendo-Ära entsprungen sein könnte. Es gibt kaum etwas zu bemängeln: Die Zelda-ähnliche Vogelperspektive funktioniert in Core Keeper wunderbar und es gibt keine Probleme wegen eingeschränkter Sicht oder Ähnlichem. Der Grafikstil ist auf jeden Fall nach wie vor zeitlos und wird zurecht sehr häufig in Indie-Games genutzt. Auch Core Keeper macht hier alles richtig.
Die Soundgestaltung kann sich wirklich hören lassen: In manchen Bereichen ist die Musik angenehm orchestral gestaltet und verleiht Höhlen eine fast epische Fantasy-Atmosphäre. In anderen Biomen haben uns karibisch anmutende Klänge an den Soundtrack von „Monkey Island“ erinnert. Je nach Bereich wechseln die Melodien und die Tracks fügen sich wunderbar in die jeweiligen Umgebungen ein, sodass wir uns mal in mystische und mit Pilzen bewachsene Grotten und dann wieder in dunkle, mineralreiche Gänge versetzt fühlen. Allerdings zeigt sich nach einiger Zeit eine kleine Schwäche: Die jeweiligen Musikstücke wiederholen sich und können bei längeren Erkundungstouren etwas eintönig wirken.
Das Erkunden der vielseitigen Biome ist höchst motivierend. Auch nach sehr langer Spielzeit stoßen wir auf Überraschungen
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Die Soundeffekte und Umgebungsgeräusche sind unaufdringlich und passen gut ins Gesamtbild – ob wir nun mit der Spitzhacke Felsen beseitigen oder dem Plätschern eines unterirdischen Sees lauschen: Der Sound schafft es die Unterwelt atmosphärisch zu untermalen ohne jemals störend zu wirken. Auch die Lautstärkeunterschiede fallen nie störend auf. Falls es dennoch jemanden belästigen sollte: In den Optionen können sowohl die Lautstärke der Musik als auch der Soundeffekte separat geregelt werden. Dies ermöglicht auch das Hören eigener Musik aus externen Quellen.
Core Keeper überzeugt in Sachen Langzeitmotivation mit einem facettenreichen Spielsystem, das uns kontinuierlich vor neue Herausforderungen stellt. Dank immer neuer Crafting-Optionen können wir stetig kreativ sein und unsere Basis sowie Ausrüstung verbessern ‒ was besonders in der riesigen und zufallsgenerierten Welt ein echter Vorteil ist. Je tiefer wir graben, desto fester werden allerdings auch die Wände und stärker die Gegner – so bleibt das Spiel spannend und belohnt risikofreudige Entdecker. Für zusätzliche Abwechslung sorgt der Online-Multiplayer. Er ermöglicht es, gemeinsam mit Freunden in die Tiefe zu steigen und sich den Gefahren der Unterwelt zu stellen. Ein Couch-Koop-Modus fehlt leider, was für manche vielleicht eine kleine Enttäuschung ist. Core Keeper bietet aber auch im Einzelspielermodus reichlich Abenteuer und hält Spieler langfristig bei der Schaufel. Mit einer gewissen Affinität zum Genre wird das Spiel sicherlich nicht so bald aus der Hand gelegt.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit