Test zu Baphomets Fluch - Die Verschwörung der Tempelritter: Reforged - Nintendo Switch
Kann das Remaster den Klassiker zurück auf den Adventure-Thron bringen?
Der Name Baphomets Fluch sollte vielen ein Begriff sein. Ursprünglich wurde das Kultspiel 1996 veröffentlicht. Das Abenteuer von George Stobbart – dem smarten US-Touristen mit dem Näschen für Verschwörungen – hat sich damals schnell zu einem echten Klassiker der Adventure-Spiele gemausert. Schon zur Erstveröffentlichung sorgte das Spiel für staunende Gesichter mit seinen faszinierenden Animationen, der filmreifen Inszenierung und einer Geschichte, die es in sich hatte. 2009 gab es dann den „Director's Cut“, der das Original um ein paar neue Inhalte erweiterte, aber die Fanbase durchaus spaltete. Apropos „Director’s Cut“: Die Grundlage für die Entwicklung dieser Version war seltsamerweise die Game Boy Advance-Version. Nun ist mit der „Reforged Edition“ jedoch ein Remaster erschienen, das auf der ursprünglichen Vision aus den 90ern basiert – und uns mit heutigen Mitteln noch einmal zeigen soll, warum dieses Spiel für Manche sogar als bestes Point & Click-Abenteuer aller Zeiten gilt. Ob die Neuauflage auf der Switch tatsächlich überzeugen kann, erfahrt ihr in unserem Test.
Die Geschichte beginnt explosiv – buchstäblich! Während der amerikanische Tourist George Stobbart entspannt in einem Pariser Café sitzt und seinen Aufenthalt genießt, wird seine Ruhe plötzlich durch einen Clown gestört, der das Café betritt. Kurz darauf gibt es eine heftige Explosion, die für viele Spieler damals unerwartet kam, mittlerweile aber weitläufig bekannt sein sollte. Es handelt sich immerhin noch um die Intro-Sequenz! Die Polizei zeigt sich wenig hilfreich, also nimmt George die Sache selbst in die Hand. Dabei trifft er auf die französische Journalistin Nicole Collard, die ihm mit ihrer eigenen Art und Weise etwas unter die Arme greift. Ein wenig Romantik liegt natürlich in der Luft, aber im Vordergrund steht eine packende Verfolgungsjagd, die unsere Helden in eine mysteriöse Verschwörung führt.
Es gibt wenige Spiele aus den 90er-Jahren, deren Story wirklich gut gealtert ist. Baphomets Fluch ist eines davon, denn die Geschichte von Dave Cummins war sogar damals schon ziemlich progressiv geschrieben. So gibt es nur ganz wenige Dinge, die hier angepasst werden mussten, weil sie nicht mehr zeitgemäß waren. Die Dialoge von Baphomets Fluch sind immer noch herrlich charmant und oft mit einer Prise Humor gewürzt, wie es für das Genre typisch ist. Ebenso wirken auch viele Charaktere immer noch glaubhaft. So merkt man sogar fast 30 Jahre später wie gut das Spiel damals schon geschrieben wurde.
Der neue Prolog und auch sonstige Inhalte aus dem „Director's Cut“ fehlen hier, aber ehrlich gesagt war der ikonische Anfang der Originalfassung ohnehin deutlich besser, denn durch den großen Knall im Café blieb das Spiel sicherlich für Viele immer im Gedächtnis und gab der Geschichte wortwörtlich schon in den ersten Sekunden eine einzigartige Spannung – trotz der sonst eher gemächlichen Art des Spiels, die Handlung zu erzählen. Dafür gibt es ein paar nette kleine Extras: Einige ursprünglich geplante, aber nie verwendete Dialoge finden jetzt endlich ihren Platz im Spiel. Und auch Inhalte, die der „Director’s Cut“ gestrichen hatte sind nun wieder da. Alles in allem kann man nur sagen: Die Geschichte ist nach wie vor spannend und kann ohne Zweifel auch komplette Neulinge in ihren Bann ziehen.
Die Reforged Edition bleibt auch spielerisch den Wurzeln des Point & Click-Genres treu und bietet die klassische Mischung aus Rätseln und Gesprächen, die man in diesem Genre erwarten würde. Wir führen in der Rolle des George Stobbart viele Gespräche mit unterschiedlichsten Charakteren, sammeln und kombinieren Gegenstände und lösen somit ein Rätsel nach dem anderen. Wir wählen Dialogoptionen über Symbole und Bilder aus, was das ganze Geschehen noch etwas immersiver macht. Bevor wie ein Symbol anklicken wissen wir also gar nicht genau, was unser Protagonist nun von sich geben wird. Wahrscheinlich ist dies ein weiterer Aspekt, der die Gespräche des Spiels interessant macht.
Ein typischer kleiner Kritikpunkt von Adventure-Games ist allerdings auch in der Reforged Edition noch vorhanden: Das manchmal etwas zu lange erzwungene Zusehen beim Laufen unseres Protagonisten. Für ungeduldige Gemüter, die zudem mit George Stobbart viel zwischen den Schauplätzen hin- und herwandern, könnte dies eine Belastungsprobe werden. Zwar gibt es eine Einstellung in den Optionen, mit der das Spiel unnötige, repetitive Animationen automatisch überspringt. Seltsamerweise werden hier allerdings trotzdem häufig Laufanimationen an den Bildschirmrand nicht übersprungen, obwohl wir dies explizit aktiviert hatten.
Die Steuerung auf der Switch ist übrigens viel besser als erwartet. Da klassische Point & Click-Spiele in der Regel mit einem Mauszeiger gespielt werden, waren wir gespannt, wie die Steuerung an einem Gamepad umgesetzt wird. Es gibt tatsächlich wieder einen Zeiger – diesen steuern wir allerdings mit dem Analogstick statt mit einer Maus, und dank sanfter Vibration sowie einer Funktion, bei der der Cursor langsamer wird, sobald er relevante Punkte erreicht, funktioniert dies erstaunlich gut. Der Touchscreen ist im Handheld-Modus übrigens ebenfalls verfügbar, wenn auch etwas weniger präzise – auf dem Bildschirm der Switch sind kleine Objekte nämlich etwas schwer zu treffen.
Das klassische Pixel-Hunting, was man aus früheren Adventure-Spielen kennt, wurde deutlich entschärft, aber leider gibt es keine Anzeige aller Interaktionsmöglichkeiten, wie man sie aus modernen Adventures kennt. Stattdessen werden uns nur Punkte angezeigt, die sich in der Nähe um unseren Cursor herum befinden. Der Frust hält sich hierbei aber glücklicherweise in Grenzen, da Baphomets Fluch ohnehin nicht gerade für extremes Pixel-Hunting bekannt ist. Für Einsteiger gibt es einen „Story-Modus“ mit dezenten und anpassbaren Hinweisen, die das Spiel noch einmal eine ganze Ecke zugänglicher machen. Hier wird uns auf dem Bildschirm die Stelle markiert, auf die wir klicken sollten, um in der jetzigen Situation weiterzukommen – seien es Dialogoptionen, Gegenstände aus dem Inventar oder Bereiche auf dem aktuellen Screen.
Bei Remastern von Klassikern stellt sich natürlich als eine der ersten Fragen, wie umfangreich die grafische Überarbeitung ausfällt. Die generalüberholte Grafik ist bei der Reforged Editionen ein wahrer Genuss für die Augen. Die detailreichen Umgebungen und eine Vielzahl verbesserter Hintergründe fangen den Charme des Originals perfekt ein. Der Geist der 90er lebt in dieser Version fort und wurde behutsam modernisiert. So kommt es uns beim Spielen sogar so vor, als wäre die Grafik nie anders gewesen. Ein Klick auf den rechten Stick belehrt unser Gedächtnis aber eines Besseren: Hier können wir nämlich jederzeit zur alten Grafik schalten und merken sofort, dass die Unterschiede gravierend sind. Einige Animationen wirken zwar immer noch ein wenig hölzern, aber das ist fast schon ein nostalgisches Feature, das zum Charme beiträgt.
Was den Sound betrifft, glänzt das Spiel mit einer Klangqualität, die für damalige Verhältnisse außergewöhnlich war und auch heute noch dank der digitalen Restaurierung gut mithalten kann. Die originale Sprachausgabe wurde sorgfältig überarbeitet und klingt zwar nicht ganz wie eine moderne Produktion, aber durchaus hochwertig. Die originalen Aufnahmen haben natürlich den Vorteil, dass die gewohnten Stimmen noch genauso vorhanden sind und man nicht neue Sprecher einsprechen lassen musste. Die deutsche Lokalisation des britischen Spiels war im Original bereits ungewohnt hochwertig, so dass sie auch heute noch für deutsche Ohren gut funktioniert. Im Menü können wir neben der deutschen Fassung übrigens noch zur englischen, französischen, spanischen oder italienischen Audiospur schalten. Des Weiteren gibt es für alle Sprachen auch Untertitel, deren Darstellung wir ziemlich detailliert einstellen können.
Die einzige technische Schwäche des Spiels, die uns aufgefallen ist: Gelegentlich tritt ein kleiner Fehler beim Wechsel vom Docked- in den Handheld-Modus auf, bei dem die Auflösung nicht korrekt angepasst wird, so dass wir nicht mehr den ganzen Bildschirm sehen können, weil ein Teil abgeschnitten ist. Ein kurzer Neustart behebt das jedoch glücklicherweise. Das Spiel speichert ständig automatisch und manuelles Speichern ist auch jederzeit möglich, von daher ist das kein großes Problem. Ansonsten läuft das Spiel zu jeder Zeit absolut flüssig und lässt die cineastische Inszenierung des Originals wunderbar aufleben. Auch ist die Auflösung – vor allem im Dock – hoch genug, um die schönen Details bestaunen zu können. Das ganze Remaster wirkt somit wirklich hochwertig und ist auch auf der Nintendo Switch höchst gelungen umgesetzt.
Hierbei bleibt die Reforged Edition dem Original atmosphärisch zu jeder Zeit treu und verstärkt dessen ursprünglichen Charme sogar häufig noch. Durch die verbesserten Hintergründe, den tollen Sound und die dezenten Anpassungen bei der Steuerung zeigt sich „Baphomets Fluch - Die Verschwörung der Tempelritter: Reforged Edition“ in bestem Licht. Die zusätzlichen Inhalte und Funktionen werten das Spiel ebenfalls auf, ohne die Nostalgie zu verwässern. Man merkt, dass die Entwickler hier wirklich viel Herzblut investiert haben und ihnen beim Remaster das Einfangen der legendären Atmosphäre aus dem Klassiker sehr wichtig war.
Unser Fazit
9
Geniales Spiel