Test zu Tales of Graces f Remastered - Nintendo Switch
Eine Geschichte über Freundschaft, Verrat und der Kraft, über sich selbst hinauszuwachsen
Während meine Erfahrungen mit JRPGs lange Zeit auf Pokémon und Xenoblade beschränkt waren, durfte ich dank der Nintendo Switch endlich auch Final Fantasy, Dragon Quest und Ys erleben. Eine andere bekannte Serie fehlte mir jedoch bislang im Portfolio: Tales of Graces. Im Rahmen dieses Tests durfte ich nun Tales of Graces f Remastered kennenlernen. Eigentlich war es mein Plan, zunächst Tales of Symphonia auszuprobieren ‒ das anscheinend beste Spiel der beliebten Reihe von Namco. Dessen Remaster wurde jedoch nicht von allen Spielern gut angenommen. Wie stellt sich dagegen Graces f dar? Das finden wir in diesem Test heraus.
Die Geschichte des Rollenspiels beginnt sieben Jahre vor dem Hauptabenteuer. Asbel Lhant und sein jüngerer Bruder Hubert sind auf dem Weg zu einer wunderschönen Blumenwiese an einer Klippe mit sagenhaftem Ausblick. Dort liegt ein mysteriöses Mädchen im Gras, das sich an nichts erinnern kann und die beiden Jungs nehmen sie mit zu sich nach Hause, welches sich in der Stadt Lhant befindet. Wie ihr an den Namen der beiden Rabauken erkennen könnt, sind sie eine ganz große Nummer ‒ genauer gesagt sind sie Söhne des Fürsten. Weitere wichtige Charaktere sind Cheria, die Tochter des Butlers und Prinz Richard, Thronerbe des Königreichs Windsor. Zusammen erleben sie einige kleinere Abenteuer – bis es zu einem fatalen Ereignis kommt, das Asbel dazu bringt, seine Heimat zu verlassen und ein Ritter zu werden.
Sieben Jahre später: Asbel ist mittlerweile ein Ritter und gemeinsam mit Hauptmann Malik unterwegs in seiner ersten Mission. Sie treffen auf ein merkwürdiges Monster, das in Asbel eine mysteriöse Kraft erweckt. Ab diesem Zeitpunkt geht es nur noch bergab: Revolution, Verrat, Verluste. All dies lässt den jungen Helden an seinen Grundfesten zweifeln. Mit Verbündeten an seiner Seite versucht er nun, alles wieder ins Lot zu bringen, seinen Freund zu retten und den Frieden wiederherzustellen. Die Story wird auf drei Weisen erzählt: Neben regulären Zwischensequenzen finden hin und wieder optionale Gespräche an den Speicherpunkten oder anderen besonderen Orten statt, die ihr euch anhören könnt. Besonders epische Momente erhielten vollwertige Anime-Sequenzen. Ihr dürft entweder eine englische oder eine japanische Sprachausgabe wählen.
Tales of Graces f Remastered ist ein klassisches RPG der späten 2000er: Ihr erkundet linear gestaltete Routen und Städte, trefft auf Menschen, bekämpft Monster und erkundet Dungeons. Das ursprüngliche Tales of Graces erschien 2009 ‒ ein Jahr vor Xenoblade Chronicles, welches dafür sorgte, dass viele JRPGs seitdem auf offene Welten setzen. Der Planet, auf dem Asbel lebt, hat drei Kontinente: Das Königreich Windor mit grünen Ebenen und einem angenehmen Klima, in der Wüste das demokratisch regierte Strahta und die Diktatur Fendel, deren Lebensbedingungen aufgrund der eisigen Temperaturen zu wünschen übrig lässt. All diese Kontinente werden von euch besucht und ausgiebig erkundet, während euch das übergeordnete Böse immer einen Schritt voraus ist.
Neben der Hauptgeschichte gibt es eine Vielzahl an Sidequests und sie kommen in unterschiedlichen Varianten daher. Einen Großteil findet ihr in Herbergen und ihr müsst in ihnen Items finden oder Monster bekämpfen. Anschließend erhaltet ihr Belohnungen in Form von Geld oder anderen wertvollen Dingen. In der Oberwelt finden sich ab und an Sterne, die kleine Events wie zum Beispiel kurze Story Sequenzen auslösen. Darunter auch manche, die durchaus etwas länger und komplexer sind als üblich. Hin und wieder werden zeitlich begrenzte Missionen angeboten und ja, das bedeutet, dass ihr Sidequests verpassen könnt! Ohne einen Guide dürfte es schwierig werden, die 100 % in Tales of Graces f Remastered zu erreichen.
Wie bereits erwähnt wird in dem Rollenspiel selbstverständlich auch gekämpft. In der Oberwelt tauchen Monster auf und die Kämpfe werden initiiert, wenn ihr sie berührt. In einem separaten Kampfbildschirm dürft ihr dann gegen die Gegner antreten. Euer Team besteht aus bis zu vier Kämpfern. Das Ganze ist action basiert: Ihr rennt zu eurem Gegner und fügt ihm Schaden zu. Ich will ehrlich sein: Das Kampfsystem ist sehr komplex und selbst nach 30 Stunden erfuhr ich immer noch neue Details und daher halte ich mich hier etwas kürzer. Eure Charaktere können sogenannte Artes (im Englischen Arts) einsetzen. Es sind Techniken, die Schaden zufügen oder andere Effekte auslösen. Aufgeteilt ist das Ganze in A- und B-Artes, die sich mit den jeweiligen Knöpfen aktivieren lassen. Artes können in Kombos ausgeführt werden, um noch mehr Schaden auszuteilen. Ihr habt jedoch nur eine begrenzte Anzahl an Action-Punkten und jede Artes braucht eine gewisse Menge, um eingesetzt zu werden. Habt ihr nicht genug, könnt ihr manche Kombos nicht zu Ende bringen. Auch andere Mechaniken wie das Ausweichen benötigen Action-Punkte, die sich aber relativ zügig aufladen.
Neben physischen Angriffen ist Magie-Artes ein entscheidendes Element, um Kämpfe zu gewinnen. Diese können Schaden und Statuseffekte heilen oder Elementarschaden anrichten. Statt Magiepunkte anzuwenden müsst ihr einige Sekunden warten, bis der Zauberspruch ausgeführt wird. Setzt ihr ihn häufig in kurzer Zeit ein, beschleunigt sich das Ganze. Im Kampf dürft ihr jederzeit den Charakter wechseln, Taktiken der computergesteuerten Charaktere ändern oder Items konsumieren, die übrigens ihre jeweiligen Cooldownphasen haben und daher nicht in schneller Folge genutzt werden können. Durch das erfolgreiche Einsetzen von Angriffen oder dem Ausweichen füllt sich am linken Rand die Eleth-Leiste. Ist diese voll, dürft ihr Artes ohne Action-Punkte einsetzen. Sind hingegen eure Gegner erfolgreich, können sie in diesen besonderen Modus wechseln, der einige Sekunden aktiv bleibt.
Das ist nur eine kurze Zusammenfassung des Kampfsystems und es gibt noch dermaßen viele Mechaniken, dass ich sie hier im Rahmen des Testberichts nicht allesamt beschreiben kann. Zudem lassen sich die Kämpfe im Mehrspielermodus bestreiten, aber weil der Rest des Titels ein reines Solo-Abenteuer ist, dürfte es unwahrscheinlich sein, dass ihr dieses Feature jemals nutzt. Löst ihr bestimmte Sidequests oder erreicht besondere Ziele, werdet ihr mit Titeln belohnt. Zwar könnte man sie als eine Art Achievements verstehen, sie sind aber viel mehr als das. Aktiviert ihr einen Titel, kann dieser aufgelevelt werden. Neben passiven Effekten wie einem höheren Angriff könnt ihr so auch weitere Artes erlernen und in seltenen Fällen weitere Kostüme erhalten. Ein cleveres System, das euch belohnt, wenn ihr besonders gründlich seid.
Ein weiteres Feature ist der Mixer: Darin könnt ihr Items platzieren, die entweder dupliziert werden oder in Form von Gerichten passive Effekte in Kämpfen haben. Betrieben wird dieser Part mit Eleth, welches ihr beispielsweise in Shops wieder auffüllen könnt und von dem ihr mit der Zeit mehr und mehr tragen könnt. Auch das Dualisieren ist ein Bestandteil des Mixers: Items können fusioniert werden, um neue Gerichte zu kreieren oder die Ausrüstung zu verbessern. Mit all diesen Optionen bietet euch Tales of Graces f eine Vielzahl an Optionen, um euer ganz eigenes Abenteuer zu bestreiten.

Eine Wüstenstadt in Strahta. Ihr erkundet viele verschiedene Städte und trefft auf mehr oder weniger interessante Menschen
© Bandai Namco Entertainment
Startet ihr das Spiel zum ersten Mal, landet ihr direkt im Rangladen und darin dürft ihr viele Elemente eures Abenteuers selbst gestalten. Ihr wollt mehr Erfahrungspunkte? Kein Problem. Bezwungene Gegner sollen mehr Gegenstände hinterlassen? Kein Ding. Ein größerer Eleth-Mixer oder günstigere Dualisierungskosten? Alles möglich. Damit ist Tales of Graces f Remastered trotz seines komplexen Kampfsystems ein überraschend einsteigerfreundliches JRPG. Ihr müsst nicht alle Mechaniken beherrschen, um die Story abzuschließen. Es gibt sogar die Option, Kämpfe automatisch für euch bestreiten zu lassen. Ihr könnt euer Abenteuer aber auch schwieriger gestalten, indem ihr beispielsweise nur die Hälfte der Erfahrungspunkte erhaltet. Solche Optionen direkt zu Beginn des Spiels anzubieten, ist klasse und sollte von mehr Titeln unterstützt werden.
Technisch leistet sich Tales of Graces f Remastered keine größeren Makel. Das Spiel hat einen tollen Soundtrack, die Engine läuft flüssig und es sieht vor dem Hintergrund, dass es ursprünglich ein Spiel für die Wii und die PlayStation 3 ist, immer noch grafisch ansprechend aus. Die Schwächen basieren eher auf dem Design des Originals. So sind viele Gebiete nicht besonders interessant gestaltet und auch das Backtracking ist ein Problem. Zwar könnt ihr mit Hilfe passender Händler schnell zwischen den Gebieten der Kontinente hin- und herreisen, aber die generelle Schnellreise wird erst kurz vor dem Ende des Spiels freigeschaltet und ist lediglich im Bonus-Epilog nützlich. Der Titel hat außerdem einen merkwürdigen Bug: Wechselt ihr zurück ins Nintendo Switch-Hauptmenü, läuft das Spiel im Hintergrund weiter. Zwischensequenzen enden demnach trotzdem und Gegner können euch sogar angreifen. Ich bin überrascht, dass die Nintendo Switch es in einem Solo-Abenteuer zulässt und wenn ihr eine wirkliche Pause einlegen wollt, dann dürft ihr nicht vergessen, vorher die Plus-Taste zu drücken.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit