Test zu Ultros - Nintendo Switch
Psychedelische Reise in eine groteske Metroidvania-Welt
Das Metroidvania-Genre hat in den letzten Jahren so viele neue Einträge erhalten, dass es schwierig geworden ist, einen Überblick über die zahlreichen Spieleangebote zu behalten. Um aus der Masse herauszustechen, bedarf es daher einer Besonderheit, die den Titel über andere hebt und für eine breite Spielerschaft interessant macht. Das 2024 auf dem PC sowie PlayStation-Systemen und nun endlich auch auf der Nintendo Switch sowie Xbox Series X/S erschienene Ultros setzt dabei auf einen spannenden Genre-Mix: Neben Metroidvania-Elementen steht außerdem eine Roguelite-Zeitschleifen-Mechanik im Vordergrund. Da klingt es auf dem Papier doch sehr unpassend, dass ausgerechnet noch eine Gärtner-Mechanik Einzug in das Spiel gefunden hat. Wie sich der merkwürdige Genre-Mischmasch in einer skurrilen neonfarbenen Welt schlägt, erörtern wir im folgenden Test.

Freund oder Feind? Die Absichten der Bewohner des Sarkophags sind nicht immer sofort ersichtlich.
© Hadoque / Kepler Interactive
Ihr erwacht in Gestalt einer namenlosen Kriegerin an einem mysteriösen Ort, der Sarkophag genannt wird. Alles um euch herum wirkt fremd, wirre Formen in Neonfarben geben der Spielwelt ein außergewöhnlich schönes, aber gleichzeitig unbehagliches Ambiente. Manches wirkt organisch, andere Strukturen wiederum von einer unbekannten Rasse erbaut. Doch wo seid ihr hier überhaupt gelandet? Dies gilt es, im Verlauf des Spiels herauszufinden. Neben den einheimischen, ebenso skurrilen Kreaturen, die euch an den Kragen wollen, begegnet ihr auch dem ein oder anderen Mitbewohner im Sarkophag. Manche davon sind euch freundlich gesinnt und verraten euch beispielsweise mehr über die Spielwelt, andere hingegen stellen euer Können auf die Probe. Eine mysteriöse Figur im rosafarbenen Umhang hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein dämonisches Wesen namens Ultros zu erwecken. Und dies wird ihr auch gelingen, doch dazu später mehr ...
Kurz nach eurem Erwachen findet ihr eine Leiche mit einer Klinge, die euch von da an als einzige Verteidigung gegen die angriffslustige Fauna des Sarkophags dient. Mit dieser könnt ihr lediglich im Nahkampf auf eure Widersacher einstechen, was euch dazu zwingt, mit euren Gegnern auf Tuchfühlung zu gehen. Neben normalen Angriffen könnt ihr springen, um dann auch im Sprung anzugreifen, einen stärken Aufladeangriff ausführen oder gegnerischen Attacken ausweichen, um diese dann mit einem Konter zu bestrafen. Je nachdem, wie geschickt ihr euch im Kampf anstellt, indem ihr euch nicht treffen lasst und verschiedene Angriffe einsetzt, anstatt stupide den Angriffsknopf zu spammen, erhaltet ihr Körperteile eurer Feinde nach deren Ableben. Diese fleischigen Extremitäten könnt ihr verspeisen, um eure Gesundheit aufzufrischen und vier verschiedene Werte zu erhöhen. Diese Werte benötigt ihr, um Fähigkeiten freizuschalten, die eure Bewegungsfreiheit, Angriffsmöglichkeiten sowie andere Charakterwerte verbessern, oder passive Boni zu erhalten. Dies könnt ihr jedoch nur an bestimmten Stellen im Spiel tun, an denen ihr auch euren Spielfortschritt speichern könnt. Wie von anderen Metroidvania-Abenteuern gewohnt, erwartet euch natürlich auch der ein oder andere Bossgegner, der eure Fähigkeiten besonders auf die Probe stellt und für den ihr eure Fähigkeiten unbedingt verbessern solltet.

Das Design der Kreaturen kann auch einen gewissen Ekel herovrrufen. Darf ich vorstellen: Schlemmo, der Darm.
© Hadoque / Kepler Interactive
Der unscheinbar wirkende Charakter Gärtnari führt euch zudem schon früh im Spiel in die Möglichkeit, an bestimmten Stellen Samen pflanzen zu können, ein. Dies wirkt zunächst wie eine kleine Spielerei, entpuppt sich aber als überraschend tiefe Mechanik, die ihr zum Voranschreiten im Spiel unbedingt benötigt. Verschiedene Samen, die ihr in der Spielwelt finden könnt, wachsen zu den unterschiedlichsten Pflanzen heran, welche euch diverse Vorteile bringen. So könnt ihr beispielsweise einen Baum wachsen lassen, dessen Blätterkrone ihr dann als Plattform nutzen könnt, um höhere Orte zu erklimmen. Oder ihr nutzt einen Pflanzpunkt an einer Decke, um dort Gras einzupflanzen, das von oben herab als Ranken wächst, an denen ihr euch schwingen könnt. Auch seltsame Gewächse, wie eine Pflanze, die euch Wände hochlaufen lässt oder eine blutähnliche Flüssigkeit verspritzt, welche Plattformen an Ecken und Kanten entstehen lassen kann, könnt ihr anbauen. Sämtliche Pflanzen lassen außerdem Früchte wachsen, welche ihr genau wie Monsterteile verzehren könnt, um neue Fähigkeiten zu erlangen.
Nach nicht allzu langer Spielzeit erhaltet ihr zudem den Extraktor. Dieses Maschinenanhängsel ist vergleichbar mit größeren Fähigkeiten in anderen Metroidvanias, welche euch das Erschließen neuer Bereiche und Vorankommen in der Spielwelt ermöglichen. Die Fähigkeiten dienen hierbei jedoch auch größtenteils dem Gärtnern. Mit der Trimmer-Modifikation könnt ihr beispielsweise Pflanzen abschneiden, auch solche, die euch zuvor den Weg versperrt haben. Mit dem Schaufler könnt ihr den Extraktor in den Boden schicken, um Samen von Pflanzen auszugraben oder andere Dinge aus der Erde zu ziehen. Dadurch ist es euch also auch möglich, Pflanzen auszutauschen und deren Samen an anderer Stelle gedeihen zu lassen. Später könnt ihr sogar einzelne Teile von Pflanzen abtrennen und an anderen Pflanzen abringen. So könnt ihr etwa das Blätterdach, welches ihr als Plattform nutzen könnt, abschneiden und an einen höher wachsenden Baum anbringen oder mehrere davon am selben Baum – die Möglichkeiten sind hier sehr vielfältig.

Mit der Schaufler-Modifikation könnt ihr euren Extraktor in den Boden schicken, um dort nach Gegenständen zu suchen
© Hadoque / Kepler Interactive
Später im Spiel erreicht ihr außerdem einen versteckten Ort, an dem ihr das „Lebendige Netzwerk“ findet. Dieses könnt ihr ein Stück weit mit euch ziehen und an geeignete organische Knotenpunkte knüpfen, um zum Beispiel zuvor verschlossene Türen zu öffnen. Als Knotenpunkte dienen dabei die Pflanzen des Sarkophags, was dem Bepflanzen sämtlicher Räume eine noch größere Bedeutung zukommen lässt. Sät ihr passende Pflanzen und bahnt euch euren Weg durch die Spielwelt, könnt ihr so das lebendige Netzwerk einmal quer durch den Sarkophag ziehen, was eine ganz eigene Herausforderung für sich ist. Denn oftmals müsst ihr um die Ecke denken, wenn ihr das lebendige Netzwerk zu einem bestimmten Ort ziehen wollt, die Entfernung aber zu groß erscheint.
Die wohl wichtigste Mechanik des Spiels hängt aber mit dem namensgebenden Ultros zusammen. Wie zuvor schon geschildert, möchte eure rosa gekleidete Widersacherin mit dem Namen Qualia diesen Dämon wiedererwecken – und tut dies auch mehrfach. Der Weg durch die Spielwelt führt euch unweigerlich immer wieder in die zentrale Kammer, wo Ultros schlummert. Dort angekommen, wird der Dämon von Qualia erweckt, verschlingt den gesamten Sarkophag und das Spiel beginnt von Neuem. Ähnlich wie in einer Roguelite-Erfahrung wacht ihr also wieder ganz am Anfang auf und verliert dabei alles – von eurer Klinge über die Fähigkeiten, die ihr freigeschaltet habt, bis hin zum Extraktor mit dessen Modifikationen. Sämtliche Gegner werden wiederbelebt und auch die Charaktere, mit denen ihr zuvor interagiert habt, können sich an nichts mehr erinnern. Doch wie harmoniert diese Mechanik mit dem Metroidvania-Gameplay und dem Gärtner-System? Überraschend gut!

Das lebendige Netzwerk haftet sich an euch und kann mit organischen Dingen in der gesamten Spielwelt verknüpft werden
© Hadoque / Kepler Interactive
Zwar verliert ihr beim Start eines neuen Zyklus zunächst scheinbar alles, jedoch bleiben gewisse Dinge erhalten, allen voran die von euch gesäten Pflanzen. Diese gedeihen sogar weiter und werden im nächsten Zyklus noch größer als zuvor, wobei sie auch mehr Früchte produzieren. Somit könnt ihr die Pflanzen also einerseits nutzen, um zuvor unzugängliche Bereiche zu erschließen, andererseits aber auch deren Früchte, um schneller und mehr Fähigkeiten freizuschalten. In der Spielwelt verteilt sind außerdem besondere Gegenstände, die es euch erlauben, Fähigkeiten zu „speichern“, sodass sie auch in den folgenden Zyklen freigeschaltet sind und ihr nie wieder Nahrung in diese investieren müsst. Stattdessen könnt ihr diese auch an Gegner verfüttern, um diese zu zähmen, damit sie euch in Zukunft nicht mehr angreifen und sich stattdessen um den Boden kümmern, wodurch neue Stellen zum Einpflanzen von Samen entstehen. In jedem neuen Zyklus ist es also euer Ziel, Waffe sowie Extraktor zurückzuerlangen und die durch euer Handeln im vorherigen Zyklus entstandenen Veränderungen zu nutzen, um neue Bereiche des Sarkophags zu erkunden. Während die drei unterschiedlichen Gameplay-Elemente anfangs noch recht willkürlich zusammengewürfelt wirken, entsteht so ein erstaunlich gut funktionierendes und gleichzeitig einzigartiges Spielerlebnis.
Optisch macht die Spielwelt einiges her. Der leicht pixelige Grafikstil mit den knallbunten Neonfarben konnte mich von Anfang an in seinen Bann ziehen. Auch der Soundtrack passt toll zu der Spielwelt und verleiht ihr ein mysteriöses, manchmal beeindruckend schönes, manchmal aber auch unbehagliches Gefühl. Knackpunkt ist wie zuletzt bei vielen Nintendo Switch-Spielen leider die Technik. Während meiner Testzeit kam es des Öfteren vor, dass das Spiel beim Wechseln eines Raumes abstürzte. Je weiter ich im Spiel fortgeschritten war, desto öfter musste ich die Crashs über mich ergehen lassen. Da nicht jeder Schritt gespeichert wird, sondern jenseits der Speicherpunkte nur gelegentliche Checkpunkte gesetzt wurden, kann dadurch also jedes Mal ein gewisser Spielfortschritt verloren gehen. Einmal wurde der Absturz sogar durch einen extremen Einbruch der Framerate über mehrere Minuten angekündigt. Zudem habe ich einen Softlock entdeckt, als ich versuchte, eine bestimmte Tür im Spiel zu erreichen, ohne zu Beginn einer Schleife meine Waffe aufzunehmen, wodurch mir mehrere Stunden Fortschritt verloren gingen. Diese technischen Mängel sind äußerst frustrierend und schmälern die ansonsten unvergleichliche Spielerfahrung, die Ultros zu bieten hat, enorm. In diesem Zustand hat sich der Titel unsere „Spielehit“-Auszeichnung nicht verdient.
Unser Fazit

6
Überzeugend