Dhoulmagus bittet zum Tanz!
Dragon Quest VIII: Die Reise des verwunschenen Königs nimmt euch mit ins Königreich Trodain, welches kürzlich von einem bösartigen Hofnarren namens Dhoulmagus überfallen wurde. Dabei wurden der Regent in ein Krötenwesen, seine Tochter in ein Pferd und der restliche Hofstaat in Pflanzen verwandelt. Wie durch ein Wunder hat nur ein Charakter den Angriff unbeschadet überstanden: Ihr!
Anders als sein Vorgänger spielt Dragon Quest VIII nicht auf vielen verschiedenen Inseln, die alle eine kleine abgeschlossene Handlung erzählen, sondern startet sogleich mit seiner eigentlichen Geschichte. Zusammen mit König Trode, der verzauberten Prinzessin Medea und dem Gauner Yangus macht ihr euch auf die Reise, um Dhoulmagus zu besiegen und den Fluch, der über Königreich Trodain liegt, zu lüften. Doch solltet ihr euch beeilen, denn die Schneise der Zerstörung, die Dhoulmagus hinter sich herzieht, wird immer länger.
Der gradlinige Aufbau der Handlung von Dragon Quest VIII, die meistens nur aus "Gehe von A nach B und erledige C, um nach D zu gelangen" besteht, ist sowohl eine große Stärke als auch Schwäche des Titels. Erst einmal wirkt das Spiel vor allem zu Beginn dadurch wesentlich zugängiger als sein Vorgänger. Durch die recht vorhersehbaren Entscheidungen der Charaktere verfliegt diese frische Dynamik allerdings relativ schnell und die Handlung stützt sich vor allem auf die Interaktion der Charaktere und dessen Charme. Im späteren Verlauf nimmt die Geschichte allerdings wieder an Fahrt auf und kann mit einigen unvorhergesehenen Wendungen punkten. Dieses Format dürfte dem ein oder anderen vielleicht sauer aufstoßen, dürfte JRPG-Fans aber grundsätzlich nicht unbekannt sein. Hinzu kommt, dass die agierenden Figuren, die mal wieder aus der Feder von Toriyama Akira stammen, ein unheimliches Charisma besitzen und man sich immer wieder auf die nächste kleine gesprochene Sequenz freut, in denen sie mit ihrer Umwelt agieren.
Kleine gesprochene Sequenzen? Genau! Das Spiel hat für seine Dialoge teilweise eine englische Synchronisation bekommen. Während Trode, Yangus und Co. sich dabei auf Englisch unterhalten, dürft ihr die Dialoge in der Textbox auf Deutsch verfolgen, was bei manchen Charakteren durchaus hilfreich ist. Vor allem Yangus spricht in einem derartigen Slang, dass man da mit seinem "Schul- und Uni-Englisch" schwer durchkommt. Aber grade das hat einfach einen unheimlichen Charme, da es perfekt auf die Figur passt. Auch die deutsche Übersetzung tut in Dragon Quest VIII ihr Bestes und fällt nicht häufiger negativ oder unstimmig auf.
Wer die Dragon Quest-Reihe kennt, wird vermutlich bereits wissen, was ihn beim Gameplay erwartet. Mithilfe von eurem Hauptcharakter navigiert ihr euch durch die Städte, Dungeons und die Natur. Trefft ihr dabei auf ein Monster, wird ein Kampf ausgelöst, welcher in Runden ausgetragen wird. Wer den höchsten Flinkheitswert besitzt, darf dabei seine Aktion zuerst ausführen und so weiter. Für jeden Kampf gibt es genretypische Erfahrungspunkte, die euch ab einer bestimmten Anzahl ein Level-Up gewähren. Dann schaltet ihr automatisch neue Fähigkeiten und Statuswert-Verbesserungen frei und bekommt sogenannte Talentpunkte, mit denen ihr eure Charaktere noch ein bisschen individualisieren könnt. Das Talentpunkte System ist durchaus interessant, da man hiermit dem vorgefertigten Fähigkeitenbausatz seines Charakters nicht so hilflos ausgeliefert ist, wie noch in Dragon Quest VII. Schade ist allerdings, dass man das interessante Klassensystem aus dem Vorgänger nicht übernommen hat.
Während ihr der Handlung folgt und munter durch die Gegend streift, müsst ihr auch immer wieder Verliese und Höhlen betreten, in denen sich allerhand Monster tummeln. Hier wird das Frustpotenzial der etwas sperrigen Kamera besonders deutlich und zwingt euch nicht selten in Kämpfe, die ihr eigentlich umgehen wolltet. Dafür sind die Dungeons recht abwechslungsreich gestaltet und beinhalten von Zeit zu Zeit auch Rätsel, die zwar recht simpel gehalten sind, das sonst monotone Monsterbekämpfen aber ganz gut auflockern. Meistens dürft ihr euch dann am Ende eines Verlieses mit einem fiesen Boss herumschlagen, und lasst euch gesagt sein: die haben es wirklich in sich!
Der Schwierigkeitsgrad von Dragon Quest VIII ist hoch! Zudem gibt es keine Funktion, welche euch das Spiel erleichtern könnte, also müsst ihr wohl oder übel da durch. Es gibt immer mal wieder leichtere und schwierigere Passagen, je nachdem, wie die Gruppe der Charaktere aufgebaut ist. Allerdings gibt es selten eine große Herausforderung, wie zum Beispiel einen Boss, den man direkt beim ersten Versuch besiegt. Häufig empfindet ihr euch als zu schwach und müsst noch ein paar Runden auf der Wiese vor dem Dungeon drehen, um in Kämpfen gegen Monster das nötige Gold für bessere Gegenstände und die Erfahrungspunkte für Level-Ups zu erhalten. Das ist eine sehr klassische Vorgehensweise in einem Rollenspiel, die heutzutage nicht mehr jedem zusagen dürfte, da sie sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Besonders an einem bestimmten Punkt im Spiel wird hier die Ausdauer des Spielers auf die Probe gestellt. Hat man das schwierige Hindernis dann aber endlich überwunden, macht sich ein Gefühl tiefer Zufriedenheit breit und belohnt all eure Mühen.
Ein wenig wird das ganze "Grinden" allerdings vom wunderbaren Monster-Design relativiert. In Dragon Quest VIII gibt es allerhand Kreaturen zu bestaunen. Manche kennt man bereits aus anderen Einträgen der Reihe, andere sind wiederum neu ins Repertoire aufgenommen worden. Viele der fiesen Schwerenöter weisen dabei besondere Fähigkeiten auf, auf die man sich als Spieler einlassen muss. Kämpft man das erste mal gegen einen neuen Monstertyp, sollte man sich merken, gegen welche Attacken dieser besonders anfällig ist, oder was für Attacken er einsetzt, um etwaige Präventionsaktionen starten zu können. Das ist vor allem, wenn man von großen Monstergruppen überfallen wird, sehr wichtig. Abseits davon macht aber auch schon das Aussehen der verschiedenen Kreaturen einiges her, da es unheimlich kreativ und liebevoll rüberkommt und euch immer wieder zum Schmunzeln bringt.
Abseits von der Haupthandlung bietet euch Dragon Quest VIII eine Menge zu entdecken. Während in der offenen Welt häufig Schatztruhen versteckt sind und man auf das eine oder andere seltene Monster trifft, bieten verschiedene Lokationen ein großes Angebot, um euch während eurer Reise zu vergnügen. Auch bestimmte Sammel-Quests, sind wieder mit dabei. Eine dieser Aufgaben stattet euch mit einer Kamera aus und schickt euch auf Motive-Jagd. Dabei müsst ihr meistens Besonderheiten in der Landschaft, bestimmte Monster oder anderes fotografieren. Bringt ihr die Fotos zum entsprechenden NPC, werdet ihr mit Items entlohnt. Ähnlich funktionieren die Mini-Medaillien, welche ihr überall finden und später damit besondere Gegenstände freischalten könnt. Es lohnt sich also jederzeit auch mal abseits des eigentlichen Weges zu gehen und Ausschau nach Schätzen zu halten. Das ist durchaus schön und motiviert immer wieder zum Entdecken, auch, wenn man die Oberwelt ein bisschen interessanter hätte gestalten können.
Ein kleiner Kritikpunkt hinsichtlich des Gameplays von Dragon Quest VIII ist der sogenannte Alchemiekessel. Die Grundidee, verschiedene Items zu fusionieren und dabei bessere Gegenstände herauszubekommen, ist grundsätzlich eigentlich super. Leider findet man im Spiel selbst recht selten Rezepte, die euch verraten, wie ihr diese herstellen könnt. Auch findet man wenige Items, die man überhaupt miteinander verbinden kann. Das führt entweder dazu, dass man alle Items verkauft, die man nicht mehr braucht, weil man ja sowieso nichts miteinander verbinden kann, bis auf ein paar Heilkräuter vielleicht, oder aber sämtliche Gegenstände behält, in der Hoffnung, dass doch vielleicht mal was Passendes dabei ist. Dieses Konzept hätte man noch ein bisschen besser durchdenken sollen. Für passionierte Dragon Quest-Fans, welche das Spiel ohnehin mehrmals zocken werden, dürfte das aber kaum ein Problem sein, da man sich die Rezepte ja beim ersten Durchlauf aufschreiben kann (insofern man nicht auf gewisse Wikis zurückgreifen möchte).
Im Vorfeld wurde anhand der Angabe, dass die Nintendo 3DS-Version von Dragon Quest VIII den Soundtrack des japanischen Originals enthalten würde, der Unmut einiger Fans geäußert. Während die nordamerikanische Variante des ursprünglichen PlayStation 2-Spiels mit Musik daherkommt, welche von einem Orchester aufgenommen wurde, kann die japanische leider nur mit einem MIDI-Soundtrack aufwarten. Und auch, wenn der orchestrierte OST sich in der Tat besser anhört, fällt das fehlende Orchester während des Spielens eigentlich gar nicht wirklich auf. Schade ist es trotzdem ein bisschen, wobei es bestimmt JRPG-Puristen gibt, welche die MIDI-Variante des Soundtracks sogar vorziehen.
Grafisch ist das Spiel für einen Nintendo 3DS-Titel im gehobenen Bereich anzusiedeln. Die Umgebungen in den Städten sind liebevoll gestaltet und strotzen nur so vor Details, die man sich am liebsten stundenlang ansehen würde. Dafür gibt es einige Dungeons, die recht leer und eintönig wirken. In Sachen Animationen gibt es hingegen überhaupt nichts zu meckern. In dieser Disziplin ist Dragon Quest VIII einfach ein wunderbares Spiel, bei dem sich selbst moderne AAA-Titel gerne mal eine Scheibe abschneiden können. Hier kommt so gut wie nichts grobmotorisch oder fehl am Platz rüber, sondern überrascht durch seine Authentizität und Dynamik. Framerate-Einbrüche sucht man, zumindest auf dem New Nintendo 3DS, ebenfalls vergebens und nur stellenweise ploppen einzelne Bäume am Horizont der Landschaft auf. Einen 3D-Effekt gibt es in Dragon Quest VIII: Die Reise des verwunschenen Königs übrigens nicht.
Kommen wir zum Schluss noch einmal auf das interessante Thema des Umfangs zu sprechen. Dragon Quest VIII: Die Reise des verwunschenen Königs bietet euch für euer Geld eine Hauptstory, welche euch mindestens vierzig Stunden beschäftigen wird. Dabei fühlt es sich zunächst nicht ganz so umfangreich wie sein Vorgänger an, bietet euch aber durch seine riesige Weltkarte, die frei erkundbare Umgebung und diverse Sammelquests einiges an Aufgaben, die ihr neben der Hauptstory erledigen könnt. Möchtet ihr wirklich alle Aufgaben, vor die das Spiel euch stellt, erledigen, solltet ihr rund achtzig Stunden einplanen.
Unser Fazit
9
Geniales Spiel