Kirby Air Ride - Flotter Funracer oder billiger Mario Kart-Klon?

Funracer haben es heutzutage nicht einfach. Vergleiche mit Spitzenreiter Mario Kart lassen viele Spiele alt aussehen. Nicht verwunderlich, denn oftmals werden Ideen einfach abgekupfert, ohne igrendeine Eigenständigkeit. Auch Genre-Jongleur Kirby versuchte sich an hohen Geschwindigkeiten auf verrückten Strecken. Kritiker zerreisten aber zu seiner Zeit das Spiel und stempelten es als einen lahmen Atemzug der Reihe ab. Nach über 10 Jahren will ich aber einen genauen Blick auf das Spiel werfen und erläutern, ob etwas an den ganzen negativen Aussagen dran sein könnte. Das und noch vieles mehr, erfahrt in meinem Test zu Kirby Air Ride.


Kirby Air Ride ist ein Funracer der besonderen Art. Am besten lässt es sich anfangs mit Super Smash Bros. vergleichen. Richtig gehört, den wie in Smash stehen euch von Anfang mehrere Modi und Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung. Ins Auge stechen dabei die drei Hauptmodie Air Ride, Top Ride und City Trial. Da diese sehr eigenständig und nicht miteinander zu vergleichen sind, werde ich im Folgenden der Übersichthalber einzeln und detailiert auf die Modi eingehen. Auf eine allgemeine Sache will ich aber hier noch eingehen: Die Steuerung. Das Spiel bedient sich einer äußerst simplen Variante. Im Grunde steuert ihr das Spiel ausschließlich mit dem Joy-Stick und dem A-Knopf. Euer Fahrzeug beschleunigt immer von alleine.


Erobert den Himmel! Der turbulente Air Ride-Modus!


Nur nicht den Überblick verlieren! Das Streckendesign ist voller Action und herrlich kreativ!

Beginnen wir mit dem titelgebenden Air Ride-Modus. In einem kurzen Einspieler werden einem die Grundlagen erklärt: Sehr nützlich! Air Ride ähnelt einem Funracer noch am ehesten. In actiongeladenen Rennen nehmt ihr Fähigkeiten auf und erkämpft euch so den ersten Platz. Doch alles der Reihe nach. Zu Beginn könnt ihr auch hier mehrere Möglichkeiten auswählen. Ihr könnt gewöhnliche Rennen fahren, Zeitrennen veranstalten oder im Free Run ganz gemütlich die Strecken bestaunen. Anders als zum Beispiel in Mario Kart, wählt ihr vor dem Rennen nicht einen Fahrer. Dieser wird so gut wie immer Kirby (mit Farbvariationen) sein, mit zwei kleinen Ausnahmen, auf die ich etwas später eingehe. Viel wichtiger ist die Wahl eures Gleiters, die den Karts in Mario Kart entsprechen. Anfangs steht euch nur ein Fahrzeug zur Verfügung, doch je mehr man spielt, desto mehr Maschinen wird man freispielen. Die Vehikel an sich sind sowohl vom Design als auch in ihrer Spielbarkeit komplett unterschiedlich. Der Warp Stern beispielsweise ist der Allrounder, während Formula Star immer mehr beschleunigt, dafür aber ein schlechtes Handling hat. Eigenheiten wie diese können den Verlauf des Rennens und eures Erfolgs enorm beeinflussen. Allerdings ist das Balancing der Maschinen auf den verschieden Strecken nicht wirklich gut. Manche Fahrzeuge sind fast unbrauchbar auf manchen Strecken - schade, dass man hier nicht mehr darauf achtete. Nachdem ihr euren Gleiter gewählt habt, geht es ab auf die Strecken. Cups, wie in Mario Kart, gibt es nicht. Nach Lust und Laune könnt ihr eine ansprechende auswählen und gleich befahren. Die Rundenanzahl lässt sich in den Optionen einstellen. Wie ich schon in der Einleitung erwähnte, ist die Steuerung sehr simpel. Ihr fährt automatisch und könnt mit Drücken von A einen kleinen Boost vollführen. Die ‘’Items’’ sind verschiedene Gegner auf den Strecken. Ebenfalls mit Drücken von A könnte ihr ein Monster, sofern es nah genug dran ist, einsaugen. In Folge dessen erhaltet ihr seine Kraft (Kirbys Kopier-Konzept muss ich nicht wirklich noch erklären, oder?). Nach ein paar Sekunden verliert ihr diese aber wieder. Angreifen tun manche Verwandlungen automatisch (Schwert-Kirby schlitz zum Beispiel zu, wenn jemand vor euch ist), andere mit Drücken von A. Hier hat man wirklich gut ein eigenes Item-Konzept entwickelt, es fühlt sich zu keinem Zeitpunkt wie Items aus Mario Kart an. Außerdem beeinflussen die Kräfte eure Platzierung nicht wirklich, vielmehr sind es kleine Hilfestellungen.
Das Highlight von Air Ride sind natürlich die Strecken. Diese sind unheimlich abwechslungreich und im Design total verrückt. Auch hier muss man sagen, dass verschieden Faktoren etwas unfair sein können, eigentlich macht es aber immer einfach nur Spaß aberwitzige Runden zu fahren. Allerdings stehen nur 8 Strecken zur Verfügung, was etwas sperrlich ist. Kommen wir wieder zu den Charakteren. Es ist möglich sowohl Meta-Knight, als auch König Dedede freizuschalten. Allerdings sind dieses fahrzeuggebunden, ihr könnt also nicht mit Meta-Knight einen Warp Star steuern. Warum es nur eine kleine Anzahl an Charakteren gibt ist fragwürdig, immerhin bietet das Kirby-Universum mehr als genug Auftritte. Vielleicht fragt sich der ein oder andere, wo die Motivation in der ganzen Sache liegt. Air Ride bietet euch (wie auch alle anderen Modi) Meilensteine. Zum Beispiel müsst einen Rennen in einer festgelegten Zeit gewinnen oder so viele Gegner wie möglich verschlucken. Meistens erhält man als Belohung eine neue Farbe für Kirby oder ein Fahrzeug. Kleine Jingles verraten euch, ob ihr gerade etwas freigeschalten habt. Ob das Vervollständigen der Meilensteine motiviert, muss jeder selbst beurteilen. Lobenswert ist außerdem, dass es, egal wie viel auf dem Bildschirm passiert, nie zu Rucklern kommt. Leider kann dieser Modus im Einzelspieler etwas langweilig sein, auf dieses Problem gehe ich aber ganz am Ende nochmal ein.


Lasst die Items knallen! Der durchschlagende Top Ride-Modus!


Aus der Vogelperspektive heizt ihr euren Widersachern ordentlich ein!

Der zweite Modus, den ich euch vorstellen will, ist Top Ride. Hier flitzt ihr mit bis zu vier Spieler durch minimalistische Strecken aus der Vogelperspektive. Spezial-Power gibt es keine, dafür aber umso mehr durchgeknallte Items. Auf eine Bewertung des Balancings will ich verzichten, denn dieser Modus ist nicht darauf ausgelegt fair zu sein. Vielmehr geht es um verrückte Rennen, an denen es an jeder Ecke kracht und bebt. Das klingt zwar sehr hektisch, nach einer kurzen Einspielzeit gewöhnt man sich aber an den Tumult. Auch die die Auswahl an Fahrzeugen beschränkt sich auf das Nötigste. Mit nur zwei Maschinen, die sich etwas in der Steuerung unterscheiden, bietet der Modus keine große Vielfalt in Sachen Fahrzeug. Wirklich negativ fällt das aber nicht auf, detailierte Vehikel würde man sowieso nicht bestaunen bzw. Erkennen können. Die Strecken sind minimalistisch, aber abwechslungsreich. Wie auch in Air Ride gibt es Zeitrennen oder einen Free Run Modus. Über 100 Meilensteine warten ebenfalls geknackt zu werden. Allgemein lässt sich zu diesem Modus nicht mehr sagen, da er mehr für kurzweiligen Spaß steht. Dies gelingt ihm auch äußerst gut, wer hier aber tiefe Substanz sucht, der sollte sich den nächsten Modus mal anschauen


Macht die City unsicher! Der umfangreiche City Trial-Modus!


Eine gemütliche Runde im Park! Ob in dem Loch ein Secret steckt?

Kommen wir letztendlich zu meinem Favoriten, den City Trial-Modus. In diesem düst ihr innerhalb eines Zeitlimits durch eine offenflächige Stadt und sammelt verschiedene Items, um die Stats eurer Maschine zu boosten (Angriffskraft, Speed, Handling usw.). Starten tut jeder mit dem Compact Star, eine langsame, dafür aber leicht zu steuernde Maschine. In der Stadt könnt ihr dann auf die Suche nach anderen Fahrzeugen gehen. Zum ersten Mal ist es möglich von eurem Begleiter abzusteigen, was ihr auch tun müsst, um ein anderes Fahrzeug in Anspruch zu nehmen. Allerdings solltet ihr auf euer Gefährt Acht geben, eine Lebensanzeige zeigt euch den Gesundheitsstand an. Falls ihr also merkt, dass ein anderer Spieler zu stark wird, könnt ihr auch auf die Jagd gehen, oder ihr sammelt seelenruhig Items, die Strategie ist euch überlassen. In roten Kisten findet man mit etwas Glück ab und zu auch Teile der legendären Maschinen Hydra und Dragoon. Overpowered sind sie allemal, das Finden dafür aber ganz schön schwierig. Am Ende tretet ihr in einem durch Zufall generierten Match mit euren gepimpten Maschinen im Stadion an. Dies kann ein Rennen, eine Schlacht oder auch eine ‘’Wer fliegt am weitesten’’-Entscheidung sein. Ein wenig Glück spielt hier natürlich ein Rolle - je nachdem, welche Werte oder Fahrzeuge ihr besitzt. Die größte Stärke liegt in der Map an sich. Zahlreiche Details und Secrets warten darauf entdeckt zu werden. Es lohnt sich im Free Run eine gemütliche Runde zu drehen und alles zu erkunden. Auch kann man hier jedes Fahrzeug finden und sie genauer ihre Stärken erforschen. Hin und wieder kann es vorkommen, dass verschiedene Ereignisse eine Runde beeinflussen. Sei es ein plötzlich auftretender Nebel, Fake-Items oder Bossgegner - in der Stadt herrscht nie Ruhe!
Auch hier warten Meilensteine geknackt zu werden. Da jede Runde anders ist und es eine Menge zu entdecken gibt, erweist sich City Trial als umfangsreicher und motivierendster Modus - vor allem im Multiplayer ein riesen Spaß!


Kirby Air Ride war Masahiro Sakurais (Schöpfer der Reihe) letztes Kirby-Spiel, bevor er HAL verlies!


Natürlich kann ich Negativpunkte nicht einfach ausblenden. Wie schon angedeutet, kann der Racer im Singleplayer schnell langweilig werden. Meilensteine schön und gut, eine ordentliche Einzelspieler-Erfahrung ersetzt das nicht. Warum gibt es nicht eine Art Grand Prix im Air Ride-Modus? Oder gar eine eigentsändige kleine Story wie in F-Zero GX? Man merkt absolut, dass das Spiel ausschließlich für den Multiplayer konzipiert wurde, was den Entwicklern auch wunderbar gelungen ist. Trotzdem wäre es ein netter Zug gewesen, eine kleines Abenteuer einzubauen.
Die Grafik wirkt veraltet. Ursprünglich für den N64 geplant, merkt man dem Spiel seine einzige Herkunft an. Texturen wirken detailos, Objekte sind kantig oder verwaschen. Gerade im City Trial-Modus zeigt sich das Spiel nicht von seiner Schokoladenseite. Da wäre deutlich mehr möglich gewesen. Die Musik hingegen ist meisterhaft, auch heute noch einer der beliebtesten Kirby-Soundtracks. Sie passt sich immer perfekt an und duddelt nie im Hintergrund vor sich hin. Hier haben die Komponisten wirklich perfekte Arbeit geleistet, nichts zu meckern!

Mein Fazit

7

Spaßgarant

Meinung von eatfrishkirby

Kirby Air Ride ist ein eigenständiger, lustiger Fun-Racer, der sich vor Ikonen wie Mario Kart nicht zu verstecken braucht. Das Streckendesign ist herrlich abgedreht, die Verwandlungen bringen eine gewisse Würze und der Soundtrack unterstreicht spitzenmäßig das Geschehen. Verschiedene Hauptmodi bieten Abwechslung, vor allem City Trial erweist sich als geheimer Favorit. Die Steuerung ist gewöhnungsbedürftig, aber eingängig. Schlechte Grafik, Charaktermangel, unbalancierte Fahrzeuge und eine mangelnde Einzelspieler-Erfahrung trüben etwas das Spielerlebnis. Alles in Allem ist den Entwicklern das Experiment ‘’Fun-Racer’’ überraschend gut gelungen, trotz vieler kleiner Krankheiten. Schraubt man etwas am Gameplay und arbeitet den einzigartigen Spielstil etwas aus, wäre ein zweiter Teil eine durchaus sinnvolle Idee und eine tolle Alternative zu Mario Kart. Gerade ein schöner Online-Modus würde dem Spiel gut tun und zu den kurzweiligen Runden passen. Bitte HAL, packt das Konzept nochmal aus, es hat definitiv Potenzial!
Mein persönliches Highlight: Als mir bewusst wurde, dass ich im City Trial-Modus Kirby zum ersten Mal in 3D frei bewegen konnte - nach 10 Jahren!

Kommentare 2

  • Schöner und flüssiger Test. Der Wertung würde ich persönlich auch zustimmen. Ich hatte damals nämlich meinen Spass mit dem Spiel. Bei meinen Freunden und mir war der Top Ride-Modus im Multiplayer der Favorit. City-Trial fand ich auch noch gut. Der hat mich damals an die Oberwelt aus Diddy Kong Racing erinnert. Schade das man dort so viel Potenzial hat liegen lassen.


    PS: Es haben sich ein paar Tippfehler eingeschlichen: am Ende des ersten Abschnittes steht Kirby Aire Ride und im Fazit: Onlie-Modus. Da waren die Finger wohl etwas zu schnell :D

  • Danke für den Testbericht! :) Da kommt in mir schon wieder der Wunsch nach einer erweiterten Virtual Console für Switch auf...