Peitsche in die Fresse!

Lasst die Peitsche knallen! Vor gut fünf Jahren erschien Castlevania: Lords of Shadow – Mirror of Fate für den Nintendo 3DS. Gehört hatte ich seit Super Castlevania IV zwar immer wieder von der Reihe, gespielt hatte ich aber bislang noch keinen einzigen Teil. Und das, wo ich doch Metroid-Spiele sehr mag und die Castlevania-Netflix-Serie in einem Ruck durchgeschaut hatte. Dennoch, mein erstes Castlevania. Also habt Rücksicht, wenn es bei mir mit der Einordung hier und da ein bisschen hapert ;)


Die Story wird in stimmigen Sequenzen im Cel-Shading-Look vorangetrieben.

Story: Es geht Dracula an den Kragen. Getrieben von der Rache, wollt ihr als Simon Belmond den Obervampir für den Tod eurer Eltern zur Rechenschaft ziehen. Als adäquates Mittel eignet sich das seit Generationen bewährte Kampfkreuz, das es in der Brust des Blutsaugers zu versenken gilt. Soweit, so klar. Der Clou der Geschichte besteht jedoch darin, dass ihr das Abenteuer in drei Akten mit jeweils unterschiedlichen Charakteren beschreitet, deren Schicksal eng miteinander verbunden ist. Geleitet von einem mysteriösen Spiegel und einem stummen Beobachter, begebt ihr euch zunächst als Simon Belmont, dem Sohn von Syphia und Trevor Belmont, in das Schloss des Königs der Vampire und stellt euch dabei allerlei Gefahren aus Fallen, Monstern und Rätseln. Im Laufe der Handlung dieses ersten Kapitels trifft Simon an verschiedenen Stellen einen weiteren Protagonisten, der ihm aus dem Hintergrund unter die Arme greift und scheinbar ein ähnliches Ziel verfolgt. Um welchen Mitspieler es sich dabei genau handelt, möchte ich hier allerdings nicht verraten. Lange müsst ihr euch aber auch nicht gedulden, da ihr bereits im zweiten Akt diesen Charakter selbst steuert. Da die Handlung von Akt I und II parallel verlaufen, trefft ihr nun wiederum Simon, dem ihr zwischendurch zum Beispiel mittels eines Schalterrätsels im Boden bei der Flucht aus einem sadistischen Karussell helfen müsst. Der dritte Akt macht schließlich einen Sprung in die Vergangenheit und beleuchtet die Herkunft und den Antrieb der Charaktere genauer. Macht euch auf einen emotionalen Showdown gefasst!


Gameplay: Die Castlevania-Reihe gehört zusammen mit Metroid zu den Namensgebern des Metroidvania-Genres. Typisch dafür hüpft, rennt und klettert ihr in der 2D-Seitenansicht durch ein Labyrinth aus mehreren Ebenen, bekämpft Gegner, bekommt neue Hilfsmittel, um Passagen zu erreichen, die euch kurz zuvor noch verwehrt blieben. Das Kampfkreuz dient euch als Hauptwaffe, mit der ihr Feinde peitschenschwingend in Stücke haut. Gleichzeit ist der heilige Begleiter auch euer wichtigstes Hilfsmittel, um Abgründe zu überwinden, Wände hochzuklettern und euch mit wenigen Tastendrücken geschickt von Kronleuchter zu Kronleuchter an der Decke entlang zu schwingen. Durch die Kombination von verschiedenen Tasten, entwickelt ihr schlagkräftige Combos, mit denen ihr Draculas Schergen das Fürchten lehrt. Jeder besiegte Gegner gibt dabei Erfahrungspunkte, durch die euer Charakter neue Angriffsmuster erlernt. Die Eingewöhnung geht flott von der Hand. Spätestens wenn ihr das Abwehren von Angriffen raus habt und mit wenigen Schlägen Untote haufenweise über den Jordan befördert, fühlt sich das Kampfsystem mit seinen mächtigen Attacken überaus befriedigend an. Hinzu kommen noch je nach Charakter unterschiedliche Verbrauchsgegenstände wie Klingenbumerang, Ölphiole und Elektrogranate sowie je zwei Magie-Upgrades.

Hüpfen, klettern, Peitsche schwingen - auch in Mirror of fate bleibt das beliebte Rezept der Castlevania-Reihe erhalten.


Das Spiel führt diese verschiedenen Elemente behutsam ein und macht euch so nach und nach den Hilfsmitteln vertraut: So steht Simon zu Beginn nur eine "gewöhnliche" Peitsche zu Verfügung. Das Schwingen und Festkrallen an Angelpunkten ist noch nicht möglich, sodass ihr euch zunächst vor allem mit Hüpfen und Springen durch das Labyrinth bewegt. Das geht leicht, flüssig und vor allem sehr intuitiv einfach von der Hand, bringt euch aber an einigen Stellen an vom Level gesetzte Grenzen. Dann bekommt ihr aber stets einen Hinweis, dass ihr ein neues Gadget benötigt und damit später zurückkehren sollt. Ein Beispiel: Eine Art Wasserfall aus verlorenen Seelen scheint ein unüberwindbares Hindernis für Simon. Wie soll er durch diese giftige und gequält schreiende Brühe durchkommen? Die Lösung wartet in Form eines Geistes, der ihm bei Aktivierung einen geisterhaften "Regenschirm" (okay Spaß) /Schutz spannt. Oder: Ein Schalter lässt sich nicht betätigen, weil ihr permanent von Gegnern angegriffen werdet? Kein Problem mit einem mächtigen verstorbenen Armbrustschützen, dessen Seele über euch schwebt und die Gegner aufs Korn nimmt. Der Nutzen der neuen Verbesserung wird meist unmittelbar Erhalt mit einer Passage erläutert, wo diese zur Lösung zwingend erforderlich ist.


Wie erwähnt, hinterlässt jeder erschlagene Gegner Erfahrungspunkte. Habt ihr genügend davon gesammelt, steigt der Charakter auf und erhält neue Angriffsmöglichkeiten. Wie auch eure Erweiterungen für Magie- und Lebensenergie nimmt euer jeweiliges Alterego diesen Fortschritt beim Wechsel der Kapitel mit. Auch die Anzahl der Verbrauchsgegenstände bleibt erhalten. Was fehlt sind lediglich die individuellen Magie-Fähigkeiten und die Art der Verbrauchsgegenstände, da jeder Protagonist einfach andere verwendet. Die neuen Angriffsmuster, die ihr erlernt, sind vielleicht nicht unbedingt zwingend erforderlich, machen aber so manchen Kampf sicher einfacher und vor alle dynamischer. Spätestens beim zweiten Durchspielen auf einem höheren Schwierigkeitsgrad, wo euch diese Erweiterungen ebenfalls erhalten bleiben, werdet ihr merken, wie einfach sich manch anfangs schwerer Gegner nun überwältigen lässt.


Klettern, Kämpfen und Magie einsetzen ­- die verschiedenen Spielelemente sind für Kenner der Serie sicherlich nicht neu, ergeben in ihrer Kombination aber eben einen herrlichen Spielfluss. Es ist einfach unheimlich befriedigend, wenn eine lange Zeit versperrte Passage endlich erreichbar wird, man für manch anfangs schweren Gegner die passende Taktik raus hat oder man endlich die versteckte Schriftrolle im Level gefunden hat. Die Anzahl an Gegnern, Herausforderungen und Rätsel hält dabei stets ein gutes Gleichgewicht. Lediglich ein paar mehr oder anspruchsvollere Rätsel wären vielleicht wünschenswert gewesen. Hier bin ich mir aber nicht sicher, ob dadurch der doch recht actionreiche Fokus des Spiels etwas verschoben würde. Hier möchte ich aber nicht kleinlich sein, da das Gameplay für mein empfinden wirklich gelungen und abwechslungsreich ist.


Screenshots vom 3DS zu fotografieren, funktioniert leider nur schlecht. Glaubt mir, das Spiel sieht wesentlich besser und stimmungsvoller aus

Grafik: Zwar ist das Spiel in 3D gestaltet, ihr beschreitet das Abenteuer jedoch aus der klassischen 2D-Seitenperspektive. In vereinzelten Kampf- und Quicktime-Events wechselt die Ansicht auch schon mal, was insgesamt noch etwas Dynamik reinbringt. Der Tiefeneffekt des 3DS wird voll ausgereizt: wunderschön gestaltete Hintergründe in der Ferne, dunkle Höhlen, offene Kathedralen – hier bekommt das Auge einiges geboten. Das Setting und die Atmosphäre werden stimmungsvoll und abwechslungsreich eingefangen. Sei es ein Kampf in einem Theatersaal, Kräne und Aufzüge an einer riesigen Burgmauer oder der Harem des dunklen Lords – für Abwechslung ist gesorgt und die Effekte beeindrucken auch heute noch auf dem handlichen Gerät. Obendrauf kommen noch im Comiclook gehaltene Zwischensequenzen, die sich wunderbar ins Gesamtbild einfügen.


Sound: Mit einem Wort? Wahnsinn! Der orchestrale klassische Soundtrack ist so unglaublich gut und stimmig, dass ich manchmal nur dafür den 3DS eingeschaltet hatte. Angefangen vom Hauptthema, das immer wieder an verschiedenen Stellen im Spiel zum tragen kommt, bis hin zu treibenden Rhythmen, die vor allem brenzlige Kampfsequenzen untermalen. Stets fängt die Musik die Stimmung perfekt ein und untermalt das Geschehen mit passenden Klängen. Wie in einem Film gehen die verschiedenen Stücke wunderbar ineinander über; selbst die Stille in manchen Momenten scheint treffend. Die Atmosphäre des Spiels profitiert maßgeblich von der Komposition, die Oscar Araujo da entworfen hat. Hut ab! Auch die englischen Sprecher machen ihre Sache wirklich sehr gut. Das harte, leicht akzentuierte Englisch passt vortrefflich zu den verschiedenen Charakteren und gibt ihnen Persönlichkeit. Die Untertiteleinblendungen gehen da vollkommen klar und lassen einen deutsche Synchronsprecher erst gar nicht vermissen.

Mein Fazit

9

Geniales Spiel

Meinung von AnimalM

Ich wollte das Spiel nur kurz anspielen, konnte es dann aber nicht mehr aus der Hand legen. Das Gameplay gefiel mir sehr gut, die Geschichte machte mich immer wieder neugierig und das Ende war emotional und befriedigend. Grafik und Sound finde ich auch nach fünf Jahren immer noch beeindruckend und zeitgemäß (auf dem 3DS versteht sich). Etwas über elf, zwölf Stunden wurde ich bestens unterhalten. Jetzt möchte ich noch alle Schriftrollen und versteckten Updates finden und mich vielleicht auch an den freigeschalteten zusätzlichen Schwierigkeitsgrad wagen. Wer es noch nicht kennt, von mir eine klare Empfehlung.
Mein persönliches Highlight: Ganz klar der Soundtrack!

Kommentare 2

  • Für mich ein Castlevania wie ich es mir wünsche. Die Story gefiel mir sehr und ich hätte gerne weitere Spiele gesehen, die darauf aufbauen. Allein schon dieses Gänsehautfinale als alles enthüllt wird. Auch der große 3D Bruder Lords of Shadow gefiel mir sehr gut. Danach hat man die Reihe leider mit dem verkorksten 2.Teil gekillt. Castlevanias wie diese beiden Spiele würde ich mir auch auf der Switch wünschen.

    Yeah! 1