Die erste Stunde eines epischen Sommers

Nachdem ich bereits vergangenes Jahr in den Genuss des Sequels Atelier Sophie 2: The Alchemist of the Mysterious Dream kam und bemerkte, wie viel Liebe und Inbrunst in dieser Fortsetzung liegt, konnte ich meine Freude kaum verbergen, als es hieß, dass Ryza einen dritten und letzten Teil mit ihr in der Hauptrolle erhalten soll. Einen kurzen Einblick gaben bereits diverse Trailer (wir berichteten). Vor allem unser exklusives Interview mit Producer Junzo Hosoi und Director Shinichi hat sehr viel Neugierde auf das Abenteuer geschürt. Dank Koei Tecmo und Gust habe ich nun die Gelegenheit bekommen, in das erste Kapitel des Spiels Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key für den PC zu werfen und kann jetzt schon vorwegnehmen, dass ich absolut überzeugt wurde und den Release-Tag nicht erwarten kann.


Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Ryza

© Koei Tecmo Games Co., Ltd.

Wer wie ich nach einiger Zeit zu den Abenteuern von Ryza zurückkehrt, wird bemerken, dass viel Zeit ins Land gegangen ist. Nicht nur im Spiel befinden wir uns weiter in der Zukunft, auch in der echten Welt hat sich das Rad der Zeit unaufhörlich weitergedreht – entsprechend sind auch meine Gedächtnislücken gewachsen. Glücklicherweise bietet das Spiel direkt zu Beginn einen mehr als fünf Minuten langen Einführungsfilm, der euch berichtet, was in den Vorgängertiteln Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout und Atelier Ryza 2: Lost Legends & the Secret Fairy vorgefallen ist. Dabei fokussiert sich diese Zusammenfassung auf wesentliche Ereignisse des jeweiligen Titels, richtet den Scheinwerfer aber auch auf vereinzelte Charaktere, die offensichtlich im dritten und letzten Teil ihren Auftritt feiern werden. Dabei fiel leider wieder einmal direkt der erste und wahrscheinlich konstanteste Kritikpunkt am Franchise auf: die Lokalisierung.


Wer die Titel von Atelier kennt, wird wissen, welcher Absatz nun folgt (fühlt euch frei zum nächsten Absatz zu springen, Alchemisten). Neulinge sollten wissen, dass das Atelier-Franchise stets in hochwertiger japanischer Vertonung daherkommt. Dabei gibt es aber keine Option, die Sprachausgabe zu ändern. Die fehlende Lokalisierung trifft deutsche Spielende doppelt hart: Auch die Untertitel sind nicht auf Deutsch verfügbar und müssen auf Englisch hingenommen werden. Das kann bisweilen zum Problem werden, da manche Teile des Spiels sehr besonderes Vokabular nutzen. In unserem eben erwähnten Interview haben wir auf diese Problematik verwiesen, aber scheinbar gibt es derzeit keine Ambitionen, deutsche Untertitel oder englische Synchronstimmen zu integrieren.


Jetzt, wo dieser Kritikbrocken beiseitegeschafft ist, können wir uns einmal das neue Spiel ansehen: Die Handlung wartet direkt mit einem packenden Beginn auf. Ryza wird am Strand von Kurken Island angegriffen, nachdem mysteriöse neue Inseln – die sogenannten Kark Isles – aufgetaucht sind. Bos und Tao eilen Ryza zu Hilfe. An dieser Stelle tretet ihr auch euer Kampftutorial an. Besonders auffällig sind die verschiedenen Kampfanimationen, die sehr erwachsen und mächtig wirken. Auch das User-Interface wirkt moderner und übersichtlich gestaltet. Nach diesem sehr actiongeladenen Einstieg geht das eigentliche Abenteuer mit der Erkundung los, oder genauer gesagt die Wiederentdeckung einzelner Abschnitte auf Kurken Island. Die erste Spielstunde vereinigt die wichtigsten Charaktere aus dem ersten Teil miteinander, kombiniert diesen Umstand mit verschiedenen Tutorials zu einzelnen Gameplay-Elementen. Im Fokus steht dabei neben der Spieleinführung auch der nostalgische Rückgriff auf die vorangegangenen Handlung. Hier kommen Fans noch einmal voll auf ihre Kosten, bevor sie in das wahre neue Abenteuer aufbrechen dürfen.


Das Alchemie-System hat einen modernen Anstrich verpasst bekommen und verspricht noch mehr Tiefe als zuvor

© Koei Tecmo Games Co., Ltd.

Wie von den Vorgängern der Reihe bekannt, gibt es für euch drei wesentliche Gameplay-Elemente: Erkundung, Alchemie und Kämpfen. Alle diese zentralen Elemente wurden aufpoliert, ohne ihren Wurzeln untreu zu werden. Die Erkundung funktioniert, wie ihr es gewohnt seid: Innerhalb eines Bereichs erkundet ihr eure Umgebung (Wald, Höhle etc.), dabei werdet ihr eine Menge Ressourcen finden, die ihr entweder aufsammeln könnt oder mit einem Werkzeug bearbeitet. Auf der Reise gibt es auch verschiedene Örtlichkeiten für euch zu entdecken, die als wichtige Wahrzeichen gelten. So habe ich direkt zu Beginn den geheimen Unterschlupf aus Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout ausfindig machen können und ein Eintrag in meinem Notizbuch abkassiert. Die Erkundung fühlt sich wie gewohnt spannend an und lässt Herzen wie meines, dass es liebt Sachen zu farmen, in ungeahnte Höhen schnellen. Jeder gefundene Ort wird dann auch ein Schnellreisepunkt, der im Laufe der Erkundung sehr praktisch ist.


Im Laufe der Erkundung kann es zu Gefechten mit den Kreaturen der Unterwelt kommen, die auf Kurken Island und Umgebung ihr Unwesen treiben. Dabei wird eine Mischung aus rundenbasiertem und Echtzeit-Kampfsystem genutzt, das nicht gänzlich unbekannt ist. Nach einem ersten Tutorial sind alle wesentlichen Bewegungsabläufe klar – besonderes Schmankerl sind an dieser Stelle die Kampfanimationen von Ryza und ihren Freunden. Sie zeigen, dass sie sich über die Jahre hinweg nicht nur geistig und seelisch, sondern auch körperlich weiterentwickeln konnten. Innerhalb eines Zeitfensters lädt die Figur einen Balken auf. Sobald dieser Balken gefüllt ist, könnt ihr angreifen. Mit dem korrekten Timing und genügend Kampfpunkten könnt ihr einfache Kombinationen oder andere Angriffe nutzen. Diese Punkte laden sich pro erfolgreichem Schlag auf. Items können flexibel genutzt werden. Damit diese aber nicht gespammt werden können, unterliegen sie ebenfalls einem Punktesystem, das sich im Laufe der Runden auflädt. Kameraden verlangen gelegentlich bestimmte Angriffe. Kommt ihr der Aufforderung nach, können diese Figuren eine mächtige Attacke mit sehr cooler Cutscene ausführen.


Den Abschluss macht das Alchemie-System, das traditionell nach einer Erkundung wartet – schließlich wollen die Ressourcen auch gewinnbringend verwertet werden. Dort zeigt sich schnell eine große Stärke des kommenden Spiels: Vielseitigkeit. Schon immer steckte in den verschiedenen Alchemie-Systemen viel Tiefe. Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key zeigt nicht nur eine grafisch moderne Weiterentwicklung, sondern liefert zusätzliche Tiefe in Form von verschiedenen Objekten und Merkmalen, die sich je nach Position auf den Prozess auswirken.


Viele Gameplay-Elemente fühlen sich sehr vertraut an, wirken aber neu durch die grafische und technische Weiterentwicklung der letzten Jahre

© Koei Tecmo Games Co., Ltd.

Die im Titel erwähnten Schlüssel (engl.: Keys) eröffnen im Vergleich zu den Vorgängern in allen Bereichen neue Möglichkeiten. Während meiner Vorschau war es mir mit einem Schlüssel möglich, mit der Umgebung auf andere Weise als bisher zu interagieren. Bei Ryzas erster Interaktion mit dem Schlüssel an einem Schauplatz – in diesem Fall einem Leuchtturm – wurde ein neuer magischer Schlüssel erschaffen, der besondere Fähigkeiten hat. Dieser neue Schlüssel erlaubte es zum Beispiel, bessere oder mehr Ressourcen wie Pflanzen oder Zutaten sammeln zu können. Verschiedene Schlüssel werden demnach verschiedene Boni freischalten. Findet ihr also interessante Orte, lohnt es sich, die verschiedenen Schlüssel zu nutzen und zu schauen, ob Ryzas Fähigkeiten neue Chancen für die Erkundung ermöglichen.


Im Kampf werden diese Schlüssel ebenfalls einen entscheidenden Nutzen haben. Den Schlüssel, den ich während des Kampfes nutzen konnte, erhöhte meine Kraft und lies die Angriffe nicht nur heftiger wirken, sondern pulverisierte die Gegner innerhalb eines kurzen, festgelegten Zeitfensters. Innerhalb der Alchemie dagegen beeinflussen sie nicht nur die Qualität, sondern lassen euch auch mehr Objekte für die Synthese auswählen.


Leider bot die Vorschau nur einen Ausschnitt dessen, was mit den Schlüsseln möglich sein wird. Es lässt sich aber erahnen, dass sie nicht nur unglaublich mächtig sind, sondern auch viele interessante Interaktionsmöglichkeiten bieten werden. Von dem, was ich bereits sehen konnte, bin ich begeistert und sehr gespannt, wie sich die Schlüssel auf das gewohnte Spielgefühl auswirken und wie sie geschickt die Geheimnisse der Alchemie während der Handlung offenbaren werden – denn der Start der Handlung hat überaus deutlich gemacht, dass diese Schlüssel entscheidende Antworten in Bezug der Alchemie von Ryzas Welt eröffnen werden.


In der ersten Spielstunde wurde ich direkt mit dem Missionssystem vertraut gemacht. Dabei gibt es wie gewohnt bei verschiedenen Charakteren Hauptquests und Nebenquests zu absolvieren. Ein Aspekt, der mir positiv auffiel, sind die verschiedenfarbigen Cursor. Wenn eine Mission mehrere Ziele hat (verschiedene Charaktere aufsuchen etc.), dann haben die Icons auf der Karte und der Mini-Map verschiedene Farbtöne, sodass die einzelnen Ziele leichter voneinander zu unterscheiden sind.


Der Fotomodus fehlt selbstverständlich nicht und kommt mit schmucken Möglichkeiten daher

© Koei Tecmo Games Co., Ltd.

Die Erkundung wird durch einen Kompromiss zwischen abgesteckten Arealen und Open-World-System ergänzt. Viele verschiedene Abschnitte in Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key sind begrenzt. Diese Areale sind dabei stark abgegrenzt, sodass es beispielsweise auch nicht möglich ist, von Wänden zu springen als eine Art von Abkürzung. Im Kontrast zu diesen sehr limitierten Arealen erstrahlen andere Teile der Welt – vornehmlich die neu aufgetauchten Kark Isles – in einem offenen Design. Das weitläufige Areal, das ich bisher sehen durfte, hat hierbei fast keine unsichtbaren Wände und einzelne Bereiche gehen nahtlos ineinander über. Es ist dort, wie in den traditionellen Arealen früher, auch möglich, als eine Art Abkürzung von Wänden zu springen. Die geschickte Verschmelzung dieser beiden Designvarianten macht mich sehr neugierig auf die kommenden Areale. Denn wie aus dem Spiel und dem bisher verfügbaren Material hervorging, sind die Kark Isles sehr groß und voller interessanter Gegenden. Die Spielwelt wirkt durch diesen Zusammenschluss wesentlich weiter und nicht so limitiert, wie es noch bei den vorangegangenen Teilen der Fall gewesen ist.


Grafisch muss sich das Spiel auf dem PC nicht verstecken. Texturen wurden sauber ausgearbeitet, in der Ferne wird alles immer unschärfer – eine Technik, die ich nicht sehr mag und glücklicherweise abschalten konnte. Ich vermute, dass die Version der Nintendo Switch eine ähnliche Funktion nutzen wird. Absoluter Höhepunkt ist die musikalische Untermalung. Dadurch, dass ich mich für die Vorschau eher auf Kurken Island herumgetrieben habe, waren viele der Stücke auch an den Stücken des ersten Teils orientiert. Mein Fazit diesbezüglich: direkt verliebt.


Eine weitere Schwäche, die das Franchise schon lange begleitet, sind die Cutscenes, besonders die Bewegungen innerhalb dieser Szenen. Dabei fällt auf, dass sich die Figuren oft puppenhaft bewegen. Zwar wirken die Bewegungen im Vergleich zu den älteren Titeln mittlerweile natürlicher, aber Schwächen sind geblieben. So wirken Laufanimationen noch immer hölzern: In einer Szene bewegt Ryza ihre Beine so, als würde sie sprinten, ihre Bewegungsgeschwindigkeit passt aber nicht zu dem körperlichen Aufwand, den sie betreibt. Bei langsamer Gangart fällt dies glücklicherweise weniger auf, aber das Problem entlockt mir oft ein müdes Lächeln, da es so im Kontrast zur restlichen Qualität steht. Glücklicherweise wirkt sich das nicht auf die direkte Steuerung der Figuren aus. Unter eurer unmittelbaren Kontrolle laufen die Bewegungen angenehm natürlich ab

Unsere Prognose

Meinung von Simon Münch

Das Team von Gust hat schon bei den Vorgängern regelmäßig seine Steigerungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Deswegen habe ich auch für Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key großes Vertrauen und erwarte Großes. Das bisherige Material spricht sehr für sich. Das Spiel beruft sich nicht nur auf frühere Teile, sondern kann auch mit eigenen Ergänzungen, höherer Qualität im Charakterdesign, der Umgebungsplanung und den Gameplay-Elementen punkten. Inhaltlich kann das Spiel zu Beginn sehr überzeugen und verspricht, ein echtes Spektakel für Fans zu werden. Dank eines langen Vorspann-Videos können auch Neulinge problemlos ins Abenteuer ziehen, ohne das Gefühl zu haben, Wichtiges zu verpassen. Wenn die Nintendo Switch-Version mit einer ähnlichen Qualität erscheint, kann hier wohl von einem Spiele-Hit ausgegangen werden – das wird sich aber erst zum Release am 24. März 2023 zeigen.
Mein persönliches Highlight: Die Charakter-Entwicklung von Ryza und ihren Freunden

Die durchschnittliche Leserwertung

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Kommentare 5

  • Ravenheart

    Turmknappe

    Das klingt alles sehr gut, hab ich aber auch nicht anders erwartet. Ich liebe die Atelier-Serie einfach. Mich haben die englischen Untertitel anfangs auch abgeschreckt, aber irgendwann hab ich es einfach probiert und es hat mich überhaupt nicht gestört. Man kann es ja so sehen, dass man damit beim Zocken noch die eingerosteten Englischkenntnisse etwas aufbessern kann. ;)

  • KemoSabe666

    Turmheld

    Ich zock es auf PC mit nude mod😁

  • Emydura37

    Turmritter

    Freu mich schon riesig drauf und die Vorschau macht Lust auf mehr :thumbup:

    Hab aber die ersten beiden Teile nie gespielt und hoffe wirklich das mein Englisch gut genug ist ;)

    Ansonsten muss ich es wohl abrechen ,eine Demo würde sicherlich helfen

  • Phantomilars

    Weltraummönch

    Das wird bestimmt wieder ein richtiger Schenkelklopfer.

  • Blackadder

    cuteness is justice

    Die beiden Vorgänger waren top. The best has yet to come. <3