Filmkritik: Assassin's Creed Spezial
Geschrieben von Dirk Apitz am 19.12.2016
Videospielverfilmungen haben einen sehr schlechten Ruf. Das liegt zum einen an Uwe Boll oder dem Super Mario Bros. Film, zum anderen weil die Regisseure sich zu weit vom Spiel entfernen oder das Feeling nicht einfangen können. Dieses Jahr gab es zwei Blockbuster, die einen anderen Weg versuchten und wirklich den Massenmarkt überzeugen wollten. Auf der einen Seite haben wir den Film Warcraft, der nicht so gut ankam, und nun auf der anderen Seite Assassin's Creed. Dabei holte man sich Michael Fassbender (Shame, 12 Years a Slave) ins Boot. Jemand, der sowohl im Arthaus-, als auch im Blockbuster-Kino zu finden ist und immer glänzen konnte. Weiterhin noch Marion Cotillard (Inception, The Dark Knight Rises) und der Regisseur Justin Kurzel, der mit beiden Schauspielern schon in Macbeth zusammenarbeitete. Ein anspruchsvolles Projekt sollte entstehen und es sollte sich dabei ernst nehmen. Ein interessantes Filmprojekt, worauf ich schon das ganze Jahr sehr gespannt war.
Callum Lynch sieht die Ermordung seiner Mutter und danach gerät sein Leben auf die schiefe Bahn. Kein Wunder also, dass er später im Knast hockt und nun auf den Todesstuhl muss. Doch die Todesstrafe war nur ein Vorwand, um den akrobatischen Callum zu entführen. Dahinter steckt eine Vereinigung, die dazu in der Lage ist, mittels eines Computers, ihn genetisch die Erinnerungen seiner Vorfahren erleben zu lassen. Einer dieser Vorfahren ist ein gewisser Aguilar, der einen mysteriösen Bund entdeckte, die auf der Jagd nach einem mächtigen Artefakt sind. Dabei lernt Callum auch neue Fähigkeiten und kann diese wiederum in der Gegenwart einsetzen ...
Die Fans werden sich schon an der Art und Weise stören, wie Callum in die Vergangenheit reist. Nicht, wie in den Spielen, festgekettet an einem Stuhl, sondern mittels Greifarm, der das Ganze auch physisch simulieren lassen kann. Dabei sollten die Fans sich etwas locker machen und sich eher bedanken. Diese Änderung reizt das Medium Film voll aus und schafft eine neue Ebene. Oft springt man zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit oder vermischt gar beides. Wenn wir schon von der Vergangenheit reden, so hat man hier kein Szenario verwendet, was man bereits aus den Spielen kennt. In diesem Fall ist es das 15. Jahrhundert in Spanien, als dort die Inquisition den ungläubigen Bürgern das Fürchten lehrte. Man orientierte sich bewusst nicht an einem Spiel aus der Reihe und verwendete dadurch auch einen komplett eigenen Charakter. Dies ist tatsächlich auch eine gute Methode, ein Spiel zu verfilmen und man schafft sich damit viele Freiheiten.
Freiheiten, die man nicht ganz nutzen konnte. So arbeitet der Film sich an einzelnen Stationen ab und schafft es nicht wirklich gut die Charaktere aufzubauen. Zwar sind die Handlungen von Callum im Verlauf des Filmes eher nachvollziehbarer als bei den anderen Charakteren, dennoch kommen viele Entscheidungen sehr plötzlich oder folgen keiner logischen Konsequenz. Die restlichen Charaktere bleiben eher blass, auch die Handlung selbst lässt zu wünschen übrig. Zwar merkt man auch an, dass der Film etwas Besonderes sein will, er setzt das aber nicht konsequent um. Die Geschichte will mehr sein, als sie letztendlich ist. Ein Matrix ohne Anspruch auf Philosophie. Teilweise bleiben kleinere Handlungsstränge sogar ungeklärt oder sind nichts weiter als plot holes. Gerade den Abschnitten in der Gegenwart hätte man ruhig mehr Fleisch geben können. So muss der Zuschauer manche Sachen als gegeben hinnehmen oder es wird eine Fehde aufgebaut, die irgendwann nicht mehr thematisiert wird. Über das Ende wird auch noch zu reden sein, da es das gesamte Konzept auf den Kopf stellt.
Fassbender als Meuchelmörder wirkt einfach extrem stark. Ob er bald auch als Vorlage für die Spiele dienen wird?
Technisch liefert der Film etwas, was ich bisher so auch noch nie gesehen habe. Damit meine ich nicht die Effekte oder ähnliches, sondern schlichtweg die krassen Qualitätsunterschiede im Film. So sind manche Szenen stark in Szene gesetzt, während andere Kampfszenen von einem sehr merkwürdigen und schlechten Schnitt zerstört werden. Dafür sind die Kamerafahrten wirklich immer toll. Oft gibt es sehr lange Szenen ohne Schnitt durch eine Schlacht oder einer Menschenmasse hindurch und wirklich tolle Rundfahrten um ein Gebäude rum. Natürlich gibt es auch eine Szene, wo sich unser Held einmal fallen lässt und ja, die ist auch im Film großartig. Dabei hat der Film seinen eigenen Look, der wirklich gut aussieht und gerade die Szenen in Spanien sind großartig, wenn auch leider zu wenig. Was aber wirklich stört, ist das fehlende Blut. Will ich einen Splatterfilm? Natürlich nicht. Nur wenn es explizite Szenen gibt, wo auch gern mal Körperteile abgetrennt werden, dann sollte man sich überlegen ob Blut nicht doch dazugehört. Eine Szene wirkt dabei besonders lächerlich. Wenn jemanden die Kehle zerschnitten wird und die Kamera die ganze Zeit drauf hält, aber kein Tropfen Blut fließt, wirkt das Ganze dann doch sehr befremdlich oder unfreiwillig komisch. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten, entweder man schneidet sich gut da raus, wie in vielen Filmen auch schon gelungen, oder man setzt eben Blut ein. Das und der oft misslungene Schnitt trüben das Gesamtbild ein wenig. Dennoch sieht der Film gut aus und fängt den Charme beziehungsweise das Feeling vom Spiel sehr gut ein.
Dabei machen die Schauspieler das aber wenigstens gut. Fassbender als Meuchelmörder hat einfach was und seine Absicht, wie in mehreren Interviews bestätigt, wirklich einen guten Film abliefern zu wollen, merkt man sofort. Marion Cotillard spielt dabei die kalte aber vom Erfolg besessene Tochter von Alan Rikkin (Batman vs. Superman, High-Rise), der die ganze Einrichtung führt. Ansonsten kann sich der restliche Cast mit Brendan Gleeson (Am Sonntag bist du Tod, Harry Potter), Michael Williams (The Wire, Boardwalk Empire) oder Matias Varela (Game of Thrones), wirklich sehen lassen, auch wenn man das Potenzial sehr oft verschenkte. Zudem gibt es kein Comic Relief, wie man es aus anderen Blockbustern kennt und das ist auch verdammt gut so. Der Cast ist wie der Film, sehr ernst. Lacher gibt es nur wenige und würden auch nicht zum restlichen Film passen. Hier muss man Justin Kurzel dann loben. Zumindest der Ton bleibt konsequent und sticht etwas aus dem Blockbuster-Einheitsbrei heraus, etwas was man vom Soundtrack leider nicht sagen kann.
Fazit: Ein Blockbuster, der mehr sein will, als er ist. Dennoch eine gelungene Abwechslung, die definitiv Bock auf mehr macht, trotz der oben angeführten Schwächen. Ich bin schon gespannt, wie er bei den Fans ankommen wird, mich selbst lässt er mit gemischten Gefühlen zurück.