Unser Test zum Spiel: The Binding of Isaac: Rebirth [New 3DS exklusiv]
Man kann den organisierten Religionen dieser Welt ja viel vorwerfen, aber ganz zweifellos haben ihre langen Traditionen einige sehr gute Geschichten hervorgebracht. Auch wer darin keine göttlichen Wahrheiten vermutet, kann sich von ihnen fesseln lassen, aus ihnen lernen und Parallelen zu ganz aktuellen Themen erkennen. Beispielsweise kommen mir die Israeliten in den Sinn, die 40 Jahre durch die Wüste zogen, bis sie das Gelobte Land erreichten. Manch große Ziele und Wünsche scheinen einfach unerreichbar zu sein, doch Geduld und Hartnäckigkeit können sich auszahlen. So glaubten sicherlich wenige Nintendo-Fans daran, dass das Spiel The Binding of Isaac noch auf ihren Systemen erscheinen würde, nachdem der japanische Konzern seine Zustimmung für einen eShop-Release nicht erteilen wollte. Nach einer jahrelangen Odyssee ermöglichte ein finales Ja von Nintendo dann doch die Veröffentlichung des Remakes „Rebirth“ auf dem New Nintendo 3DS und der Wii U.
Isaacs Keller steckt voller Gefahren. Zum Glück findet er Waffen, um sich zu verteidigen.
Biblische Inspirationen enthält nicht nur dieser Test, sondern auch das Spiel. The Binding of Isaac: Rebirth spielt auf die Opferung (oder auch: „Bindung“) Isaacs an, die Gott im Alten Testament dessen eigenem Vater Abraham befahl. Die Art und Weise, wie diese Thematik aufgegriffen wird, kann man aus neutraler Sicht als kreativ, künstlerisch wertvoll und zum Nachdenken anregend beschreiben – oder einfach als ziemlich cool! Aus Sicht von streng gläubigen Christen, die schnell dazu neigen, sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt zu fühlen, kann diese Darstellung dagegen als gotteslästerlich und unverschämt angesehen werden. Tabus kennt das Spiel definitiv nicht! Das ist auch der Grund dafür, dass Nintendo so lange zögerte, diesem Projekt grünes Licht zu geben. Wer also aus religiöser Sicht sensibel ist, sollte die Finger von dem Titel lassen!
Die Rolle von Abraham übernimmt im Spiel Isaacs Mutter. Sie sieht sich gemütlich ihre religiösen Fernsehsendungen an, als eine Stimme von oben ihr mitteilt, dass sie ihren Sohn von seinen Sünden befreien soll. Dafür wird ihr zunächst aufgetragen, ihm diverse Spielsachen und Kleidung zu nehmen. Um das Böse von ihm fernzuhalten, soll das Kleinkind anschließend in sein Zimmer eingesperrt werden. Doch auch das ist der göttlichen Stimme nicht genug – schließlich soll die Mutter ihren eigenen Sohn töten. Sie zeigt sich sehr ergeben und führt jeden Befehl bereitwillig aus, aber Isaac entdeckt in seiner Panik eine Falltür, durch die er in den Keller flüchten kann, bevor ihn seine Mutter mit dem Messer erwischt.
An diesem Punkt beginnt das Spiel, in dem es eure Aufgabe ist, euch durch verschiedene Ebenen des Keller-Dungeons zu kämpfen, der voller bösartiger Gegner ist. Inspiriert wurde das Gameplay von klassischen 2D-Zelda-Dungeons, in denen man Raum für Raum voranschreitet. Das Spielprinzip ist recht einfach: Besiegt die Gegner in einem Raum, um den Zugang zu den Nachbarräumen freizulegen. Dafür schießt ihr wahlweise mit dem rechten Stick oder den Buttons Isaacs Tränen in (nur) vier Richtungen. Zudem könnt ihr Bomben und weitere Items finden, die euch im Kampf unterstützen. Auch Schlüssel, die verschlossene Räume oder Schatztruhen öffnen, und Münzen, mit denen sich Items kaufen lassen, können gesammelt werden. Der erfolgreiche Kampf gegen einen Endgegner markiert den Zugang zur nächsten Ebene.
Das optische und spielerische Design von Gegnern, Endbossen und Items kann man als kreativ, abwechslungsreich und hemmungslos bezeichnen. Es ist absolut unterhaltsam, sich immer weiter voranzukämpfen – einfach ist das aber nicht! Zwar sind einzelne Räume für sich genommen zumeist gut zu schaffen, aber ganz ohne Schaden gelingt das dann doch nicht immer. Dies macht sich an der Herzleiste bemerkbar. Wenn diese komplett geleert ist, ist das Spiel vorbei! Ihr beginnt anschließend wieder ganz von vorn. Eure Erfahrungen aus dem vorherigen Durchgang helfen euch dabei wenig, denn die Räume werden in jeder Runde neu und zufällig erstellt! Das bietet einerseits viel Potenzial für Frust, wenn das bisher Erreichte wieder für die Katz ist und im nächsten Versuch dann plötzlich direkt zu Beginn eine schwere Herausforderung generiert wird, an der man noch früher scheitert. Andererseits schafft es das Spiel, den Spieler immer wieder zu einem neuen Anlauf zu motivieren.
Langweilig wird The Binding of Isaac: Rebirth nicht so schnell, weil man immer wieder auf neu designte Räume sowie coole Waffen und Items trifft. Eine zusätzliche Motivation bieten freischaltbare Charaktere und Herausforderungen. So kann man teilweise stundenlang an den Bildschirm gefesselt werden, obwohl der Gesamtumfang eigentlich gar nicht so gewaltig ist. Gewissermaßen zieht ihr tapfer weiter durch die Wüste, ohne zu wissen, wie viel Weg ihr noch vor euch habt, aber ihr wisst genau, dass man es schaffen kann, das Gelobte Land zu erreichen – und wenn nicht heute, dann bestimmt morgen! Dabei ist diese Wüste aber kein trostloser Ort, sondern ein Spielplatz voller Überraschungen. Es bleibt die Erkenntnis: Der Weg ist das Ziel!
Vielleicht fragt ihr euch, auf welcher Plattform ihr diesen Weg beschreiten solltet. Inhaltlich wurde der Titel verlustfrei und auch unzensiert auf die Nintendo-Systeme portiert. Nicht bekannt ist aber zum Zeitpunkt dieses Tests, ob erweiternde DLCs wie der kürzlich veröffentlichte „Afterbirth“ auch noch für diese Konsolen umgesetzt werden. Aus technischer Sicht muss man aber keine Abstriche befürchten. Die Umsetzungen bewegen sich auf dem Niveau der anderen Konsolenfassungen, allerdings hat dies zur Folge, dass nur Besitzer des New Nintendo 3DS in den Genuss des Spiels kommen, während der ursprüngliche 3DS nicht bedient wird. Um ehrlich zu sein, kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum dieser Schritt notwendig war, zumal ich schon deutlich aufwändigere Titel auf dem alten 3D-Handheld gesehen habe. Vielleicht ist es die Performance bei vielen zugleich dargestellten Gegnern, die Probleme machte, aber letztlich kann ich das nicht beurteilen. Sogar auf einen 3D-Effekt verzichtet die N3DS-Version – schade!
Wii U-Besitzer dürfen The Binding of Isaac: Rebirth wahlweise auf dem GamePad oder dem Fernseher bewundern. Wird letztere Variante gewählt, dient der zweite Bildschirm wie auch beim New 3DS zur Anzeige einer Übersichtskarte. Diese wird beim Spielen ohne Fernseher verkleinert in einer Ecke des Bildschirms eingeblendet. Ansonsten gibt es keine nennenswerten Unterschiede zwischen beiden Versionen – ihr habt also die klassische Wahl zwischen den größeren Bildschirmen auf der Wii U und der uneingeschränkten Mobilität des New 3DS. So oder so sieht The Binding of Isaac ansprechend, aber nicht spektakulär aus und liefert mit der passenden Hintergrundmusik eine angespannte, stimmungsvolle Atmosphäre, die ihren Teil zum Spaß am Erkunden der immer neuen Räume beiträgt.
Auch die Endgegner sind abgedreht. Isaac bekämpft diesen Kopf mit Tränen.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit