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Sonic Frontiers läutet die nächste Generation der Reihe ein – Producer Takashi Iizuka in unserem Interview Spezial

In wenigen Wochen erscheint am 8. November 2022 mit Sonic Frontiers eines der meisterwarteten Sonic-Spiele seit Jahren. Nach drei erfolgreichen Jahrzehnten versucht SEGA, die beliebte Marke mit dem neuen Open Zone-Design grundlegend zu revolutionieren. Bereits auf der diesjährigen gamescom hatten wir die Möglichkeit, dem Producer des Spiels und Chef des Studios Sonic Team, Takashi Iizuka, einige Fragen zu stellen. Im Rahmen eines exklusiven Preview-Events, das am 18. und 19. Oktober 2022 auf Hawaii stattfand, hat sich Iizuka-san freundlicherweise bereit erklärt, uns erneut Rede und Antwort zu stehen.


Das Interview führten wir nach einer mehrstündigen Anspiel-Session, in der wir uns selbst einen Blick von Sonic Frontiers machen konnten. In der dazugehörigen Vorschau findet ihr unsere Eindrücke zum neuen Open-Zone-Abenteuer. Wenn ihr wiederum einen Blick auf unser erstes Interview mit Iizuka-san werfen möchtet, findet ihr den Text hier.


Takashi Iizuka im Interview zur Preview von Sonic Frontiers


ntower.de: Iizuka-san, vielen Dank, dass Sie sich erneut die Zeit nehmen, einige unserer Fragen zu beantworten. Das ist heute ja bereits unser zweites Interview zu Sonic Frontiers. Wir haben auf der diesjährigen gamescom über das Spiel gesprochen und dabei unter anderem die neue Open Zone sowie einige Herausforderungen erläutert, denen sich das Team in der Entwicklung stellen musste. Vielleicht können wir unser Gespräch nochmal mit einer kurzen Zusammenfassung starten. Sonic the Hedgehog ist seit 30 Jahren ein bekannter und beliebter Charakter. Millionen von Menschen haben die Spiele des blauen Igels gespielt. Was ist so neu und anders an Sonic Frontiers?


Takashi Iizuka hat auf einem exklusiven Preview-Event zu Sonic Frontiers erneut einige unserer Fragen beantwortet.

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Takashi Iizuka: Das Team hat sehr hart am neuen Open-Zone-System gearbeitet und kann es jetzt in Sonic Frontiers präsentieren. Es ist ein großer Sprung gegenüber Sonic Adventure, als wir die High-Speed-Action als Element der Serie etabliert haben. Wir machen jetzt einen weiteren Sprung mit dem neuen Open-Zone-Format.


Bereits in unserem letzten Interview haben Sie erklärt, dass sich die Open Zone grundlegend von einer Open World unterscheidet, weil die klassische High-Speed-Action auf das offene Areal übertragen wird. Das Spiel ist in diesem Sinn kein Adventure wie beispielsweise Breath of the Wild. Interessant ist dabei, dass Sonic und seine Freunde mit den Starfall Islands gleich eine Reihe von Open Zone-Arealen erkunden. Warum haben Sie sich dafür entschieden, mehrere in sich geschlossene Areale zu entwickeln, statt eine große Open Zone für das gesamte Abenteuer zu haben?


Takashi Iizuka: Am Anfang hatten wir ein Problem mit den Begrenzungen, die uns durch den Arbeitsspeicher der Hardware vorgegeben wurden. Wir dachten uns, dass eine zu große Spielwelt es unmöglich machen würde, in den Grenzen des Arbeitsspeichers zu bleiben. Also haben wir mit einer Insel angefangen und Sonic auf dieser Insel frei herumlaufen lassen. Doch beim Testen haben wir realisiert, dass die Insel viel zu klein war, um dem Open-Zone-Format gerecht zu werden, das wir uns vorgestellt hatten.


Die einzige Lösung bestand darin, die Insel größer zu machen. Und wir haben sie so groß gemacht, dass uns klar war, dass wir so wieder Probleme mit dem Arbeitsspeicher bekommen könnten. Da wir die Idee mit den Inseln bereits entwickelt hatten, wollten wir an diesem Konzept festhalten, auch wenn es vielleicht möglich gewesen wäre, ein zusammenhängendes Areal zu entwickeln.


Wir hatten die Möglichkeit, Sonic Frontiers hier auf Hawaii ausführlich anzuspielen. Als Sonic-Fan sticht einem dabei ins Auge, dass es trotz des neuen Formats viele vertraute Elemente in der Spielwelt gibt. Man erkennt beispielsweise die Schienen und die Bumper, die einem aus früheren Spielen bekannt sind und in eine bestimmte Richtung weisen. Welche Rolle haben diese traditionellen, eher linearen Action-Elemente bei der Konzeption der Welt gespielt?


Takashi Iizuka: Eine zentrale Idee dieser Inseln ist, dass sie unbekannte Orte darstellen. Wir wollen, dass Spieler sie als mysteriöse Orte wahrnehmen, die man erkunden kann. Am Anfang haben wir deshalb eine Insel erstellt, die völlig frei von Trennwänden, Schienen und sonstigen bekannten Elementen der Sonic-Spiele war. Aber als wir das getan haben, haben wir realisiert, dass es sich nicht mehr wie ein Sonic-Spiel anfühlt. Das spezielle Sonic-Gefühl fehlte einfach, weil wir diese vertrauten Elemente nicht in der Welt hatten.


Der Cyberspace hatte als linearer Actionabschnitt natürlich noch all diese Elemente, deswegen fühlten sich diese Areale auch passend an. Für die Open Zone ist die freie Bewegung eine Voraussetzung, aber für das echte Sonic-Gefühl und die Action, die die Leute kennen und lieben, brauchten wir die vertrauten Elemente. Deshalb haben wir uns entschieden, die Wände, Schienen und all die anderen klassischen Elemente wieder einzubauen.


Die Cyberspace-Abschnitte basieren auf Sonics Erinnerungen und bieten euch ein klassisches Spielgefühl.

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Da Sie die Cyberspace-Abschnitte ansprechen: Die Story von Sonic Frontiers dreht sich darum, dass Sonic und seine Freunde in den Cyberspace gesogen werden und entkommen müssen. Die Cyberspace-Abschnitte basieren auf Sonics eigenen Erinnerungen, deshalb fühlen sie sich bekannt und vertraut an. Sie scheinen aber kein Eins-zu-eins-Nachbau der klassischen Level zu sein, auf denen sie basieren, sondern eher ein Neuentwurf der bekannten Strecken. Wie nahe haben Sie sich bei der Gestaltung der Abschnitte an bekannten Originalen wie der Green Hill Zone orientiert und welche neuen Elemente wurden hinzugefügt?


Takashi Iizuka: Ja, der Cyberspace basiert auf Sonics Erinnerungen. Das heißt, dass all die Orte und Dinge, die Sonic und wir als Spieler gesehen haben, sich in dieser Welt wiederfinden. Das bezieht sich aber nicht nur auf das Aussehen der Welt. Es wird Dinge geben, die man sieht und von denen man beispielsweise sagt: „Oh, das ist ja Green Hill, ich weiß, wie das aussieht.“ Weite Teile des Leveldesigns sollen aber neue Erfahrungen bieten. Das Team hat deshalb bei null angefangen und all diese neuen Inhalte kreiert, damit Leute sich daran erfreuen können.


Wenn wir alle Cyberspace-Abschnitte aneinanderreihen würden, hätten wir wahrscheinlich genügend Inhalte zusammen, um ein eigenes Spiel daraus zu machen. Das Team wollte aber noch einen Schritt weitergehen. Vielleicht kann man es als Fanservice oder als Easter Egg beschreiben: Es sind nicht nur die Designs der Welten, sondern auch das Leveldesign und die Erfahrung beim Spielen, die großen Sonic-Fans sehr bekannt vorkommen dürften. Nicht nur das Aussehen der Level wird den Spielern also vertraut vorkommen, sondern auch das Gameplay der neuen Abschnitte wird klassische Elemente haben, an denen sich die Leute hoffentlich erfreuen werden.


Ein Element, das komplett neu ist, ist das Kampfsystem. Zum ersten mal haben wir in einem Sonic-Spiel einen Fähigkeitenbaum, der Sonic das Erlernen neuer Angriffe und Aktionen erlaubt. Warum haben Sie sich dazu entschieden, dieses fast schon rollenspielartige Element in Sonic Frontiers einzubauen? Und wie passt das Kampfsystem in das Open-Zone-Konzept?


Takashi Iizuka: Sonic Frontiers ist ein High-Speed-Action-Adventure, also kein Rollenspiel in diesem Sinn. Aber wenn wir über die Open Zone reden, dann reden wir natürlich auch darüber, den Spielern Möglichkeiten zu geben, die Welt auf verschiedene Arten und Weisen zu erschließen. Die Story wird unabhängig davon vorangetrieben, für welche Vorgehensweise man sich entscheidet.


In Sonic Frontiers erwartet euch ein völlig überarbeitetes Kampfsystem.

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Bosskämpfe erfolgreich abzuschließen ist also nicht zwingend notwendig, um die Geschichte zu erleben. Man kann sich einfach dafür entscheiden, ihnen auszuweichen oder andere Stellen der Welt zu erkunden. Oder anders gesagt: Wenn diese Bosskämpfe nicht spaßig sind, dann wird niemand sie wirklich meistern wollen. Um der Idee der Open Zone und der damit verbundenen Freiheit der Spieler gerecht zu werden, brauchten wir also einen Fähigkeitenbaum, der Leuten die Möglichkeit gibt zu sagen: „Hey, ich würde gerne gegen starke Gegner kämpfen, und dafür möchte ich Fähigkeiten einsetzen, die es für mich einfacher oder spaßiger machen, mich Gegnern zu stellen.“ Wenn Leute stattdessen lieber die High-Speed-Action-Abschnitte meistern und Kämpfen ausweichen möchten, können sie natürlich auch das tun. Dieser Fokus auf Freiheit erlaubt es den Spielern, ihren eigenen Weg in der Welt zu finden.


Wenn wir darüber reden, Spielern die freie Bewegung in der Welt zu ermöglichen, ist Orientierung von zentraler Bedeutung. Spieler müssen sich orientieren können, um in der Welt Aufgaben, Gegenstände oder Orte zu finden, die sie interessant finden. Wie haben Sie die Herausforderung gemeistert, auf der einen Seite viele Freiheiten mit einem schnellen Charakter zu haben und den Spielern gleichzeitig eine gewisse Orientierung zu bieten?


Takashi Iizuka: Sonic Frontiers ist kein RPG oder Adventure, bei dem man mit Leuten reden muss, um einen bestimmten Ort zu finden oder ein Geheimnis zu entdecken. Das ist nicht, worum es im Spiel geht. Es ist ein Actionspiel, und Actionspiele müssen Spaß machen, wenn man selbst Action erlebt. Das ist die Grundlage, von der aus wir starten. Die Story sagt Ihnen, wo Sie als nächstes hingehen müssen. Diese Orientierung wollten wir Spielern mitgeben.


Sie können natürlich hingehen, wohin Sie wollen, aber die Story gibt Ihnen eine grobe Richtung vor. Während Sie zum nächsten Ort der Handlung gehen, sehen Sie an der Seite vielleicht einen Boss, der abseits des direkten Weges liegt, den Sie aber vielleicht interessant finden und sich anschauen möchten. Wir haben viele Elemente in der Welt, die so funktionieren. Wir möchten, dass die Spieler die Welt interessant finden und die Dinge abseits der direkten Aufgabe erkunden. Durch das Entdecken und Meistern dieser Aufgaben erleben die Spieler mehr von der Insel und vom Open-Zone-Gameplay, als es allein im Rahmen der Handlung möglich wäre.


Wenn man Sonic Frontiers selbst spielt, wird man schnell feststellen, dass die Welt voller kleiner Puzzles ist, denen man begegnet. Man kann mit Sonics neuer Cyloop-Fähigkeit Dinge in der Welt reparieren oder man muss auf einer Plattform den richtigen Weg finden, indem man Lichtern folgt. All diese Elemente sind sehr unterschiedlich, passen aber gut zusammen. Was hat Sie dabei inspiriert, diese vielen verschiedenen Puzzle-Elemente zusammenzutragen?


Abseits der Haupthandlung erwarten euch viele Aktivitäten, von Rätseln bis zum Fischen.

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Takashi Iizuka: Die Puzzles, die Cyberspace-Welten und die Bosskämpfe sind die zentralen Elemente, die wir gerne im Spiel haben wollten, um in Sonic Frontiers viel Abwechslung zu bieten. Viele der Puzzles würden für sich genommen in einem High-Speed-Action-Spiel wie Sonic eigentlich keinen Platz finden, denn man müsste mit Sonic anhalten und zunächst ein Rätsel lösen, um weiterlaufen zu können. Aber wir wollten sie als etwas Neues und Abwechslungsreiches ins Spiel bringen, um den Spielern zusätzliche Aufgaben zu geben, für die sie belohnt werden. Wenn man Rätsel löst, deckt man einen Teil der Karte auf, was wiederum die Erkundung erleichtert.


Am Anfang der Entwicklung dachten wir, dass die Puzzles im Vergleich zum Cyberspace und den Bosskämpfen nur eine untergeordnete Rolle spielen würden. Als das Team alles zusammengefügt hat, haben wir aber realisiert, dass diese Puzzles ein wichtiger Teil der Spielerfahrung sind. Deshalb dachten wir uns, wir müssen noch mehr Puzzles bieten und sie noch besser an Sonics Fähigkeiten anpassen, um in das übergeordnete Open-Zone-Gameplay von Sonic Frontiers zu passen.


In unserem letzten Gespräch sagten Sie, dass die neue Open-Zone-Formel den zukünftigen Markenkern von Sonic the Hedgehog ausmachen wird. Sie haben auch gesagt, dass Sie sich der Tatsache bewusst sind, dass einige Fans die lineare Spielerfahrung der klassischen 2D- und 3D-Sonic-Spiele bevorzugen. Wie werden Sie mit dieser Bandbreite von Vorstellungen umgehen? Werden klassische Elemente, beispielsweise in Form der Cyberspace-Welten, weiterhin Teil der Hauptspiele sein oder werden wir unterschiedliche Typen von Sonic-Spielen bekommen, die jeweils eine Zielgruppe abdecken werden?


Takashi Iizuka: Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir die Pixel-Spiele als die erste Generation der Sonic-Spiele. Die Technologie entwickelte sich weiter, sodass wir mit Sonic Adventure eine 3D-Spielerfahrung bieten konnten. Selbst bei dieser ersten Veränderung standen wir vor dem Dilemma, dass sowohl die 2D- als auch die 3D-Erfahrung den spielerischen Kern von Sonic ausmachen, obwohl sie sehr unterschiedliche Spiele sind. Wenn wir aufgehört hätten, 2D-Spiele zu entwickeln, wäre dieser Teil der Sonic-Marke verloren gegangen und wir wissen, dass es viele Fans gibt, die diese Erfahrung bevorzugen. Selbst in dieser Zeit hat die Kombination von 2D- und 3D-Veröffentlichungen dafür gesorgt, dass für alle Sonic-Fans immer etwas dabei ist, das sie anspricht.


Auch mit dieser dritten Generation der Sonic-Spiele wollen wir das berücksichtigen. Viele Leute mögen noch immer das klassisch-lineare 2D-Gameplay und viele Leute mögen auch die lineare 3D-Action aus Sonic Adventure und den darauffolgenden Spielen. Wir wollen diese Spielerfahrungen weiterhin den Fans bieten, die daran ihre Freude haben. Die neue Open-Zone-Formel wird in Zukunft aber den Kern der Sonic-Marke ausmachen. Die Sonic-Hauptreihe wird deshalb auf diesem neuen Format aufbauen und die Open Zone weiterentwickeln.


Iizuka-san, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten!

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Relevante Spiele

  • Sonic Frontiers

    Systeme: Nintendo Switch

    Genre: Platformer, 3D

    Yeah! 3
    Cover von Sonic Frontiers


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