© Danijel Žeželj / avant-verlag 2023

Wie ein Hund in unserer Graphic-Novel-Rezension: Sind Kafkas Werke noch relevant?

Erzählungen von Franz Kafka als Graphic Novel visuell umgesetzt, wie soll das denn gehen? Wir bei ntower haben es uns neben der Videospiel-Kultur auch zur Aufgabe gemacht, andere Kulturformen mit in unsere Arbeit einfließen zu lassen. Es gibt ja auch unter unseren Lesern viele, die nicht nur ausschließlich Videospiele konsumieren. Hin und wieder lesen sowohl wir als auch ihr mitunter dann sogar Klassiker wie die Erzählungen oder Romane von Franz Kafka. Im Jahr 2024 feiern die Feuilletons aller großen deutschen Redaktionen allerorten das Kafka-Jahr, weil der Schriftsteller genau vor 100 Jahren verstorben ist. Wir möchten euch heute den Versuch einer grafischen Umsetzung von Kafkas Werken präsentieren, die im deutschsprachigen Raum in diesem Jahr nicht allein bleiben wird.


Schemenhafte Gestalten machen einen Großteil des Reizes dieser Graphic Novel aus

© Danijel Žeželj / avant-verlag 2023

Der kroatische Maler und Comiczeichner Danijel Žeželj, der in seinem von expressionistischer Malerei beeinflussten Comicstil schon Vincent van Gogh ein Denkmal gesetzt hat, erschafft mit „Wie ein Hund“ eine Collage zu Textfragmenten und kurzen Geschichten von Franz Kafka. Als Hauptwerk dient Žeželj dabei Kafkas Erzählung „Ein Hungerkünstler“, die er hier mit beeindruckenden schwarz-weißen Collagen und Schattenspielen grafisch umsetzt. Das kommt im ersten Moment eher bedrückend herüber, passt aber zur erzählten Geschichte.


So galten Hungerkünstler im vorletzten Jahrhundert noch als Attraktion für das Volk, wurden sie doch an öffentlichen Plätzen zur Schau gestellt. Über mehrere Tage, gar Wochen stellten sie die Nahrungsaufnahme komplett ein, lediglich Flüssigkeiten nahmen sie zu sich. Unter den wachsamen Augen von Aufpassern, die überprüften, dass der Hungernde nicht doch durch Täuschung etwas zu Essen aufnahm, wurde die Performance-Kunst beobachtet. Immer wieder strömten die Einwohner des Städtchens zum öffentlichen Platz, wo der Künstler darbte. Daraus zog der Künstler auch seine Kraft und vegetierte damit bis zu 40 Tage auf einem Podest dahin, bis ihn dann in einem feierlichen Akt heruntergeholfen und etwas zu Essen kredenzt wurde.


Wäre es nach dem Hungerkünstler gegangen, er hätte auch mehr als 40 Tage ausgehalten, jedoch stellte man als Schausteller schnell fest, dass das Interesse vom Volk nach den 40 Tagen rapide abnahm, weswegen eine Obergrenze festgesetzt wurde. Schließlich wollte man immer noch Geld verdienen mit der Willenskraft des Einzelnen.


Nach einiger Zeit wurden die Hungerkünstler immer unpopulärer und weniger, weswegen die Verpflichtung dieser abnahm, bis sie schließlich kaum noch jemand sehen wollte. Vereinzelt wurden diese dann von einem Zirkus aufgenommen, aber auch da konnten sie nicht gegen die Anziehungskraft von wilden Tieren bestehen. Eine im wahrsten Sinne des Wortes aussterbende Tätigkeit.


Danijel Žeželj setzt die Erzählung „Ein Hungerkünstler“ in großformatigen Bildern um und präsentiert uns Lesern die in Schwarz-Weiß-Kontrasten gehaltenen Szenen auf knapp 80 Seiten. Dort mischt er in seine kantigen expressionistischen Zeichnungen auch realistisch anmutende Elemente, wie sie in einem Schwarz-Weiß-Film vorkommen könnten. In diese Erzählung mischt er weitere Elemente aus anderen Kurzgeschichten Kafkas wie „Eine kaiserliche Botschaft“ oder „Der Geier“. Entweder entnimmt er Versatzstücke daraus und setzt sie grafisch um oder er bindet Textelemente aus den Erzählungen unmittelbar bei sich ein.


Abgerundet wird die Veröffentlichung des avant-verlages mit den entsprechenden Texten zu den von Žeželj eingesetzten Stücken Kafkas am Ende des Buches. So kann man den direkten Vergleich zwischen Textvorlage und grafischer Umsetzung ziehen. Mehr Beispiele zur künstlerischen Umsetzung könnt ihr euch in der Vorschau auf der entsprechenden Seite des Verlages hier anschauen.


Wie ein Hund ist erschienen im avant-verlag:

  • ISBN: 978-3-96445-119-4
  • 104 Seiten
  • schwarzweiß
  • 20,5 x 29 cm
  • Softcover
  • 22,00 Euro

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Unser Fazit

Meinung von Dennis Gröschke

Für das Schaffen Franz Kafkas ist es nie zu spät, da bleibt einem als Leser immer wieder etwas zu entdecken. Während meiner Schulzeit haben wir „Die Verwandlung“ gelesen, aber auch später begegnete mir der Autor auf meinem weiteren Werdegang, bis hin zur aktuell vorliegenden Graphic Novel einiger seiner Erzählungen. Neben den weiteren Neuerscheinungen in diesem Jahr zum 100. Todestages von Kafka zählt „Wie ein Hund“ von Žeželj bereits jetzt zu einem kleinen Highlight, auch wenn ich die anderen Werke noch nicht gelesen habe. Für Neulinge bietet sich hier ein guter Start, weil ihr sowohl den Ursprungstext als auch die grafische Umsetzung bekommt und damit einen Vergleich herstellen könnt. Von hier aus bleiben euch weitere spannende Romane und Erzählungen von Kafka, die ihr weiterführend entdecken könnt.

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Kommentare 3

  • Pogopuschel

    entkam der Hölle

    Ich muss zugeben, dass ich mich mit Kafka, obwohl er mir ein Begriff ist, noch nie tiefergehend beschäftigt habe. Soweit ich mich erinnern kann, haben wir uns während meiner Schulzeit nie ausführlich mit ihm beschäftigt.



    Dementsprechend kann ich nicht einschätzen, ob sich mit Kafka zu beschäftigen, zwangsläufig gleich mit Politik zu tun hat. Aber wenn es hier um Kafka geht, darf man auch in den Kommentaren etwas über ihn schreiben.

    Zitat von Community-Regeln

    14. Diskussionen, die sich mit Politik, Weltanschauung und ähnlich brisanten Themen befassen, sind in unserem Forum zu unterlassen und werden als Off-Topic verwarnt. Sollte eine News sich mit einem politischen Thema befassen, sind politische Diskussionen in einem gewissen Rahmen vertretbar, sofern diese nicht zu sehr ins Off-Topic rutschen. Achtet bitte besonders bei so empfindlichen Themen auf einen fairen und respektvollen Umgang untereinander, auch wenn ihr unterschiedlicher Meinung seid.



    Edit: Der Beitrag, auf den ich mich bezogen hab, ist mittlerweile gelöscht. Ich lasse meinen trotzdem mal stehen.

  • UNCLDNS

    Turmheld

    Man merkt sie sind im Äpfel & Birnen - Business unterwegs :D


    Es geht hier um ein Werk und nicht darum, dass darin behandelte Thema hitzig zu diskutieren und am besten wieder Rückschlüsse zu aktuellen politischen Themen zu ziehen.


    Pro-Tipp: Forenregeln nicht nur kennen, sondern optimaler Weise auch verstehen!


    Zitat

    Edit: Der Beitrag, auf den ich mich bezogen hab, ist mittlerweile gelöscht. Ich lasse meinen trotzdem mal stehen.

    Same here.

  • Mayhem89

    Turmheld

    Würde tatsächlich mal gerne von diesem Zeichner auch was zu Nietzsches Werken sehen. 2001 odyseey im Weltraum ist es ja im Finale angegangen mit den verschiedenen entwicklungen des Protagonisten der am ende neu zur Erde zurückkehrt. Mag es das es gerade im europäischen Berreich Verlage gibt die abseits von den immer gleichen Heldencomics sowas Veröffentlichen