Impressionen zum VR-Modus aus Super Mario Odyssey und The Legend of Zelda: Breath of the Wild Spezial
Geschrieben von Daniel Kania am 28.04.2019
Nintendo und Virtual Reality – lange Zeit hat das nicht zusammengepasst, bis schließlich das Nintendo Labo: Toy-Con 04 - VR-Set vorgestellt wurde. Tatsächlich hat der Kyoto-Konzern schon seit mehreren Jahren überlegt, wie man die neumodische VR-Technologie einsetzen könnte. Das erste Virtual Reality-Erlebnis schlussendlich durch Pappe zu ermöglichen, ist vielleicht nicht die eleganteste Lösung, dafür aber der „Nintendo-typischste“ Weg. Kinder und Kindgebliebene können auf diese Weise VR kennenlernen, damit experimentieren und es sich zu eigen machen. Und neuerdings können sie damit auch in die Welt von Super Mario und The Legend of Zelda eintauchen.
Am 26. April veröffentlichte Nintendo Updates zu zwei seiner größten Evergreen-Titel auf der Nintendo Switch: Super Mario Odyssey und The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Besitzer der VR-Brille aus dem Nintendo Labo: Toy-Con 04 - VR-Set können diese nutzen, um in verschiedenen Ländern von Marios Weltreise kleine Aufgaben zu erfüllen, oder um das verwüstete Hyrule so zu sehen wie noch nie zuvor. Dieser Bericht dient primär dazu, meine Impressionen vom VR-Modus in beiden Spielen mit euch zu teilen und gleichzeitig zu beurteilen, ob es sich lohnt, diesen ausgiebig auszutesten.
Super Mario Odyssey
Den Anfang macht Super Marios jüngstes 3D-Abenteuer. Seit 1996 schon steuern Spieler den pummeligen Klempner durch die verschiedensten Areale in der dritten Dimension. Zuerst war der Perspektivenwechsel für viele Zocker ein großes Hindernis. Die Abstände zwischen Plattformen einzuschätzen oder auf den Kopf eines Gumbas zu hüpfen, ist nicht so leicht gewesen wie noch in Marios platten 2D-Abenteuern. Das ist auch Nintendo aufgefallen. 3D-Abenteuer verkauften sich tendenziell schlechter als 2D-Spiele. Um dem entgegenzuwirken, wurden Super-Assistenten, Begleit-DVDs und weitere Maßnahmen herangezogen, damit Konsumenten mit dem Spielen in einer 3D-Umgebung zurecht kommen. Der stereoskopische 3D-Effekt bei Super Mario 3D Land oder besonders agile Fähigkeiten wie die von Katzen-Mario in Super Mario 3D World gehören ebenso zu Nintendos Maßnahmen, 3D-Spiele zugänglicher zu machen.
Nun mag man meinen, der VR-Effekt der Nintendo Switch, welcher mit einem leichten 3D-Effekt daherkommt, sollte ebenso für ein zugänglicheres Spielerlebnis sorgen. Dies ist aber leider nur bedingt der Fall. Die Perspektive, welche in den Missionen eingenommen wird, fällt äußerst beschränkt aus. Es wirkt, als würde man durch die Augen einer Überwachungskamera blicken. Durch die freie Kontrolle darüber, wo man von seiner stationären Position aus hinsieht, kommt der VR-Flair zustande.
Problematisch wird dies allerdings, wenn man seiner Spielfigur mit der Kamera hinterherjagen muss. Noch problematischer wird es, wenn sich Mario weit von der Kameraposition entfernt. Mit dem L- oder R-Knopf lässt sich zwar ins Geschehen reinzoomen, dies hilft allerdings nur wenig. Die Bildschirmauflösung des Nintendo Switch-Bildschirms ist zu gering, als dass man genaue Details ausmachen könnte. Das wäre auch nicht weiter schlimm, würde man nicht präzise Sprünge in einer 3D-Landschaft verlangen. Ich fühlte mich teilweise wie ein blutiger Plattformer-Anfänger – und das, obwohl ich schon mit Mario umhergesprungen bin, bevor ich richtig lesen und schreiben konnte. Dass ferne Objekte besonders verschwommen dargestellt werden, erschwert das Platforming-Gameplay zusätzlich.
Glücklicherweise wurden die spielbaren Areale nicht allzu weitläufig gehalten, sodass ein Agieren aus weiter Distanz nicht häufig gefordert ist. Es ist jedoch schade, dass Türen verschlossen und die Möglichkeiten der verfügbaren Spielabschnitte nicht komplett ausgereizt wurden. Das macht die neuen Missionen zu einer kurzen Spielerei mit „Tech Demo“-Charakter. Wie viel mehr hätte man von diesem kostenlosen Update allerdings erwarten sollen?
Im Schlemmerland kommt der VR-Effekt besonders gut rüber. Speziell der Kontrast zwischen nahen und fernen Objekten ist hier gelungen. Insgesamt führte das Spielen im VR-Modus bei mir zu keinen Problemen. Die Bewegungen mit der VR-Brille wurden sauber ins Spiel übertragen, sodass ein Schwindelgefühl kaum auftauchte. Zu lange am Stück spielen sollte man so trotzdem nicht. Je nach Person kann die Zeit, die man problemlos im VR-Modus verbringen kann, stark variieren. Gelegentliche Pausen sind also zu empfehlen. Das gilt übrigens nicht nur für eure Augen, sondern auch für eure Arme, denn das Halten der VR-Brille ist schon nach sehr kurzer Zeit anstrengend und wird ohne eine Stütze nur umso belastender. Lange Spielrunden sind so eher nicht empfehlenswert.
Clever: Selbst wenn ihr nicht im Besitz der passenden VR-Brille seid, könnt ihr die neuen Inhalte von Super Mario Odyssey ausprobieren. Dabei wird die Steuerung aus dem VR-Modus übernommen, allerdings blickt ihr ganz normal im Handheld-Modus auf eure Nintendo Switch-Konsole. Das Spiel wird dann regulär in einem Bild wiedergegeben. Schaut euch die kleinen Herausforderungen also ruhig einmal an. Für VR-Liebhaber gibt es außerdem die Zwischensequenzen des Abenteuers in einer VR-Fassung. Die Frage ist nur: Wer schaut sich die mehr als einmal an?
The Legend of Zelda: Breath of the Wild
Schon über zwei Jahre ist es her, seit wir uns mit Link erstmals aus dem Schrein des Lebens getraut haben. Das verwüstete Hyrule aus The Legend of Zelda: Breath of the Wild mit eigenen Augen zu sehen, war ein erschreckender und atemberaubender Moment zugleich. Viele Verschiebungen und Lückenfüller hat man überdauert, um endlich dieses eine kolossale Abenteuer zu erleben. Mittlerweile gehört das Spiel für einige zu den größten Errungenschaften der Videospielgeschichte – und das auch nicht unbegründet. Lohnt sich allerdings der erneute Ausflug, nun wo wir die Spielewelt in VR betrachten können? Es ist eine schwierige Frage, auf die es keine genaue Antwort gibt. Ja und Nein würde ich sagen, die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen.
So sieht es aus, wenn man sich den Nintendo Switch-Bildschirm im VR-Modus mit bloßem Auge ansieht. Kakariko haben wir so noch nie gesehen.
Ich startete dort, wo ich das letzte Mal meinen Spielstand abgespeichert habe: in Kakariko. Das von Bergen umhüllte Dorf mit charmantem Japan-Flair hat sofort schöne Erinnerungen an die Nintendo Switch-Anfangszeit zurückgebracht. Die Umgebung wirkte allerdings anders, als ich sie im Kopf behalten habe. Matschiger und wenig klar. Dieses Mal war dies nicht dem (zu häufig auftretenden) Regen verschuldet, sondern der neuen VR-Optik.
Im VR-Modus stellt die Nintendo Switch das Spielgeschehen zweimal dar, wie sicher schon anhand so manchem Bild in diesem Artikel festgestellt wurde. Das sonst so klare Bild wird dupliziert und abgerundet. Den Rest des Zaubertricks erledigt dann der Linsen-Part der VR-Brille. Es sollte offensichtlich sein, dass der 720p-Bildschirm der Nintendo Switch damit nicht für den gewohnten Detailheitsgrad sorgen kann. Es ist vor allem am Bildschirmrand ziemlich knifflig, Texte zu lesen, was ein No-Go für ein so textreiches Spiel ist. Während Super Mario Odyssey dies mit seinem möglichst simplen und sauberen Stil zu retuschieren versucht, gelingt dies Breath of the Wild kein Stück. Der Mix aus Realismus und Cel-Shading mag in seiner Basisform zwar hübsch aussehen, bei der Umwandlung in VR geht aber viel von der Magie verloren. Übrig bleibt in den Spieleraugen nur ein verwaschenes Bild, welches schnell für Ernüchterung sorgt. Und schon bald darauf für ein weitaus unangenehmeres Spielgefühl.
Es hat nur wenige Sekunden gedauert, bis ich erste Anzeichen von „Motion Sickness“ verspürt habe. Schuld ist die äußerst seltsame Kamerasteuerung durch das Bewegen mit der VR-Brille. Anstatt sich in der Welt umsehen zu können – so hat es auch Super Mario Odyssey umgesetzt –, kreist die Kamera um Link herum. Praktisch kann dadurch der rechte Stick ersetzt werden. Entsprechend entfernt sich die Kamera von Link, wenn man nach unten schaut, und nähert sich Link, wenn man nach oben schaut. Allein beim Gedanken dieser fragwürdigen Kamerasteuerung kommt mir bereits wieder ein Schwindelgefühl auf. Noch ist aber nicht alles verloren: In den Einstellungen kann das Schwenken der Kamera durch Bewegung ausgeschaltet werden. Ein Problem eliminiert. (Eine sanfte Kameraführung ist übrigens allgemein zu empfehlen. Dazu kann die Sensitivität in den Einstellungen angepasst werden.)
Hier gut zu sehen: Komplett identisch sind die beiden runden Bilder nicht. Je links und rechts erweitert sich das Sichtfeld im Vergleich zum jeweils anderen Bild.
Kaum zu verhindern sind Komplikationen mit dem Tiefeneffekt. Während viele Orte – insbesondere in der freien Natur und auf ebenen Flächen – recht gut spielbar sind, wird es dann kritisch, wenn man sich auf engem Raum befindet oder in der Nähe viele verschiedene Elemente zu sehen sind. Innerhalb von Gebäuden springen immer wieder Objekte direkt vor das Sichtfeld und stechen damit wortwörtlich hervor. Gepaart mit schnellen (Kamera-)Bewegungen erhöht das den Übelkeitsfaktor deutlich. Es machte auf mich den gleichen Eindruck, den ich schon bei frühen Nintendo 3DS-Spielen wie Pilotwings Resort hatte: der Effekt ist noch nicht ganz ausgearbeitet und unbalanciert. Bei zu vielen Elementen auf den Bildschirm ist der VR-Modus noch anfälliger für Einbrüche der Bildrate als schon das Basisspiel. Ein ungewöhnlich langsames Geschehen auf dem Bildschirm – oder ein unerwartet langsames – fördert „Motion Sickness“. Wie konnte man einem bereits technisch nicht einwandfreiem Spiel zutrauen, VR in vernünftiger Weise zu stemmen?
In Sequenzen und zu bestimmten Gegebenheiten wie Ladebildschirmen oder dem Zoomen durch das Fernglas, wird auf eine immersive VR-Darstellung verzichtet. Stattdessen sieht man das Spiel dann so, als würde man in einem Kinosaal sitzen. Um einen herum ist alles dunkel und vor euch ist der „Bildschirm“ zu sehen. Bei der Karte und im Inventar verhält es sich genauso. Cool ist allerdings, dass Link im Menü weiterhin in 3D zu sehen ist und so die Ausrüstung hervorsticht. Menüs und Co. auf diese Weise darzustellen, ist nutzerfreundlich und das Navigieren fällt deutlich angenehmer aus.
The Legend of Zelda: Breath of the Wild eignet sich im VR-Modus nur für kurze Spielrunden. Am besten spielt es sich, wenn die Arme gestützt werden können und man den Sound über Kopfhörer verfolgen kann. Die Bewegungssteuerung sollte ausgeschaltet sein und die Kamera nur sanft gedreht werden. Damit nähert man sich einer zufriedenstellenden Immersion. Und immerhin: Blickt man von einem hohen Punkt aus in die Ferne, sieht das richtig gut aus. Genauso beeindruckend ist es, weit durch die Lüfte zu fliegen und die Landschaft vor und unter einem zu bewundern. Für diese kleinen Momente ist der VR-Modus gelungen. Auf diese Weise das ganze Spiel durchzuspielen oder für längere Zeit zu spielen, lehne ich allerdings dankend ab.