Parkour Set Radio

Die Geschichte von Hover spielt in einer weit entfernten Zukunft. Im Jahr 4214 unternahm die „Galaktische Union“ im ganzen Universum ein Kolonisierungsprogramm. Doch auf einem der neuen Planeten, ECP-17, wurden durch den Präsidenten des Planeten, genannt „Groß-Administrator“, neue Reformen durchgesetzt. Diese beschneiden das Leben der dortigen Bewohner immens, denn dadurch wurden jegliche Freizeitaktivitäten verboten. ECP-17 wird, der Roman „1984“ lässt grüßen, dazu auch noch komplett überwacht. Außerdem gibt es keinen Kontakt mehr zu den anderen Planeten. Eine Gruppe von Rebellen will diesen Zustand nicht mehr akzeptieren. Unter dem Namen „Gamer“ versucht diese, die „Antifreizeit-Propaganda“ zu bekämpfen und wieder Kontakt zu den anderen Planeten herzustellen. Wir haben es hier also mit einer 0815-Geschichte aus dem Videospiel-Baumarkt zu tun. Wie ich jedoch schnell gelernt habe, ist diese nur ein Mittel zum Zweck, um die Gameplay-Prämisse des Spiels schöner zu verpacken.


Im Hauptmenü angekommen, kam mir schon ein kleines Ärgernis entgegen. In diesem müsst ihr, ganz PC-mäßig, einen Cursor umherbewegen, um zu den verschiedenen Menüpunkten zu gelangen. Dies ist auch bei der Charaktererstellung und später im Pausemenü der Fall. Jedoch haben wir auf der Nintendo Switch keine Maus zur Verfügung. Also heißt es, den Analog-Stick langsam von Punkt zu Punkt zu bugsieren und das nervt. Im Handheld-Modus sind die Menüpunkte viel zu klein dargestellt, was das Ganze noch umständlicher macht. Man merkt, dass Hover in erster Linie für den PC designt wurde. Leider haben es die Entwickler nicht für nötig befunden, die Menü-Interfaces und deren Steuerung komfortabel an die Nintendo Switch anzupassen.


Die Parkour-Rennen machen vor allem online mit menschlichen Mitspielern Spaß. Hover besitzt eine recht große und begeisterte Community.

Vor dem Spielbeginn heißt es erstmal, seiner Spielfigur einen Namen zu geben und sie mit kleineren Einstellungen zu individualisieren. Euren Look könnt ihr während des Spiels immer ändern. Später im Spiel habt ihr insgesamt elf verschiedene Spielfiguren zur Auswahl. Das Spiel beginnt damit, dass unser Protagonist aufwacht und von zwei Personen, Otello und Watabax, über Funk angesprochen wird. Wir erfahren, dass die Spielfigur ein Klon ist und erstmal aus dem Gebäude heraus muss. Dieser Abschnitt ist zugleich das Tutorial von Hover. Nach den erfahrenen Grundlagen kommt ihr hinaus in den Stadtteil Haven District.


Einmal aus dem Labor entfleucht, beginnt das Spiel wirklich. Hover ist gameplaytechnisch ein Parkour-Spiel. Parkour ist eine Sportart, in der man mithilfe der Fähigkeiten seines Körpers möglichst effizient Hindernisse überwindet. Diese sind aber in der Regel keine selbst aufgestellten Barrieren, sondern man nutzt die Umgebung der Stadt für seine Strecken. Und so ist es auch in Hover. In einer Open World-Umgebung könnt ihr erstmal machen, was ihr wollt. Um die Story voranzutreiben, müsst ihr Missionen absolvieren. Dazu sprecht ihr verschiedene Charaktere in der Stadt an, die euch dann Aufgaben geben. Diese bestehen in der Regel aus Parkour-Strecken, die ihr absolvieren müsst. Mal ist es ein einfaches Rennen von A nach B, mal ein kleiner Botengang, in dem es ein Paket abzugeben gilt. Stealth-Missionen gibt es ab und zu ebenfalls. Diese sind ein nettes Gimmick, stören aber eher den Spielfluss, als dass sie eine Abwechslung böten. Das kann man nicht vom Basketball-Pendant als Minispiel-Mission sagen. Dieses ist sehr hektisch und bietet soviel Chaos, dass ein normales, spaßiges Gameplay in meinen Augen gar nicht so richtig möglich ist. Mir hat es jedenfalls keinen Spaß gemacht. Zum Glück liegt der Fokus des Spieles aber klar in den Parkour-Missionen, diese brauchen natürlich eine gute und präzise Steuerung. Werfen wir also einen Blick auf die grundsätzlichen Mechaniken von Hover.


Springt, klettert und hüpft on- oder offline in der Stadt


Die Steuerung und Aktionen, die ihr ausführen könnt, sind dabei recht simpel. Ihr könnt Gegenstände scannen, um z.B. Türen zu öffnen. Mit einem Tastendruck springt ihr. Festhalten kann man sich automatisch. Um zu klettern, muss man einfach den Stick in die entsprechende Richtung drücken. Wichtige Elemente sind auch Walljumps und das Grinden. Springt von Wand zu Wand, um euch schnell fortzubewegen und höher gelegene Ebenen zu erreichen. Gegrindet wird z.B. über ein Kabel, um weiterzukommen. Ein richtig cooles Feature ist das Zurückspulen. Habt ihr z.B. einen Fehler gemacht, dann könnt ihr diesen durch das Halten der X-Taste korrigieren. Euer Charakter fliegt einfach zurück. Die letzte nennenswerte Aktion ist das Sprühen von Grafitti. Ihr könnt Wände vollkleistern und kriegt dafür auch noch Erfahrungspunkte. Hover ist dabei auch mit den Gyro-Sensoren spielbar. Ein witziges Gimmick, besser spielen konnte ich aber klar mit dem Controller.


Die Welt von Hover wirkt relativ leer und lieblos. Die Grafik ist schwach und undetailliert.

Um euch weiter zu verbessern, gibt es das „Fertigkeitennetz“. Ihr findet in der Spielwelt verteilte Container, die solche Fertigkeiten beinhalten, ihr könnt diese aber auch durch abgeschlossene Missionen bekommen. Mit diesen könnt ihr z.B. eure Sprungkraft erhöhen. Mit der Zeit wird das Fertigkeitennetz immer größer und euer Charakter besser. Dazu gibt es im Spiel einen Überhitzungsmodus. Diesen aktiviert ihr durch das ausführen von verschiedenen Tricks und dem Grinden. Ist die Energieleiste voll, profitiert man von Boni, die den Charakter für eine gewisse Zeit stärken. So seid ihr für diesen Zeitraum schneller unterwegs und könnt höher springen. Vor den Rennen ist es immer wichtig, mit einer bereits aufgeladenen Energieleiste anzutreten, um eine Chance auf den Sieg zu haben.


Ein wichtiger Aspekt in Hover ist der Online-Modus. Ihr könnt das Hauptspiel entweder komplett online oder offline absolvieren. Die Wahl ist euch überlassen, was ich sehr gut finde. Spielt ihr online, könnt ihr gegen eure Mitspieler Rennen austragen. Dazu geht ihr zu einem NPC, der eine Mission für euch hat. Zu dieser können dann andere Spieler hinzustoßen. Und dann lauft ihr gegeneinander bis zum Zielpunkt. Die verschiedenen Tore bis dahin sind nicht zu übersehen. Die Online-Matches haben Spaß gemacht, gerade mit mehreren Spielern sind die Rennen spannend. Generell muss ich aber sagen, dass sich das Spiel nicht so schnell und weich anfühlt wie erhofft. Es fühlt sich eher wie ein normaler Platformer an, indem man ein wenig schneller als sonst laufen und klettern kann. Die Steuerung ist mir oft nicht präzise genug.


Viele Macken und oft zu halbgar


Ein wenig zu zweckmäßig ist mir die Grafik von Hover ausgefallen. Der Cel-Shading-Look der Figuren im Stile von Jet Set Radio wirkt undetailliert, genauso wie die Umgebung. Gerade im Tutorial-Level habe ich mich optisch sehr an Spiele der Generation GameCube zurückerinnert gefühlt. Auch die Kameraführung hätte meines Erachtens weiter verfeinert werden können. Diese ist mit dem rechten Analog-Stick frei drehbar. Ich hatte während meiner Touren aber nie das Gefühl der vollständigen Kontrolle. Außerdem springt und zoomt die Kamera während man von Objekt zu Objekt springt immer mal wieder ganz nah an euren Körper, sodass öfter, vor allem in engeren Korridoren, die Übersicht vollends verloren geht. Die Kameraeinstellungen sind änderbar. Ich empfehle hierbei, diese so weit wie möglich von seiner Spielfigur wegzustellen, um die bestmögliche Übersicht zu garantieren. So ist der störende Kameraaspekt etwas zu vernachlässigen. Dazu kommen in der Nintendo Switch-Version ab und zu kleinere Framedrops, die den Spielfluss stören. Bei einem Spiel, in dem es so auf die Schnelligkeit und Genauigkeit ankommt, sind diese kleinen Schlampereien eigentlich ein No-Go.



Durch das Fertigkeitennetz könnt ihr die Statuswerte eures Charakters Schritt für Schritt verbessern.

Ebenfalls an Jet Set Radio erinnert die Musik des Spiels. Stylishe Hip Hop und Electronica/Funk-Songs pumpen mit euch auf eurem Weg durch die City. Das ist diesmal aber auch kein Wunder, denn einer der beiden Komponisten für das Spiel ist Hideki Naganuma, welcher seinerzeit für die Musik von Jet Set Radio mitverantwortlich war. Die Tracks sind, wie auch beim Dreamcast-Klassiker, Geschmackssache. Nur leider sind es so wenige, dass sie sich schnell wiederholen und nach einer bestimmten Zeit auf die Nerven gehen.


Die propagierte offene Welt stellt sich im Endeffekt als eine Enttäuschung heraus. Nach dem Tutorial bei ihr angekommen, wirkt sie erst groß und voller Möglichkeiten. In den späteren Districts ist es ein tolles Gefühl, über die Dächer der Stadt zu springen. Aber am Ende wirkt auch dies unausgegoren. Klar, ihr könnt gerne alles mit Graffitis vollkleistern, Plakate und Schilder der Regierung zerstören. Neben den Missionen, die sich durch das Parkour-Spielprinzip schnell wiederholen, gibt es aber sonst nichts zu tun und man fühlt sich in der Spielwelt einfach verloren. Sicherlich, man kann eigene Routen entwickeln und sogar speichern, kann einfach so herumspringen, herumtricksen. Es gibt Spieler, die genau das wollen und nicht mehr brauchen, für sie ist dieses Spiel gemacht. Aber mir wurde das repetitive Spielprinzip schnell sehr langweilig und ich hatte keine Motivation mehr, weiterzuspielen.


Am Anfang dieses Tests habe ich bei der Beschreibung der Geschichte schon erwähnt, dass diese in Hover egal ist. Sie ist ein einfacher Rahmen, um eine Welt zu erschaffen, in der man herumrennen, den Parkoursport ausleben kann. Manchmal hat man auch den Eindruck, dass die Geschichte selbst die Entwickler, entschuldigt bitte die harsche Wortwahl, einen Dreck interessiert. Es gibt keinen rechten Spannungsbogen, es entwickelt sich auch keiner. Man weiß eigentlich nie, was denn nun in der Welt als Nächstes ansteht, zu wem man gehen muss, warum man das jetzt genau tut. Alles wird irgendwann egal. Ganz ehrlich: Dann hätte man das auch gleich lassen und seinen Fokus auf eine coole Stadt setzen können, in der einfach eine freie Gemeinschaft Spaß am Parkoursport hat.

Unser Fazit

5

Für Genre-Fans

Meinung von Matthias Ksoll

Kaum ein Spiel hat es mir je so schwer gemacht, meine subjektiven Eindrücke in eine objektive Bewertung zu verwandeln. Viel zu viele Fehler haben sich mir persönlich in Hover eingeschlichen, um eine gute Bewertung zu vergeben. Die Optik ist undetailliert und karg, genau wie die Spielewelt. Man könnte das als Kompensation für ein flüssiges Gameplay angeben, aber selbst jetzt gibt es immer mal wieder kleine Framedrops, die den Spaß ein wenig vermindern. Dazu kommt die oft ungenaue Kamera. Hover ist eindeutig der Kategorie „Nische“ einzuordnen und ich bin mir sicher, es wird auch auf der Nintendo Switch seine Fans finden. Wobei ich hier wegen der technischen Mängel eher den Kauf einer anderen Version (PC, PS4, Xbox One) empfehlen würde. Bei mir waren immer relativ wenige Spieler online, aber meine Recherche hat ergeben, dass Hover eine recht große und treue Community besitzt, die das Spiel sehr liebt. Und das wohl zurecht, denn das Kernelement des Spiels, der Parkoursport, macht Spaß, vor allem in späteren Gebieten. Ich habe das Gefühl, Hover wollte mehr sein, als es eigentlich muss. Als hätte man gedacht, der Parkoursport an sich reiche nicht aus. Statt seinen vollen Fokus darauf zu setzen, hat man sich über die Jahre in verschiedenen Kleinigkeiten vergessen, die das Spiel unvollständig und halbgar wirken lassen. Deswegen kann ich Hover nur Genre-Fans vollends empfehlen. Diese werden ohne Zweifel eine gute Zeit damit haben.

Die durchschnittliche Leserwertung

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Kommentare 3

  • GS9097

    Turmheld

    ich hatte es vorbestellt da ich Hoffnung auf ein tolles Spiel hatte....


    Nach 10min anzocken wieder gelöscht diesen Müll :evil:
    @BobbyMC
    Danke nochmal

  • BobbyMC

    Chirurg der Videospiele

    @GS9097 Sorry Bro, ich hab echt gedacht, dass es ein gutes Spiel wird. Aber sehen wir es positiv, du hast mir damit geholfen Geld zu sparen, indem ich dich es kaufen lassen hab' :D

  • USER0815

    SMM2-ID: VT6-K90-7SG

    Ich steh drauf!
    Kann aber verstehen wieso viele das Spiel nicht gut finden.
    Zum Test: Wieso ständig die Kamera kritisiert versteh ich nicht! Kann man doch selbst Steuern!
    Grade weil alle wichtigen Aktion auf den Schultertasten liegen. Naja, ich bin wohl n Genrefan! :P