Ein unschlagbares Gesamtpaket zum schmalen Preis
Quake II hat viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene der Neunzigerjahre geprägt. Der Ego-Shooter erschien erstmals 1997 für den PC und zwei Jahre später sogar für das Nintendo 64 und die PlayStation. Nachdem DOOM, Wolfenstein und Duke Nukem das Genre entscheidend beeinflusst, gar begründet haben, hat Quake 1996 das Ganze vollständig in die dritte Dimension gehoben und schuf somit einen neuen Grafikstandard. Doch nicht nur die Optik machte einen gewaltigen Sprung, auch die Multiplayer-Partien spielten sich flotter denn je und sind heute noch im eSport relevant. Vor zwei Jahren ehrte man das Vermächtnis des Kult-Shooters mit einer umfangreichen Neuauflage, die für Xbox One, PlayStation 4, Xbox Series X|S, PlayStation 5, Nintendo Switch und PC veröffentlicht wurde. Das üppige Gesamtpaket enthält die originale Kampagne, die beiden offiziellen Erweiterungspakete und zwei zusätzliche Abenteuer von MachineGames, die neben id Software und Nightdive Studios an der Entwicklung der sogenannten Enhanced Edition beteiligt waren. Der schmale Kampfpreis von gerade einmal 9,99 Euro setzte der schmackhaften Neuveröffentlichung die Kirsche auf das Sahnehäubchen und ließ kaum noch einen Grund zur Beschwerde zu. Dieselbe liebevolle Behandlung genoss nun auch der Nachfolger Quake II, welches anschließend am 10. August 2023, zum Start der diesjährigen QuakeCon, in den Handel ging und heute im Fokus dieses Testberichts steht.
Sequels haben es nie einfach, doch Quake II bildet eine seltene Ausnahme. Denn Quake II war schlicht das einzige Spiel, das seinem Vorgänger das Wasser reichen und diesen sogar übertrumpfen konnte. Technisch avancierte der Titel aufgrund seiner tollen Lichteffekte und flüssigen Animationen zur neuen Referenz und spielerisch wurde die immens erfolgreiche Grundformel zusätzlich verfeinert. Leider rieb man sich hierzulande an der drastischen Gewaltdarstellung der Shooter-Perle und verwies sie daher auf den Index, wo sie bis 2019 ausharrte. Doch wie viele andere Spiele zuvor schaffte es auch Quake II über diverse Umwege auf deutsche Rechner und somit in die Herzen der ansässigen Spieler/-innen. Zum Glück müssen wir uns heute nicht mehr allzu häufig mit der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, kurzum USK, herumschlagen und können Quake II einfach per Knopfdruck über den hiesigen Nintendo eShop beziehen.
Quake II enthält in seiner frischen Enhanced Edition die originale Kampagne von 1997, die beiden offiziellen Erweiterungspakete The Reckoning sowie Ground Zero, Quake II 64 (ein eigenständiges Abenteuer) und eine Reihe von Missionen von MachineGames namens Call of the Machine. Zudem beinhaltet das Gesamtpaket einen umfangreichen Mehrspielermodus mit kompetitiven Gefechten für bis zu vier Personen an einer Konsole, bis zu acht Personen im lokalen Modus mit mehreren Geräten und bis zu 16 Personen online über das Internet. Weiterhin sorgt Crossplay-Unterstützung für stets gefüllte Lobbies und eine geringe Wartezeit auf die spannenden Scharmützel. Auch ein Koop-Modus ist mit an Bord, aber unabhängig von der Verbindungsart auf vier Spieler/-innen pro Partie begrenzt. Abschließend dürft ihr euch noch über zahlreiche Extras in Form von Gallerien freuen, wo ihr 3D-Modelle näher begutachten, Konzeptzeichnungen einsehen und sogar alte Demos spielen könnt, wobei jedes einzelne Ausstellungsstück mit eigener Beschreibung daherkommt. Ein üppiges, liebevolles Gesamtpaket – und das gerade einmal für 9,99 Euro!
Sowohl die Hauptkampagne als auch die beiden offiziellen Add-ons sowie die MachineGames-Erweiterung spielen auf dem Heimatplaneten der Strogg, ein blutrünstiges Cyborg-Volk, welches die Menschheit und deren Existenz mit seiner brutalen Mordlust bedroht. In der Hauptkampagne landet ihr nach einem missglückten Großangriff im Hauptquartier der außerirdischen Hybridwesen bruch und hangelt euch fortan von Auftrag zu Auftrag, um die planetare Verteidigung lahmzulegen und ihren Anführer zu stellen. Das ist die schlichte, aber ausreichende Handlung des Hauptspiels. Die beiden offiziellen Add-ons sowie die MachineGames-Erweiterung erzählen derweil die Geschichte anderer Soldaten, die es ebenfalls bis zur Planetenoberfläche geschafft haben. Aus der Reihe tanzt indes Quake II 64, das eine ganz eigene Version der actiongeladenen Heldenreise darbietet und auf mehreren Himmelskörpern stattfindet.
Spaß machen sie alle und zusammen kommen die Sci-Fi-Abenteuer auf 20 bis 25 Stunden Spielspaß. Klar ist die Handlung dünn und dient einzig als Leitfaden für die turbulente Aneinanderreihung einzelner Actionsequenzen und hitziger Schießereien, doch sie war auch niemals der Fokus von Quake II. Im Vordergrund stand stets die fortschrittliche Technik sowie das fluide, flotte Spielgefühl und beides kann auch heute noch überzeugen. Natürlich muss man hierfür berücksichtigen, dass es sich bei Quake II um ein Spiel von 1997 handelt und daher ein Vergleich mit einem DOOM Eternal unangebracht wäre. Vor den zuletzt aufstrebenden modernen Retro-Shootern, z. B. DUSK, Prodeus oder Warhammer 40,000: Boltgun, muss sich das Ganze jedoch nicht verstecken. Das liegt nicht zuletzt an der überarbeiteten Optik, die hier und da ein kleines Feintuning erhalten hat. Schatten sind nun weicher, dynamische Lichtquellen weniger verpixelt, Schattenwürfe werden korrekt dargestellt und zahlreiche Modelle wurden nochmals angepasst, um der neuen HD-Auflösung gerecht zu werden. Noch immer finden sich faszinierende Details im Spiel, die heute noch begeistern können, wie der Lichtblitz des Mündungsfeuers, der düstere Katakomben erhellt und für stimmungsvolles Schattenspiel sorgt. Habt ihr also einen Faible für frühzeitliche 3D-Grafik, kommt ihr mit der Neuauflage von Quake II voll auf eure Kosten.
Spielerisch kann Quake II ebenfalls noch überzeugen und teilweise mit der aktuellen Konkurrenz den Boden aufwischen. Mit einer geschmeidigen Bildrate von sechzig Bildern pro Sekunde rast und hüpft ihr durch die Level und nehmt mit einer vorbildlichen Präzision jeden Gegner ins Korn, der euch vor die Flinte läuft. Obwohl der Titel auf dem PC heimisch ist, fühlt sich die Controller-Steuerung keineswegs nach einem Downgrade an. Dafür sorgt auch die robuste Gyro-Steuerung, welche euch mit feinen Kippbewegungen kleine Unsauberkeiten beim Zielen ausgleichen lässt. Zudem könnt ihr im Optionsmenü alle möglichen Einstellungen vornehmen, um Quake II euren persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Schießereien werden in Quake II selten in dauerhafter Deckung ausgefochten, sondern in voller Bewegung und mit reichlich Sprungkraft. Vielen feindlichen Projektilen kann ausgewichen werden, da sie sichtbar auf euch zusteuern. Das ist auch bitter nötig, denn aufgrund der hohen Streuung vieler durchschlagskräftiger Waffen müsst ihr häufig auf Tuchfühlung gehen, um den größtmöglichen Schaden bei geringem Munitionsverbrauch zu verursachen. Habt ihr doch einmal etwas abbekommen, könnt ihr eure angeknackste Gesundheit mit Medi-Packs wieder auffüllen oder mit Rüstung für zusätzlichen Schutz sorgen – eine klassische Mechanik, die beispielsweise auch in Wolfenstein II: The New Colossus vorkommt. Beides findet ihr mitsamt einigen anderen Power-ups und Munition in den vielen Winkeln der verschiedenen Level verteilt.
Damit ihr euch nicht verirrt, hat Nightdive Studio eine optionale Navigationshilfe in die Neuauflage von Quake II integriert. Den Kompass könnt ihr jederzeit über das Ringmenü aufrufen und euch somit zum nächsten Hauptziel lotsen lassen. Gerade im Leveldesign merkt man Quake II und dessen offiziellen Add-ons das Alter an, da die Umgebungen noch keiner großartigen Logik folgen, die bei der natürlichen Wegfindung hilft. Dasselbe trifft zum Teil auch auf Quake II 64 zu. Ein modernerer Aufbau erwartet euch in den Leveln der MachineGames-Erweiterung, deren Architektur teilweise mit einer Imposanz glänzt, wie sie im Hauptspiel kaum zu finden ist. So kämpft ihr euch beispielsweise durch geheimnisvolle Tempelanlagen, gewaltige Außenposten und tiefe Felsschluchten. Auch die Anzahl der Gegner hat das schwedische Entwicklungsstudio nach oben geschraubt. Wo Quake II in seiner Urfassung noch von der Hardware der damaligen Rechner limitiert war, dreht man nun völlig frei und entfesselt an manchen Stellen richtige Massenschlachten.
Abschließend wollen wir noch kurz auf den Multiplayer-Modus und dessen Optionen eingehen. Bis zu 16 Spieler/-innen können online gegeneinander antreten. Zur Auswahl stehen die klassischen Spielmodi Deathmatch, Team Deathmatch und Capture the Flag sowie vierzig verschiedene Maps. Weiterhin können noch Optionen bezüglich Zeit-/Frag-Limit, Power-ups, Waffen-Spawning usw. vorgenommen werden, um eure ganz eigene Wohlfühl-Lobby zu erschaffen. Für höhere Spielerzahlen könnt ihr auch Crossplay aktivieren, wodurch eure Partie auch Nutzer/-innen anderer Plattformen zugänglich gemacht wird. Eine Statistik über Siege, Niederlagen, Kills, Tode etc. wäre schön gewesen, fehlt aber leider komplett. Im eingangs erwähnte Koop-Modus könnt ihr derweil zu viert die Kampagne des Hauptspiels, die beiden offiziellen Add-ons, Quake II 64 und die MachineGames-Erweiterung genießen. Natürlich könnt ihr auch hier eine Handvoll Einstellungen (z. B. zur Kollisionsabfrage, Friendly Fire usw.) anpassen, um ein reibungsloses Miteinander zu gewährleisten. Wie ihr seht, bietet der Mehrspielermodus eine ganze Menge und lässt nahezu nichts vermissen.
Technisch hinterlässt die Neuauflage von Quake II einen robusten Eindruck. Während des Testzeitraums wurden keinerlei Abstürze verzeichnet, die Bildrate blieb größtenteils stabil und auch Spielfehler waren nicht vorhanden. Nightdive Studios hat zusammen mit id Software und MachineGames gute Arbeit geleistet und eine weitere Videospielperle erfolgreich konserviert.
Unser Fazit
9
Geniales Spiel