Neuinterpretation klassischer 2D-Collactathon-Platformer

Beim Begriff Collectathon kommen vielen sicherlich direkt einige Klassiker der Nintendo 64-Ära in den Sinn. Egal ob Power-Sterne in Super Mario 64, Goldene Bananen in Donkey Kong 64 oder Puzzleteile in Banjo-Kazooie – all diesen Spielen liegt das Prinzip zugrunde, bestimmte Objekte durch das Erledigen kleinerer Aufgaben in verschiedenen Welten einzusammeln, um dadurch weitere Welten freizuschalten. Nachdem die einstigen Perlen des 3D-Platforming aufgrund der überwältigenden Fülle an Sammelgegenständen irgendwann in Verruf geraten waren, schaffen es gut umgesetzte Neuinterpretationen heutzutage nicht nur ältere Gamer wieder in Nostalgie schwelgen zu lassen, sondern auch ein neues Publikum in die Welt des Sammelwahns zu ziehen. Das Entwicklerstudio Holy Cap bietet uns nun eine neue Umsetzung in Form eines 2D-Platformers. Promenade entführt euch in eine fantasievolle Welt und hat mehr zu bieten, als die Bilderbuch-Ästhetik anfangs vermuten lässt. Womit das Abenteuer punkten kann und an welcher Stelle die Zahnräder im Getriebe doch noch geölt werden sollten, erfahrt ihr in unserem Test.


Was hat es mit der geisterhaften Gestalt auf sich und warum möchte sie euch an der Rückkehr nach Hause hindern?

© Holy Cap / Red Art Games

In Promenade übernehmt ihr die Kontrolle über das Kind Nemo, welches zum Spielstart in einen tiefen Abgrund stürzt und dort von einem oktopusähnlichen Lebewesen, welches in der offiziellen Spielbeschreibung als Polyp bezeichnet wird, vor dem Ertrinken bewahrt wird. Nachdem sich das ungleiche Paar miteinander angefreundet hat, beschließen sie gemeinsam nach einem Heimweg für Nemo zu suchen. Dabei entdecken sie einen bis in schwindelerregende Höhen führenden Aufzug, der als zentrales Element in der Oberwelt des Spiels fungiert. Bevor der Aufzug in Richtung Freiheit bestiegen werden kann, erscheint jedoch eine düstere, geisterhafte Gestalt, die Nemo ähnlich sieht. Sie zerbricht die Zahnräder, welche die Fahrt des Aufzugs von Stockwerk zu Stockwerk ermöglicht, in jeweils drei Teile. Es liegt nun also an euch, die verstreuten Zahnradteile wiederzubeschaffen, indem ihr nicht nur in der Oberwelt, sondern auch in den zahl- und abwechslungsreichen Welten nach ihnen sucht und des Öfteren auch kleine Aufgaben bewältigen oder Kämpfe bestreiten müsst.


Das Gameplay von Promenade legt euch auf den ersten Blick nur eine sehr überschaubare Anzahl an Interaktionsmöglichkeiten in die Hände. Ihr könnt Nemo bewegen sowie einen einfachen Sprung ausführen. Mehr Tiefe verleiht dem ganzen euer tierischer Begleiter. Den Polypen könnt ihr nämlich auf Gegner und Objekte schleudern. Er bringt sie zu euch und ihr könnt sie anschließend festhalten und dann entweder wieder werfen oder im Sprung zur Ausführung eines Doppelsprungs verwenden. Relativ zu Beginn des Spiels erhaltet ihr einen Haken, mit dem ihr euch durch Werfen eures Polypen an diversen weiteren Haken in der Umgebung heranziehen und von dort aus weiterspringen könnt. Erst recht spät im Spiel erhaltet ihr eine weitere Fähigkeit, die ebenfalls das Greifen und Werfen erweitert. Im Großen und Ganzen dreht sich alles um eine vergleichsweise simple Mechanik.


Diverse Bosskämpfe erwarten euch, die allsamt ebenfalls das Platforming-Gameplay auf unterschiedliche Weise nutzen

© Holy Cap / Red Art Games

Dennoch kommt in Promenade keine Langeweile auf. Die Entwickler machen die mangelnden Aktionsmöglichkeiten nämlich durch das charmante und abwechslungsreiche Leveldesign wieder wett. So erwarten euch Welten, in denen ihr euch von konventionellen bis zu ausgefallenen Szenarien den Weg zu den wertvollen Zahnrädern bahnt. Unter anderem besucht ihr einen Strand, an dem ihr einen hohen Leuchtturm erklimmt, eine Krabbe mit ihren eigenen Kanonenkugeln abwerft oder zwei verliebten Schnecken zu einem Teller Spaghetti à la Susi und Strolch verhelft. Später erkundet ihr den Weltraum mit einem Raketenantrieb in euren Händen, schwingt über den Wolken von Ranke zu Ranke, infiltriert einen Maulwurfsbau in Form eines Stealth-Abschnitts, duelliert euch mit einem mit Lasern bewaffneten antiken Golem, oder, oder, oder ... Neben der nett anzusehenden Bilderbuch-Optik ist die Kreativität im Leveldesign inklusive der zahlreichen schrulligen Charaktere, auf die ihr unterwegs trefft, die große Stärke von Promenade und bietet euch wirklich bis in den Endbosskampf hinein immer wieder neue und kreative Umsetzungen der ansonsten eigentlich unglaublich simplen Gameplay-Mechaniken.


Über den äußerst charmanten Grafikstil möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren. Entweder er sagt euch zu oder eben nicht. Ich persönlich habe mich schon etwas in die liebevoll gestaltete Welt von Promenade verguckt. Zusammen mit dem Sounddesign ergibt sich ein stimmiges Bild, welches euch in eine fantasievolle Geschichte rund um ein Kind und seinen Polypen (gebt dieses Wort niemals in die Google-Bildersuche ein – vertraut mir) mitnimmt. Performancetechnisch kann ich mich an nur eine einzige Stelle erinnern, an der die Framerate aufgrund eines weiteren Zooms mit diversen Effekten auf dem Bildschirm spürbar einbrach. Ansonsten darf und möchte ich allerdings nicht die diversen Male, als die Software abstürzte ist, verschweigen. Offenbar ist Promenade – zumindest auf der Nintendo Switch – gelegentlich mit der Rückkehr aus einer Welt zur Oberwelt ‒ dem großen Aufzug ‒ überfordert, weshalb sich die Software hier bei mir mehrere Male unangekündigt beendete. Glücklicherweise speichert das Spiel fleißig zwischen, weshalb mir nie irgendwelcher Fortschritt verloren ging. Ärgerlich ist dies aber dennoch und sollte von den Entwicklern bei Holy Cap dringend unter die Lupe genommen werden. Dem Spielspaß hat es in meinem Fall jedoch keineswegs geschadet. Positiv zu erwähnen wären abschließend noch ein paar mögliche Einstellungen für Speedrunner, darunter zum Beispiel das Überspringen von Sequenzen, Unsterblichkeit und angepasste Farbanzeigen für ein barrierefreies Spielerlebnis.

Unser Fazit

8

Ein Spiele-Hit

Meinung von Philipp Pöhlmann

Promenade ist ein 2D-Platformer, bei dem ihr im Stile eines Collectathon zerbrochene Zahnräder in verschiedenen Welten sammelt, um mit ihnen einen Aufzug zu reparieren, der euch Stück für Stück Zugang zu weiteren Welten verschafft. In den Schuhen von Nemo mit einem oktopusähnlichen Begleiter springt und schwingt ihr euch mit einem simpel gehaltenen Moveset durch unterschiedliche Level, die vor Kreativität und Einfallsreichtum nur so strotzen. Bis in den Enbosskampf hinein gelingt es den Entwicklern von Holy Cap, einer an sich simplen Prämisse immer wieder einen neuen Anspruch zu verschaffen und euch so – je nachdem, ob ihr jedem Geheimnis auf den Grund gehen wollt oder nicht – rund zehn Stunden an den Bildschirm fesseln kann. Die cartoonartige Bilderbuch-Optik mit stimmigem Sounddesign schafft dabei eine fantasievolle Welt voller interessanter Schauplätze und schrulliger Charaktere. Diverse Software-Abstürze während meiner Testzeit trüben den Gesamteindruck ein wenig, hinterließen dank ständigem Autospeichern jedoch glücklicherweise keinen großen Frust. Dennoch sollten die Entwickler hier in Form eines Patches etwas Öl in das Zahnradgetriebe geben.
Mein persönliches Highlight: Tatsächlich war das gesamte Spiel ein einziges Highlight für mich, das mir sicherlich noch eine Weile in Erinnerung bleiben wird.

Meinung von Maik Styppa-Braun

Wohl kaum ein Spiel der vergangenen Zeit hat mich so überrascht wie Promenade. Fühlte es sich anfangs trotz des niedlichen Looks wie ein weiterer 0815-Platformer an, entfaltet das Spiel von Level zu Level sein volles Potenzial. Es ist spaßig, abwechslungsreich und dank der vielen kleinen Rätsel und Aufgaben kam ein Gefühl auf, wie ich es damals bei Super Mario 64 spürte. Hier passt einfach wunderbar viel zusammen und jeder Platformer-Fan sollte dem Titel mit offenen Armen entgegentreten.
Mein persönliches Highlight: Die abwechslungsreiche Spielwelt

Awards

Spiele-Hit

Die durchschnittliche Leserwertung

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Kommentare 2

  • MarioWonder

    Turmfürst

    Überraschend gut! Danke für den Test! <3

  • playersdestiny

    DestinysPlayer

    Ich habe die Demo gespielt, und wusste nicht so recht, wo ich das Spiel einsortieren sollte. Es kam mir sehr gemächlich und langweilig vor, aber es hatte seinen Charme. Vielleicht gebe ich dem Spiel nach eurem Test eine zweite Chance :)


    Danke für den Test!