Riot Forges letzter Streich

Der Publisher Riot Forge, der ein Unterarm des für League of Legends bekannte Riot Games darstellt, kann auf ein recht beachtliches Portfolio zurückblicken: Im Laufe der letzten Jahre kamen insgesamt sechs Titel zustande, die allesamt im League of Legends-Universum angesiedelt, gleichzeitig aber jeweils in einem komplett anderen Genre verankert waren. Sei es nun das Rollenspiel Ruined King, das Rhythmusspiel Hextech Mayhem, das Metroidvania Convergence oder der Action Platformer Song of Nunu; all diese Titel konnten weitestgehend mit einer guten Qualität überzeugen. Umso bedauerlicher ist es, dass wir mit Bandle Tale den letzten Titel von Riot Forge erleben, da der Publisher seine Pforten schließt. Dafür beweisen uns die Entwickler rund um das Lazy Bear Studio einmal erneut, dass bei den League of Legends-Auskoppelungen stets auf gute Qualität geachtet wurde.


Zum Abschluss noch einmal eine Portion Harmonie


Für mich war die Ankündigung eines neuen League of Legends-Spin-offs immer eine spannende Sache. Welches Genre würde man denn diesmal wählen, um Charaktere und Schauplätze aus dem erfolgreichen MOBA zu adaptieren? Als dann Bandle Tale angekündigt wurde, war die Überraschung trotz allem groß. Ein Cozy-Game, das eher wie ein Stardew Valley anmutet? Kann das denn funktionieren? Nun, so viel sei vorab gesagt: Ja, es kann, auch wenn im Vorfeld ziemlich mit meiner Erwartungshaltung gespielt wurde. Denn Bandle Tale ist nicht einfach nur eine weitere Farming-Simulation, sondern ein Konglomerat verschiedener Gameplay-Elemente, die miteinander verwoben wurden. Doch eines nach dem anderen. Fangen wir doch einmal mit den grundlegenden Details an.


Tristana, Veigar, Corki ... die berühmten Yordle trefft ihr alle nach und nach

© Riot Forge

Angesiedelt in Runeterra, der Welt in der League of Legends spielt, befindet sich Bandle City, Heimat der Yordles. Von denen gibt es im eigentlichen MOBA einige und so ist es nicht verwunderlich, dass ihr im Laufe des Spiels auf Charaktere wie Tristana, Lulu, Veigar, Corki, Teemo oder die magische Katze Yumi trefft, die Veteranen der Serie bereits kennen. Anders als in den übrigen League of Legends-Spielen verkörpert ihr dieses Mal jedoch keine Berühmtheit, sondern erstellt euch einen eigenen Yordle, der zukünftig als euer Avatar dient. Die Prämisse ist zweckdienlich: Eigentlich lebt ihr ein zurückgezogenes Leben auf einer Nachbarinsel von Bandle City und lernt das Handwerk des magischen Strickens. Da euer Charakter mit einem verkürzten Fuß leben muss, ist das Umherlaufen alles andere als einfach, was sich aber schlagartig ändert, als euer Großvater euch eine magische Beinprothese in Form einer Socke strickt (wieso eigentlich nicht schon vorher Opa, hm?!). Glücklich und beseelt nehmt ihr an einer großen Party teil, bei der ihr sogar die Ehre erhaltet, magisches Portal-Garn zu aktivieren und dann geht plötzlich alles schief: Die Portale rund um Bandle City kollabieren, eure Freunde werden durch ein Portal gesogen und von nun an ist es eure Aufgabe, die Dinge wieder gerade zu biegen.


So simpel und bekannt diese Art von Erzählung auch sein mag, sie tut ihren Zweck. Im Laufe der Handlung bereist ihr nämlich alle Inselbereiche rund um Bandle City und versucht nicht nur mithilfe der prominenteren Yordles herauszufinden, wer hinter dieser Katastrophe steckt, sondern löst auch noch Streitigkeiten, erleichtert den Alltag der Yordle und entwickelt euch zum großen Helden. Und das alles ohne großen Stress oder dergleichen, denn Bandle Tale ist wie bereits erwähnt ein recht entspanntes Crafting-Spiel, bei dem euch kein Zeitlimit im Nacken sitzt oder auch nur irgendwas wirklich schlechte Laune verbreitet. In jeder Region, in der ihr landet, erhaltet ihr ein übergeordnetes Ziel, dass ihr dadurch erreicht, dass ihr bestimmte Gegenstände errichtet, repariert oder produziert, was den übrigen Bewohnern hilft. Mit dabei ist stets euer magischer Rucksack, den ihr nach einer kurzen Tutorial-Phase erhaltet und der euch als mobile Basis dient. Anstatt also wie gewohnt ein stationäres Haus oder eine Basis zu errichten, könnt ihr eure Bleibe stets mit euch nehmen und an bestimmten Fixpunkten neu aufstellen. Diese ist auch gleichzeitig Dreh- und Angelpunkt eurer Tätigkeiten, denn Bandle Tale lässt sich abseits des übergeordneten Themas des Craftings grob in drei verschiedene spielerische Bereiche unterteilen.


Neben Kochen, Handel und Co. darf natürlich auch das Gärtnern nicht fehlen

© Riot Forge

Euer magischer Rucksack kann nämlich verschiedene Flächen auf- und zurollen, auf denen ihr individuelle Gegenstände errichten könnt. Da wäre zum einen die Kochfläche, auf der ihr Öfen, Schneidebretter und alles Wichtige für das Zubereiten von lokalen Leckereien errichten könnt. Je nachdem, in welcher Region ihr euch gerade befindet und welche Speisen ihr hergestellt habt, könnt ihr dann einen Essens-Stand eröffnen, was gleichzeitig ein kleines Minispiel darstellt, bei dem ihr unter minimalen Zeitdruck die passende Speise für den jeweiligen Kunden zubereiten und ausliefern müsst. Die zweite wichtige Fläche ist die Festival-Fläche, auf der ihr Konfettikanonen, Disco-Kugeln und ähnliches aufstellen könnt, um eine möglichst imposante Fete zu veranstalten. Hier müsst ihr, je nachdem, welche Art von Festival ihr abhalten wollt, die verschiedenen Gegenstände in der richtigen Kombination aufstellen und schon geht es los. Als Letztes gibt es noch die Produktionsfläche, auf der ihr all eure Crafting-Tools aufstellen und die wichtigsten Komponenten herstellen könnt, einen Verkaufsbereich der ein ganz rudimentäres Shop-System darstellt sowie einen Gartenbereich, in dem ihr ganz klassisch Pflanzen züchten und ernten könnt.


Wer sich nun die Frage stellt, wieso man all das tun sollte, dem sei die simple Antwort gegeben: Weil es die Handlung zum einen erfordert, zum anderen jedoch auch um die allgemeine Laune der ansässigen Yordles zu heben, was wiederum dafür sorgt, dass ihr mehr Sterne bekommt – die Währung des Spiels, mit dem ihr euch bei Händlern mit neuen Gegenständen und Materialien eindeckt, die ihr so im Spiel nicht findet. Denn neben dem Crafting ist auch das Sammeln von Ressourcen ein großer Bestandteil von Bandle Tale. Ihr werdet oft eure Runden drehen, um zum Beispiel Kristalle, Papyrus, Blätter oder einfach nur Müll zu sammeln, die dann zu besseren Gegenständen weiterverarbeitet werden. So entsteht ein überraschend motivierender Kreislauf, der entgegen meinen Erwartungen nicht eintönig wird, sondern mich stets motiviert hat, neue Dinge herzustellen und die Handlung Stück für Stück voranzutreiben.


Wer Partys schmeißen will, muss das richtige Equipment für den perfekten Anlass kombinieren

© Riot Forge

Denn all das Sammeln, Produzieren und Veranstalten hat noch einen weiteren Zweck. Für so ziemlich jeden produktiven Schritt erhaltet ihr Erfahrungspunkte, die sich in Form von kleinen Kugeln darstellen, die langsam gefüllt werden. Sind alle Kugeln gefüllt, solltet ihr euch Schlafen legen und diese in Skillpunkte umtauschen, wodurch ihr neue Rezepte, Blaupausen sowie Upgrades freischaltet. Und hier kommen wir zu einer der größten Schwäche von Bandle Tale: seine Übersichtlichkeit und mangelnde Kommunikation mit mir als Spieler. Neue Fertigkeiten schaltet ihr innerhalb verschiedener Fertigkeitsbäume frei, doch es ist nicht immer ganz klar, was genau die freigeschalteten Gegenstände und Ressourcen bringen oder wie genau ich sie herstellen kann. Zwar gibt es die Möglichkeit, sich ein notdürftiges Pop-Up anzeigen zu lassen, dass die Symbole der benötigten Gegenstände und Materialien offenbart, doch aus diesen geht nicht immer auf den ersten Blick hervor, was exakt gemeint ist. Eine kleine Auflistung hätte dem Spiel hier nicht geschadet. Selbiges betrifft Ressourcen, nach denen ich wie blöde gesucht habe, nur um dann festzustellen, dass sie erst durch die fortschreitende Handlung freigeschaltet werden. Hier muss man also manchmal etwas Nerven investieren, um nicht plötzlich in einer vermeintlichen Sackgasse zu landen.


Nichtsdestotrotz gehen die verschiedenen Systeme Hand in Hand innerhalb des Spiels und sorgen für die bereits erwähnte Motivationsspirale. Die überaus bunte und lebendige Welt, in der es an allen Ecken und Enden etwas Kleines zu sehen und entdecken gibt, tut dabei ihr Übriges und kann gepaart mit der harmonischen und schon fast übertriebenen Gute-Laune-Musik ein wirklich entspanntes Gesamtbild zaubern. Man merkt den Entwicklern an, dass sie mit dem bisschen Lore aus der MOBA-Vorlage gut gearbeitet haben, um eine überzeugende Welt zu kreieren. Das mag dem einen oder anderen vielleicht ein Touch zu viel sein, ich empfand es allerdings als angenehme Abwechslung. Hinsichtlich der Performance kann Bandle Tale auf der Nintendo Switch ebenfalls überzeugen, einzig die Ladezeiten gestalten sich mitunter etwas lang. Wie von Riot Forge gewohnt, wurde das Spiel zudem auch zu 100 % ins Deutsche lokalisiert, Sprachausgabe inklusive.

Unser Fazit

8

Ein Spiele-Hit

Meinung von Florian McHugh

Bandle Tale strahlt förmlich Harmonie und entspanntes Spielen aus. Der Genremix aus Crafting-Game, Cooking-Simulator, Handels- und Puzzle-Spiel weiß zu motivieren und die Handlung kommt mit genug Wortwitz und Charme daher, um einen bei der Stange zu halten. League of Legends-Spieler dürfen sich zudem auf ein Wiedersehen mit den verschiedensten Jordle-Champions aus dem MOBA freuen, auch wenn die diesmal deutlich in den Hintergrund treten. Ab und an leidet die Übersichtlichkeit hinsichtlich des Crafting ein bisschen, was dann in einer frustrierenden Sucherei nach dem passenden Gegenstand münden kann, doch die meiste Zeit ist das Spiel klar lesbar. Alles in allem hatte ich mit dem letzten League of Legends-Spin-off von Riot Forge meine wahre Freude und kann sie jedem ans Herz legen, der ein entspanntes Spiel möchte, das auf der Gameplay-Ebene allerdings noch genug von einem fordert.

Awards

Spiele-Hit

Die durchschnittliche Leserwertung

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Kommentare 2

  • Fusselchen24

    Turmmaid

    Das klingt nach einem Spiel für mich - danke für den Test :D

  • Vinyl99

    Grafisch schaut das ja wirklich superknuffig aus, richtig toller Retro-Stil, aber das Prinzip ist leider nichts für mich....