Ein Strategiespiel wie aus dem (mittelalterlichen) Bilderbuch

Wir alle kennen sie bestimmt: Die aufwendigen Bilder aus der mittelalterlichen Epoche, die damals von Mönchen in Büchern gezeichnet wurden und deren Detailgrad und Farbgebung ein wahrer Augenschmaus sind. Was die Mönche damals sicher so nicht gezeichnet haben, ist, wie ein Hase sein Hinterteil reckt und einen nahestehenden Esel anfurzt, damit dieser benommen ist und nicht reagieren kann. Doch genau auf dieser Humor-Ebene haben wir es hier mit Inkulinati zu tun, einem rundenbasierten Strategiespiel, das in besagter mittelalterlicher Optik daherkommt. Ob das Spiel neben seinem schrägen Humor und der hübschen Darstellung auch in spielerischer Hinsicht einen bleibenden Eindruck hinterlassen kann, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.


Von furzenden Hasen und dem Fegefeuer


Sich durch eine Zeitepoche zu kämpfen und dabei auch historische Persönlichkeiten zu bezwingen, das gab es schon in Titeln wie Rock of Ages, wo man sich mit Helden der griechischen Antike herumärgern durfte. Inkulinati greift dieses Schema auf, allerdings verschlägt es uns hier ins Mittelalter. Wer sind „wir“? Nun, im Endeffekt seid ihr ein Schreiber, der die namensgebenden Tiere und Bestien zeichnet und in den Kampf schickt. Der Journey-Modus, der noch am ehesten einer Kampagne entspricht, schickt euch dabei anfangs auf eine kleine Ausbildungsreise, bis ihr den Tod eures Lehrmeisters, der mich arg an Yoda aus Star Wars erinnert hat, rückgängig machen müsst. Das kommt alles mit einer ordentlichen Prise Humor daher, die mal eher flach, mal aber auch schön spitzenbehaftet daherkommt. Doch kommen wir zum eigentlichen Gameplay.


Noch sieht es auf dem Schlachtfeld verhältnismäßig ruhig aus

© Daedalic

Den zentralen Kern des Spiels stellen die Schlachten gegen andere Schreiber dar. Nachdem ihr zu Beginn euren eigenen Avatar ausgewählt habt, könnt ihr vor jedem Scharmützel eure Armee an Tier- und Fabelwesen zusammenstellen, von denen jedes Wesen andere Besonderheiten aufweist. Während bogenschießende Hasen eine größere Reichweite haben, dafür kaum etwas aushalten, können schwer gepanzerte Hunde schon mehr austeilen und einstecken. Oder ihr lasst einen musizierenden Esel die gegnerischen Einheiten eine Runde aussetzen, eine kleine unscheinbare Schnecke einen ganzen Gegner verschlingen oder, oder. Inkulinati bietet euch im Laufe der Handlung eine recht bunte Vielfalt an Kreaturen, die für euch kämpfen. Doch damit nicht genug: Auch ihr als Schreiber könnt ins Geschehen eingreifen, indem ihr Gegner mit einer Wischbewegung über den Spielrand fegt, eure Truppen mithilfe von Spezialfertigkeiten heilt und mehr. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten, denn ihr seid gleichzeitig auch das Ziel eurer Gegner. Verliert ihr oder euer Gegner alle Trefferpunkte, ist die Partie vorbei.


Was im ersten Moment noch recht simpel klingt, gewinnt immer mehr an Komplexität und spielerischer Tiefe. So könnt ihr zum Beispiel neue Kreaturen ins Feld schicken, allerdings nur, solange euch nicht die Tinte ausgeht. Ist dem so, müsst ihr eure Figuren strategisch geschickt platzieren, um neue Tintenkleckse aufzusammeln. Dann müsst ihr noch beachten, dass eurem Schreiber gerne mal langweilig wird, wenn er immer die gleichen Figuren zeichnet, ach ja und zwischen den einzelnen Kämpfen müssen sich eure Figuren auch noch erholen. All dies sorgt in Verbindung mit dem rundenbasierten Zugsystem dafür, dass Inkulinati sich bisweilen fast schon wie ein kleines Puzzle- und Rätselspiel anfühlt, bei dem ein durchdachtes Vorgehen deutlich wichtiger ist als ein schnelles Vorpreschen – zumal eure Einheiten zwischen den Kämpfen nicht geheilt werden. Das mag zu Beginn auch den einen oder anderen Einsteiger trotz einer ausführlichen Tutorial-Lektion überfordern und erfordert auch einiges an Eingewöhnung. Doch wer sich die Mühe macht und sich in die verschiedenen Spielmechaniken hinein fuchst, der wird mit einem tiefgründigeren Strategiespiel belohnt, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.


Die Entwickler beweisen eine Menge Liebe zum Detail. So spielen die Schlachten alle auch tatsächlich auf einer Pergamentseite

© Daedalic

Also alles eitel Sonnenschein und wir haben hier ein Meisterwerk vorliegen? Nicht ganz. Zwar machen die Schlachten in Inkulinati durchaus Spaß, allerdings nutzen sie sich gerade im Journey-Modus ziemlich schnell ab. Wer etwas geschickt spielt, entwickelt bereits nach kurzer Zeit eine gut funktionierende Strategie und das Spiel an sich gibt euch keinerlei Anreize, diese merklich zu ändern – trotz einer Mechanik, die euch gelegentlich zwingt, eure Truppen durchzutauschen. Profis bzw. die erfahrenen Strategiespieler unter euch werden zudem kaum Schwierigkeiten haben, das Spiel durchzuspielen, da es wirklich leicht ausfällt. Zudem fällt das Tutorial erstaunlich lange und anfänglich zu detailliert aus. Hier wollen euch die Entwickler mit allen wichtigen Elementen vertraut machen, doch gerade zu Beginn des Journey-Modus benötigt ihr vieles davon nicht. Das führt dazu, dass ihr, sofern ihr alle Bereiche des Tutorials spielen wollt, eine enorme Zeit damit verbringt, Mechaniken zu erlernen, die ihr vielleicht erst deutlich später benötigt. Mein Tipp daher: Beginnt gleich mit der Kampagne, vor allem da ihr dort auch am laufenden Band Tooltips erhaltet, die euch die wichtigsten Elemente noch einmal erklären. Und bringt etwas Geduld mit, denn die Ladezeiten fallen mitunter arg lang aus.


Die außergewöhnliche Optik ist zweifelsohne eines der Highlights des Spiels. Nicht nur sind die einzelnen Kreaturen liebevoll im mittelalterlichen Stil gezeichnet und animiert, im Laufe der (Story-) Schlachten schreibt euer Schreiberling auf dem Pergament, auf dem die Kämpfe stattfinden, auch eine kleine Geschichte auf, die wirklich den Eindruck vermittelt, dass hier gerade ein mittelalterliches Buch entsteht. Das Spiel ist letztendlich voll von solchen kleinen Details, die es zu einem kleinen Augenschmaus machen. Hinsichtlich der Lokalisierung wurden zudem alle Texte ins Deutsche übersetzt.

Unser Fazit

8

Ein Spiele-Hit

Meinung von Florian McHugh

Inkulinati hatte mich bereits bei seiner Ankündigung aufhorchen bzw. aufblicken lassen. Der besondere Grafikstil, vermischt mit einem schrägen Humor, hat dabei voll und ganz meinen Geschmack getroffen. Herausgekommen ist dabei ein rundenbasiertes Strategiespiel, das Kenner und Experten letztendlich nicht allzu sehr fordern dürfte, trotz allem noch genug Hirnschmalz und strategisches Grundverständnis fordert, um zu unterhalten.
Mein persönliches Highlight: Zweifelsohne die wirklich schöne Optik

Awards

Spiele-Hit

Die durchschnittliche Leserwertung

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Kommentare 5

  • Taske

    Turmheld

    Klingt gut!


    Und ist auch - zumindest von der wirklich sehr gelungenen Optik her - doch mal was ganz anderes.


    Werde ich mir kaufen. :)

  • UNCLDNS

    Turmheld

    Danke für den Test!

    Liest sich gut und landet auf der Wunschliste.

  • Ch3ck3rM0n

    Turmheld

    Jetzt noch ne physische Fassung und ich bin Happy

  • wonderboy

    Turmfürst

    Verehrter Mister McHugh,


    wie sieht/hört es sich mit der Musikuntermalung aus ?

  • Florian McHugh

    Retro-TowerCaster

    Verehrter Mister McHugh,


    wie sieht/hört es sich mit der Musikuntermalung aus ?

    Verehrter Herr und zu wonderboy,


    das ist sehr knapp zusammengefasst.


    Hauptmenü: epische Musik

    Kampfmusik: angenehme Hintergrund-Duddelei im mittelalterlichen Stil


    Also nichts, was ich als erwähnenswert erachtet habe ;)