Eine neue Ära der Mystery Dungeon-Spiele?

Die Mystery Dungeon-Spiele zählen zu den Mitbegründern des Roguelike-Genres und stellen Spielerinnen und Spieler seit nunmehr über 30 Jahren vor die Herausforderung, einen oder mehrere Dungeons in nur einem einzigen Anlauf zu bewältigen. Während Spike Chunsoft ‒ das Studio hinter den Mystery Dungeon-Titeln ‒ im Laufe der Jahre die eine oder andere Kooperation mit bekannten Marken wie Final Fantasy, Dragon Quest oder auch Pokémon einging, handelt es sich bei Shiren the Wanderer um einen eigenen Charakter, der als Urgestein der Reihe nun auch schon fast 30 Jahre auf dem Buckel hat. Seinen letzten Auftritt hatte der stumme Protagonist in „The Tower of Fortune and the Dice of Fate“ auf der Nintendo Wii und dem DS. Das Spiel kann aber auch seit dem Jahr 2020 Dank einer Portierung für die Nintendo Switch nachgeholt werden. Nun liegt uns mit Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island der sechste Hauptteil der Reihe vor und öffnet das Tor zu einem brandneuen Dungeon, der von euch erkundet werden möchte. Worauf ihr euch dabei gefasst machen solltet, verrät unser nachfolgender Test.


Serpentcoil Island ist der Schauplatz des neuesten Abenteuers von Shiren the Wanderer

© Spike Chunsoft

Die Mystery Dungeon-Spiele leben für gewöhnlich nicht von einer allzu tiefgründigen Handlung. Sie lässt sich auch im Falle von The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island recht schnell zusammenfassen: Der namensgebende Protagonist streift mit seinem sprechenden Frettchen Koppa durch ein verdorrtes Land, in dem sich die Menschen einer Laune des Sonnengottes, der sämtliche Wolken vertrieben hat, ausgeliefert sehen und ums Überleben kämpfen. Shiren hingegen zieht es jedoch zur Serpentcoil Island, auf der ein sagen- umwobener Piratenschatz im Bauch eines gewaltigen Monsters auf heldenhafte Abenteurer warten soll. Dort angekommen bahnt sich der erfahrene Wanderer seinen Weg zum Gipfel der Insel und steht dort der Bestie aus den Legenden gegenüber. Ohne Erinnerungen an den Weg, den er zuvor zurücklegte, unterliegt er im Kampf und erwacht in einem kleinen Dorf am Fuße des Berges. Lediglich die Erinnerung an ein mysteriöses Mädchen, welches ihm beim Kampf gegen das Monster erschienen war und um Hilfe bat, ist ihm geblieben. Und so machen sich Shiren und sein tierischer Begleiter auf, um erneut den Gipfel der Insel zu erklimmen, der Bestie den Garaus zu machen und dem Geheimnis des Mädchens auf den Grund zu gehen.


Vom Strand von Shukuba aus startet ihr eure Spieldurchläufe. Es gilt, die insgesamt 31 „Stockwerke“ der Insel zu erklimmen. Ihr müsst euch hier nicht nur einem einzigen Mystery Dungeon stellen, sondern gleich mehreren, die zusammen die Umgebung der Insel mit verschiedenen Biomen darstellen. Dazwischen findet ihr Dörfer und andere Ruhepunkte, wo ihr eure Vorräte aufstocken, neue Charaktere kennenlernen und anderen Tätigkeiten nachgehen könnt. Der Fokus des Gameplays liegt aber natürlich ganz auf der Erkundung von Serpentcoil Island. In den einzelnen Stockwerken seid ihr nicht allein ‒ Ihr müsst euch Horden von Gegnern entgegenstellen, nach nützlichen Items und Ausrüstungsgegenständen Ausschau halten sowie fiesen Fallen entgehen. Solltet ihr das Zeitliche segnen, heißt es zurück zum Anfang – ganz zum Anfang. All eure gewonnene Erfahrung sowie eingesammelten Gegenstände gehen verloren. Sofern ihr sie nicht schützt, indem ihr sie beispielsweise in einem Lager ablegt.


Bei der Erkundung der Dungeons sind Vorsicht und vorausschauendes Handeln gefragt

© Spike Chunsoft

Bei der Erkundung der prozedural generierten Dungeons bewegt ihr euch wie auf einem Schachbrettmuster umher. In den Optionen könnt ihr es für eine etwas bessere Übersicht sichtbar machen. Jede Aktion, die ihr ausführt, erlaubt auch euren Gegnern, eine Aktion auszuführen. Bewegt ihr euch also um ein Feld, verfolgen euch diese ebenfalls um eines. Greift ihr an, setzen sie sich zur Wehr, während weitere Widersacher euch zusätzlich auf die Pelle rücken. Ziel des Ganzen ist es also nicht, mit größtmöglichem Getöse auf alle Feinde in eurer Umgebung loszugehen, sondern geschickt zu agieren, um Feinde auszuschalten und dabei eure eigenen Ressourcen zu schonen oder diese sogar zu umgehen. Während den Auseinandersetzungen dürft ihr nicht eure Gesundheit aus den Augen verlieren und dadurch euren Spieldurchlauf durch vorzeitiges Ableben gefährden. Stattdessen regeneriert ihr sie lieber durch Heilitems oder bloßes Herumlaufen. Letzteres kostet euch aber wiederum Ausdauer, die ihr mit Nahrung auffrischen müsst. Kommen dann noch mehrere Gegner, enge Gänge ohne Ausweichmöglichkeiten und Fallen, die euch mit lästigen Statuseffekten belegen, ins Spiel, wird euch schnell mehr taktisches Vorgehen abverlangt, als euch vielleicht lieb ist.


Im Laufe des Spiels gelangt ihr an stärkere Waffen und neue Ausrüstungsgegenstände, die euch das Leben zwar erleichtern, jedoch niemals die ständige Gefahr eures Ablebens vollständig beseitigen. Zu eurem taktischen Vorteil solltet ihr auch diverse andere Gegenstände nutzen: Steine und Pfeile, mit denen ihr Gegner aus der Distanz angreifen könnt, oder Zauberstäbe, die Schaden anrichten oder Statuseffekte auslösen können und vieles mehr. Durch bestimmte Ereignisse könnt ihr sogar neue Charaktere kennenlernen und als Partner für die Erkundung der Dungeons rekrutieren. Leider konnte ich in meiner bisherigen Spielzeit nur einen Charakter meiner Party hinzufügen und war entsetzt darüber, wie unfähig sich dieser anstellte. Bereits nach wenigen Minuten segnete er das Zeitliche. In diesem Fall hilft leider nur ein Neustart von Anfang an, um einen verlorenen Charakter erneut rekrutieren zu können. Jeder noch so kleine Fehler wird in The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island knallhart bestraft.


Von der immerwährenden Gefahr in den Dungeons könnt ihr euch zwischendurch in kleinen Dörfern erholen

© Spike Chunsoft

Solltet ihr doch einmal das Zeitliche segnen, euch aber einfach nicht mit eurem Verlust abfinden können, bietet euch der neuste Teil von Shiren the Wanderer einen kleinen Lichtblick: Neue Online-Features lassen euch die Rettung eures Charakters organisieren. So könnt ihr entweder eine Online-Anfrage erstellen, auf die andere Spielerinnen und Spieler eventuell reagieren und sich auf den Weg zu eurer Errettung machen, oder ihr könnt auch selber ‒ wie bei einem neuen Spieldurchlauf ‒ zu eurem letzten Aufenthaltsort aufbrechen. Das Spiel merkt sich eure Dungeon-Layouts und gibt so die exakt gleiche Spielerfahrung wie bei eurem zu rettenden Versuch wieder. Leider kann ich innerhalb meiner eigenen Testzeit von keinen hilfreichen Online-Spielerinnen und -Spielern berichten. Wollte ich meinen Spielversuch fortsetzen, musste ich selbst tätig werden und zur Rettung ausrücken. Auch empfinde ich es spielerisch als nicht sonderlich befriedigend, im Falle eines Ablebens im Zweifelsfall tagelang auf eine mögliche, jedoch nicht garantierte Rettung durch fremde Hand zu warten.


Grafisch bringt The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island zwar frischen Wind in die Shiren the Wanderer-Reihe, wirkt jedoch aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung, was die Nintendo Switch eigentlich leisten kann, eher altbacken und erinnert bestenfalls an die grafischen Möglichkeiten der Nintendo GameCube-Ära. Ähnlich verhält es sich auch beim Sounddesign. Immerhin kann ich von keinerlei Abstürzen oder spürbaren Einbrüchen bei der Bildrate berichten, wenngleich mich Letzteres bei der grafischen Aufmachung auch überrascht hätte. The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island richtet sich aufgrund des für meine Ansprüche recht hohen und nicht sonderlich verzeihenden Schwierigkeitsgrades eher an Veteranen der Mystery Dungeon-Reihe. Für Neueinsteiger werden leider keinerlei Möglichkeiten angeboten, den Titel zugänglicher zu machen und das Spiel auf eine unbeschwerte Art genießen zu können. Schade, denn in einer Zeit, in der viele Entwicklerstudios auch Spielerinnen und Spieler mit unterschiedlichen Fähigkeiten im Blick haben, schränkt man hier die eigene Zielgruppe radikal ein. Zu guter Letzt sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass das Spiel keine deutschen Bildschirmtexte bietet.

Unser Fazit

7

Spaßgarant

Meinung von Philipp Pöhlmann

Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island ist der sechste Hauptteil der Roguelike-Reihe um den titelgebenden Helden. Im klassischen Mystery Dungeon-Gameplay erkundet ihr eine ganze Insel voller gefährlicher Widersacher, die euch am Weiterkommen hindern wollen. Bei der Erkundung müsst ihr stets taktisch vorgehen, indem ihr Gegner genau beobachtet und deren Aktionen studiert, nützliche Items und Ausrüstungsgegenstände aufspürt und Fallen umgeht. Solltet ihr nicht aufpassen, segnet ihr das Zeitliche und müsst euren Durchlauf ganz von vorne beginnen. Einige hilfreiche Funktionen wie ein Lager, in dem ihr Gegenstände aufbewahren könnt, oder Rettungsmissionen, um euren gefallenen Charakter wiederzubeleben, machen das Spiel nur geringfügig einfacher. Zielpublikum sind hier ganz klar eingefleischte Fans der Reihe, die sich über einen neuen Eintrag nach über einem Jahrzehnt sicherlich freuen werden. Genre-Neulinge sollten zunächst zu einer etwas zugänglicheren und frustfreieren Erfahrung greifen.

Die durchschnittliche Leserwertung

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Kommentare 4

  • MarioWonder

    Turmfürst

    Danke für den Test da wird sich playersdestiny freuen! <3

  • hobbit2k

    Turmritter

    Wenn ich den Test so lese „man schränkt dieZielgruppe ein“, ganz ehrlich.. Es ist eher ein Roguelike als ein Roguelite weil spätere Dungeons auch keine Carry-Ins erlauben. Nächster wichtiger Punkt; dieses Spiel ist eben nicht für die große Playerbase und das ist auch gut so weil die Spieler die die Serien lieben eben genau das haben wollen und kein Problem mit dem genretypischen Permadeath/Lost haben. Das gehört zur Spielerfahrung und macht den Reiz aus. Wer ein Roguelike spielt und mimimi macht wegen Permadeath, der spielt einfach das falsche Spiel. Verstehe auch nicht warum man das einem Roguelike vorwirft.

  • playersdestiny

    DestinysPlayer

    Ich finde es genial. Für mich eine 11/10 oder sogar eine 12/10 :)


    Es ist genretypisch nicht ganz einfach, aber aus meiner Sicht ist die Frustgefahr dank der Events und alternativen Routen eher niedrig. Wer das Genre mag, bekommt eine echte Perle, die über viele Stunden motiviert!

  • Abbel

    Turmamazone

    Finde den Teil auch super gelungen! Hatte erst Sorge, dass es mir zu schwer ist, wegen fehlendem Undo-Grass und so. Aber wurde positiv überrascht. Macht wirklich viel Spaß <3