Beweist euch den Göttern!

Die nordische Mythologie scheint momentan in der Videospielindustrie fast schon ein kleiner Trend geworden zu sein. Denn neben Titel wie God of War oder auch einem Hellblade, reihen sich auch kleinere Titel in die Welt der Germanen ein. Jotun: Valhalla Edition ist einer dieser Titel und kam sogar deutlich eher heraus, als die beiden oben genannten, wodurch eventuell die kleinen Indie-Titel doch einflussreicher sein könnten, als man vielleicht glauben will… oder es ist einfach nur Einbildung, wer weiß.


Doch was ist Jotun eigentlich? Wenn man sich zunächst auf die harten Fakten stürzt, ist Jotun ein zweidimensionales Action-Adventure, dessen Spielewelt deutlich von der nordischen Mythologie inspiriert wurde. Unsere Protagonistin trägt den Namen Thora, eine rothaarige und Axt-schwingende Wikingerin, die vor Beginn unseres Abenteuers einen unrühmlichen Tod auf hoher See starb. In der nordischen Vorhölle erhält sie nun von den Göttern eine Chance auf Bewährung – wenn sie die Götter beeindruckt, wird ihr dennoch der Zugang zu Valhalla gewährt. Um dies zu erreichen, muss sie die sechs namensgebenden Jotun besiegen, welche sich als Bossgegner wirklich epischen Ausmaßes entpuppen. Bevor sie sich den jeweiligen Kolossen stellen kann, müssen verschiedene weitläufige Landschaften auf der Suche nach zu aktivierenden Runen durchforstet werden. Das Gameplay ist also prinzipiell in zwei Grundaspekte aufgeteilt: Erforschen von großen Arealen und Bekämpfen von noch größeren Bossgegnern.


Erforscht riesige Landschaften!


In diesem Level müssen wir an riesigen Wurzeln herunterrutschen.

Während man durch die sehr unterschiedlichen Unterlevel, beispielsweise frostige Eiswüsten, von riesigen Vögeln bewohnte Bäume oder brodelnde Lava-Landschaften, streift, muss nur selten die Axt geschwungen werden. Hier steht die Erkundung im Mittelpunkt, stellenweise müssen zudem Rätsel gelöst werden, die jedoch häufig seicht ausfallen. Im Pausemenü hilft uns die undetaillierte Karte beim Erforschen nur wenig, was aber auch Absicht ist, da es die Aufgabe des Spielers ist, sich anhand weniger Anhaltspunkte in den Landschaften zu orientieren. Wie ausgiebig die Gegenden erkundet werden, bleibt dem Spieler teilweise selbst überlassen. Bestimmte Runen müssen auf jeden Fall aktiviert werden, um Zugang zu den Endbossen zu erhalten, aber darüber hinaus ist es optional, wie vollständig man die Level auskundschaftet. Fleiß lohnt sich aber, da sich diverse Power-Ups und Zauberkräfte finden lassen, die für die Kämpfe von elementarer Bedeutung sind.


Die von den Göttern erhaltenen Zauber lassen euch beispielsweise die eigene Energieleiste auffüllen, einen mächtigen Hammer schwingen oder schützende Schilde aktivieren. Die Zauber lassen sich mittels der Schultertasten auswählen und mit Drücken des A-Knopfes aktivieren. Darüber hinaus bleibt die Bedienung von Thora auch recht simpel. Ihr bewegt eure Heldin entweder mit dem Analogstick oder dem Steuerkreuz und könnt mit der Y-Taste schnelle Axthiebe sowie mit der X-Taste kräftigere, aber aufzuladende Hiebe austeilen. Zudem könnt ihr im Stile der Zelda-Spiele mit dem B-Knopf eine Vorwärtsrolle ausführen, die sich in jedem Kampf als lebensnotwendige Aktion erweist.


Besiegt noch riesigere Bossgegner!


Trotz alledem sei hier zu erwähnen, dass das Spiel sich insgesamt sehr langsam spielt, da sowohl die Bewegungen von Thora, als auch die jeweiligen Angriffsmuster der Bosse innerhalb der Kämpfe eher vorausschauende Taktiken voraussetzen, als superschnelle Reflexe.


Die Größenverhältnisse bei den Kämpfen sind nicht ganz fair.

Jene Kämpfe gegen die bildschirmfüllenden Kolosse stellen dann auch den Mittelpunkt des Spielspaßes dar - jedenfalls, wenn man einem hohen Schwierigkeitsgrad nicht abgeneigt ist. Schon die Ausflüge in die riesigen Landschaften verdeutlichen euch, wie winzig Thora im Gegensatz zum Rest der Spielewelt ist. In den Auseinandersetzungen mit den Jotun seid ihr dann auch körperlich gewaltig im Nachteil – die Kämpfe mit „David gegen Goliath“ zu vergleichen, wäre die Untertreibung des Jahrtausends. Dementsprechend ist ein vorsichtiges Vorgehen essentiell, denn bereits wenige eingesteckte Treffer sorgen für euren Bildschirmtod. Die gesammelten Zauberkräfte können jeweils nur sehr begrenzt eingesetzt werden und müssen aus diesem Grunde wohlbedacht dosiert werden. Die Angriffsmuster der Jotun müssen analysiert und durchschaut werden, teilweise muss die Umgebung mit einbezogen werden. Analysieren ist hier auch ein gutes Stichwort, denn durch die langsamen Bewegungen eurer Hauptprotagonistin kann es manchmal dazu führen, dass ihr bestimmten Angriffen innerhalb der Bosskämpfe nur sehr knapp bis gar nicht ausweichen könnt, da ihr nicht genau wisst, was auf euch zukommt. Denn selbst wenn ihr eine gekonnte Ausweichrolle startet, kann diese euch gegebenenfalls auch nicht vor den flächendeckenden Angriffen der einzelnen Bosse helfen. Aus dem einfachen Grund, da die Angriffe der Bosse zu breitflächig daherkommen und euer Charakter nicht schnell genug agieren kann, um diesen auch ausweichen zu können. Der immense Größenunterschied zwischen euch und den Bossen ist zwar beeindruckend, führt aber auch automatisch einen höheren Angriffsradius bei Attacken herbei. Dieses Problem hätte vermieden werden können, wenn der Angriffsradius der Bosse besser auf das langsame Gameplay angepasst wäre oder Thora schnellere Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung hätte. Somit kommt gerade am Anfang schonmal ein leichtes „Trail and Error“-Gefühl hervor, welches sich dann später allerdings durch die gefundenen Zauber deutlich verbessert und legt. Kämpfe, die zunächst aussichtlos erscheinen, werden dann zunehmend machbar und so ist die Freude immens, wenn ihr einen der Titanen nach etlichen Versuchen endlich in die Knie zwingt. Lediglich einer der Jotun ist vergleichsweise kinderleicht zu besiegen, was einen leicht unausgewogenen Eindruck hinterlässt.


Auch auf einem gefrorenen See müssen wir stets die Augen offen halten!

Während das Spiel mit den epischen Kämpfen beeindruckt, bekam ich beim Rest des Spiels den Eindruck, dass der Titel sein Potential nicht voll ausschöpft. Ich wartete darauf, dass das Spiel noch einen Gang hochschaltet, was aber nicht passierte. Das etwas unbefriedigte Gefühl nach dem Abspann lässt sich sicherlich auch mit dem geringen Umfang begründen. Knapp acht Stunden sind wirklich nicht viel, da vor allem die ständig zu wiederholenden Kämpfe einen Großteil der Spielzeit ausmachen. Mehr Erkundungslevel, die auch inhaltlich komplexer ausfallen, hätten dem Spiel gut getan. Während die Storyline für Fans der nordischen Mythologie sicher ein gefundenes Fressen ist, ließ sie mich weitestgehend so kalt wie die Eis-Level, Interesse und Spielspaß generierte lediglich das Gameplay und die gelungene Technik, über welche jetzt auch noch gesprochen werden muss.


Jotun ist ein wunderschönes Spiel. Die handgezeichneten Comic-Grafiken und tollen Animationen sind eine Augenweide, die ihresgleichen suchen. Vom ästhetischen Standpunkt her muss man dem Spiel die höchsten Komplimente aussprechen – auch die nordischen Götter wären wohl erfreut! Im Bereich der Akustik muss vor allem die isländische Synchronisation gelobt werden, die das Flair des Titels perfekt herüberbringt. Die Soundeffekte und Musikstücke fügen sich ebenso ins stimmige Gesamtbild ein.


Wer sich abschließend fragt, was die besonderen Merkmale der „Valhalla Edition“ sind, dem sei gesagt, dass dieser Zusatz nicht der Rede wert ist. Im gleichnamigen Spielmodus könnt ihr nochmal gegen verstärkte Versionen der Jotun antreten, wobei unterschiedliche Statistiken wie die benötigte Zeit erfasst werden. Der Spieler soll zu einer Art Highscore-Jagd animiert werden, was ein netter Bonus ist, aber keinen nennenswerten Mehrwert bietet. Ebenfalls bietet die Nintendo Switch-Version des Titels keinerlei neuen Inhalt, und beschränkt sich einzig und alleine auf den portablen Aspekt der Hybrid-Konsole.

Unser Fazit

7

Spaßgarant

Meinung von Patrick Gawor

Jotun: Valhalla Edition ist ein ästhetisch unglaublich schöner Titel, der viel Charme innerhalb der nordischen Mythologie versprüht. Auch wenn das Spiel innerhalb seines Gameplays und Umfangs nicht gänzlich sein Potential entfalten kann, macht das Besiegen der einzelnen Bosse durchaus Spaß und ist definitiv empfehlenswert für Leute, die eine Herausforderung suchen oder einen faible für die nordische Mythologie besitzen. All jene, die allerdings auf schnelles Ausweichen und eine mitreißende Story hoffen, sollten sich wohl eher nach einem anderen Titel in dieser Richtung umschauen.
Mein persönliches Highlight: Der wunderbar gezeichnete Artstyle, welcher absolut stilsicher rüber kommt

Die durchschnittliche Leserwertung

3 User haben bereits bewertet

Kommentare 4

  • air

    Turmheld

    Und im eShop in Russland für ca. 4,59€ statt der 14,99€ die bei uns fällig wären.

  • Skerpla

    任天堂

    Es ist halt was besonderes. Ähnlich wie Never Alone: Kisima Inŋitchuŋa.
    Wem sowas gefällt, der kann auch hier nichts falsch machen.

  • Jawanese

    Turmritter

    Nach God of War reizt mich das aufgrund der nordischen Mythologie ja schon ein wenig :D
    Behalte ich mal im Auge.

  • Marvomat

    Turmbaron

    Das Spiel wurde auf Steam schonmal verschenkt lol