Unser Test zum Spiel: Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance
Vor zehn Jahren erschien der erste Ableger der Kingdom Hearts-Reihe und diese fasziniert seitdem eine große Schar an Fans. Das liegt nicht nur an der schönen, wenn auch sehr komplexen Story, sondern auch an den vielen Ideen, die in den Spielen stecken und die Besonderheit, dass jeder Titel so seine eigenen Aspekte und Spezialitäten hat. Kein Wunder also, dass viele Fans (mich eingeschlossen) ganz ungeduldig auf Kingdom Hearts: Dream Drop Distance gewarten haben. Nun ist der Titel endlich erschienen und ich habe getestet, ob das Spiel seinen Erwartungen gerecht wird.
Die Story von Kingdom Hearts: Dream Drop Distance beginnt äußerst verwirrend, selbst für Fans der Serie. Sora und Riku, die beiden Hauptcharaktere des Spiels, sollen an der Meisterprüfung teilnehmen, um wahre Meister des Schlüsselschwertes zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sieben Schlüssellöcher in sieben „schlafenden Welten“ geöffnet werden. Dabei handelt es sich um Welten, die es nach der Wiederherstellung aller Welten im ersten Teil von Kingdom Hearts nicht geschafft haben, wieder aufzuerstehen und somit in einer Art Traum gefangen sind. Doch die Prüfung verläuft nicht wie gewollt und auch die ehemaligen Mitglieder der Organisation XIII tauchen wieder auf. Allerdings nicht als Niemande, sondern als echte, vollständige Menschen. Welche Gründ dies hat und warum Xehanort ein immer gefährlicher werdender Gegner ist, erfahrt ihr im Laufe der sehr komplexen Story.
Ihr startet das Spiel als Sora und lernt mit ihm die ersten Grundmechanismen des Spiels kennen, während ihr Neku aus The World Ends With You folgt. Hierbei fällt direkt auf, dass in Dream Drop Distance das aus Birth by Sleep und Re:Coded bekannte Deck-System zum Einsatz kommt. Dabei wählt ihr Spezialangriffe wie beispielsweise Feuer, Vita oder Schwertwurf aus und packt diese in euer Deck. Auf Knopfdruck setzt Sora (oder Riku) dann den Angriff ein. Bis die Attacke erneut genutzt werden kann, muss jedoch immer eine gewisse Zeit gewartet werden – je stärker die Attacke, desto länger die Wartezeit. Gänzlich neu hingegen ist das Freier Fluss-System, welches das Spiel eine ganz neue Richtung gibt. Damit ist es möglich, Riku und Sora blitzschnell durch die Levels zu bewegen und viele Objekte in den Kampf einzubinden. So kann man sich von der Wand abstoßen und mit hoher Geschwindigkeit auf die Gegner zurasen, sich an einer Stange drehen und mit einer rotierenden Attacke angreifen oder größere Feinde wegschleudern. Weil damit eine unglaublich schnelle Fortbewegung möglich ist, sind die einzelnen Areale in den Welten teilweise deutlich größer als in den Vorgängern. Gleichzeitig können auch viel mehr Schätze gefunden werden, welche wirklich schwer versteckt sind in einigen Fällen, allerdings unbedingt gesucht werden sollten. Denn diese beinhalten wichtige Kommandos für euren Charakter oder neue Materialien und Rezepte für neue Traumfresser. Moment, Traumfresser? Was ist das denn?
Traumfresser sind die neuen Gegner und gleichzeitig eure neuen Kameraden in Dream Drop Distance. Da Sora und Riku sich nun in Welten jenseits der Realität bewegen, gibt es keine Herzlosen oder Niemande als Feinde, weswegen die Traumfresser als neue Feinde agieren. Diese werden in zwei Kategorien unterteilt: Alpträume und Geister. Die Alpträume sind euch feindlich gesinnt und wollen euer virtuelles Leben auslöschen. Es gibt sie in zahlreichen Formen und Farben, wobei sie immer eine Tierart repräsentieren. Ob Giraffe, Hund, Katze oder sogar T-Rex: Das Spektrum ist groß und vielfältig. Das Besondere daran: Fast alle Alpträume gibt es auch als gutes Gegenstück, sprich als Geist. Und die Geister dienen, wie bereits erwähnt, in diesem Spiel als eure neuen Kameraden und ersetzen damit quasi Donald und Goofy. Dabei könnt ihr immer drei Traumfresser in der Gruppe haben, wovon euch zwei begleiten. Der Dritte sitzt quasi auf der Auswechselbank und kann jederzeit über den Touchscreen eingetauscht werden.
Doch die Möglichkeiten, welche die Geister mit sich bringen, sind weit größer als die bloße Unterstützungs-Funktion im Kampf. So könnt ihr, wenn die entsprechende Link-Leiste gefüllt ist, einen Spezialangriff mit Sora durchführen, welcher von Geist zu Geist anders ausfällt. Riku hingegen verleihen die Traumfresser für die Zeit der Verbindung einen neuen Kampfstil, mit dem er beispielsweise mit Fledermausflügeln durch die Gegend fliegen oder mithilfe eines Wasser-Surfbretts die Feinde attackieren kann. Außerdem lassen sich die beiden aktiven Geister auch kombinieren und halten somit noch stärkere Angriffe bzw. Kampfstile parat.
Der Geister-Unterpunkt im Startmenü bietet dann noch einmal eine ganze Reihe an Möglichkeiten mit den putzigen Tierchen. Dort könnt ihr eure Gruppe organisieren oder neue Geister mit gesammelten Traumfragmenten kreieren. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: entweder ihr nutzt erhaltene Rezepte, um ein neues Mitglied zu erschaffen, oder sucht einfach ein paar Materialien aus und kombiniert diese auf gut Glück. Aber keine Angst, dies funktioniert nur, wenn auch wirklich ein Geist dabei herauskommen wird. Auch zeigt euch das Spiel direkt an, welche Traumfresser kreiert werden können. Interessant beim Selbstkreieren: Manchmal kann es passieren, dass ein ganz anderer Traumfresser dabei herauskommt und ihr komplett überrascht werdet. Wenn man dem aus dem Weg gehen möchte, sollte man aber lieber die Rezepte nutzen.
Wer den Geister-Punkt aufruft, dem wird direkt auffallen, dass die Geister in der realen Welt umherlaufen – sprich, das Spiel nutzt die Kamera des 3DS und projeziert somit die Geister in eure Wohnung. Dabei könnt ihr auswählen, ob ihr die Außen- oder Innenkamera benutzen wollt. Möchtet ihr diese AR-Funktion gar nicht nutzen, gibt es noch einen internen 3D-Hintergrund, der die Kameras abschaltet und die Geister durch eine bunte Gegend laufen lässt. Doch ihr seht die Tiere nicht nur durch eure Wohnung spazieren, sondern könnt mit ihnen diverse Minispiele absolvieren. So könnt ihr ein Ballon-Spiel spielen, in dem euch die Traumfresser Ballons entgegenwerfen und ihr sie über den Touchscreen parieren müsst. Oder lasst die Wohnung mit Wasser füllen und schießt die Traumfresser in Luftblasen durchs Wasser, um Punkte zu sammeln. Die Spiele machen Spaß, sind aber leider nicht nur zur reinen Belustigung da. Leider sage ich, weil man auf diese Weise am besten die nützlichen Link-Punkte sammeln kann, welche wichtig für die Entwicklung der Traumfresser und auch von Sora und Riku sind. Diese bekommt man zwar auch durch normale Level-Ups der Geister, aber nur auf diese Weise sehr effektiv. Anfänglich macht das noch Spaß, aber irgendwann nervt es dann doch ein wenig, wenn man für ein paar Punkte diese Spiele absolvieren muss.
Des Weiteren kann man mit einer Farbpistole die Farbe der Traumfresser ändern und ihnen leckere Süßigkeiten geben, um ihre Attribute oder den Freundschaftslevel zu erhöhen. Der wichtigste Aspekt ist jedoch der Fertigkeitslink. Dies ist ein Brett, welches jeder Traumfresser individuell besitzt. Auf diesem könnt ihr mithilfe von gesammelten Link-Punkten neue Kommandos und Fähigkeiten für Sora und Riku kaufen. Dabei gibt es allerdings verschiedene Hürden zu meistern: So muss manchmal, um an neue Kommandos zu kommen, ein bestimmtes Level des Geistes erreicht sein oder das Wesen, welches jeder Traumfresser individuell hat, geändert werden, um dann an eine neue Route zu gelangen. Somit ist es also nicht ganz einfach, an die Fähigkeiten jedes Traumfressers und somit an alle Kommandos für Sora und Riku zu gelangen.
Doch damit noch nicht genug: Ein weiteres, sehr spaßiges Spiel mit den Geistern wird relativ früh im Spiel freigeschaltet. Dabei handelt es sich um „Flinke Flitzer“. Darin könnt ihr die Traumfresser in einem Duell gegeneinander antreten lässt. Dies könnt ihr entweder gegen die CPU in einem Turnier tun oder per lokalem W-Lan gegen einen Freund. Dabei wird ein Prinzip angewendet, das Fans von Kingdom Hearts: Chain of Memories bekannt sein dürfte. So schickt ihr eure Gruppe von drei Traumfressern in den Kampf und müsst anhand von Karten, welche nummeriert sind, attackieren. Jede Karte steht für einen bestimmten Angriff. Die Nummer der Karte gibt an, wie „stark“ sie ist. Kleines Beispiel: Ihr setzt eine Karte, welche eine Stärke von 5 besitzt, euer Gegner aber eine Karte mit der Nummer 6. Dann seid ihr nicht stark genug und wurdet gestochen; der Gegner kann euch Schaden zufügen. Auch könnt ihr mithilfe der Karten einen Schutzschild aufbauen und so künftigen Angriffen entgehen, denn jedes Monster hat nur eine bestimmte Anzahl an Karten, welche regelmäßig neu aufgeladen werden müssen. Während dieser Aktion ist man sehr angreifbar und sollte sich deswegen schützen. Oft kommt es vor, dass man zwei Karten mit derselben Nummer gegeneinander ausspielt. Passiert dies, startet ein kleines Duell, in dem ihr schnell drei gleiche Symbole mit euren Karten bilden müsst, während euer Gegner natürlich dasselbe versucht. Der Gewinner dieses Mini-Duells teilt dann ordentlich Schaden aus. Das Spiel ist sehr flott und man muss sich erst an die Geschwindigkeit gewöhnen, es macht aber ordentlich Spaß.
Während der ersten Schritte mit Sora bekommt man schon einen guten Blick auf die Grafik des Spiels und den 3D-Effekt. Grafisch sieht Kingdom Hearts: Dream Drop Distance einfach fantastisch aus und ich gehe so weit zu sagen, dass es momentan mit zu den hübschesten Spielen auf dem Nintendo-Handheld gehört. Die Areale sind vielfältig und bunt gemischt, außerdem sorgt der 3D-Effekt für eine ordentliche Tiefe und verleiht der Grafik zusätzlichen Charme. Dabei ist es beeindruckend, dass Square Enix es geschafft hat, eine nahezu immer flüssige Framerate zu zaubern. „Nahezu immer“ schreibe ich, weil es dann doch manchmal bei all der Action zu kleinen Einbrüchen kommt, die dann allerdings mit und ohne eingeschaltetem 3D-Effekt vorkommen. Auch musikalisch bekommen wir ein wahres Meisterwerk abgeliefert. Dabei gibt es neue Versionen von bekannten Liedern (Dearly Beloved dürfte wohl für jedem Fan der Reihe erneut ein wahrer Ohrenschmaus sein) und auch gänzlich neue Songs. Besonders herausstechend war dabei übrigens ein Lied aus „Der Nussknacker“, welches unfassbar epochal rüberkommt (Anm. d. Red.: Es handelt sich dabei um den Blumenwalzer von Tschaikowsky). Ebenfalls sehr gut gelungen ist die englische Sprachausgabe, welche in jeder Zwischensequenz vorzufinden ist. Genauer gesagt gibt es eigentlich fast keine Sequenzen, in denen per normalem Bildschirmtext kommuniziert wird. Schade ist allerdings, dass Square Enix mittlerweile keine deutsche Synchro mehr bei Kingdom Hearts mitliefert, obwohl diese in den beiden PS2-Ablegern wirklich fantastisch war.
Nach einiger Spielzeit mit Sora wechselt das Geschehen dann zu Riku und ab dann ist es möglich, jederzeit zwischen den beiden Charakteren mithilfe der Sturz-Funktion zu wechseln. Zwar ist es möglich, dies manuell durchzuführen, doch der Titel zwingt euch durch die Sturz-Leiste dazu, automatisch zwischen den Charakteren zu wechseln. Zwar könnt ihr dann direkt wieder beispielsweise von Sora auf Riku zurückwechseln und den Titel vorerst nur mit einem Charakter durchspielen, aber diese Vorgehensweise wäre äußerst unvorteilhaft. Außerdem lebt der Titel von dem ständigen Wechsel zwischen den Figuren, auch für das Verständnis des Geschehens in den Welten ist dies die bessere und auch vorgesehene Lösung. Ein weiterer Grund, nicht ständig hin und her zu stürzen, sind die Sturzpunkte, die ihr von besiegten Feinden erhaltet. Mit diesen könnt ihr bei jedem Sturz gewisse Boni für den kommenden Charakter kaufen, beispielsweise eine langsamere Sturz-Leiste oder einen Angriffsbonus. Auch tauchen manchmal neue Kommandos oder seltene Items auf, welche nur auf diesem Weg zu bekommen sind. Es lohnt sich also, nicht zu früh wieder zu wechseln und ordentlich Punkte zu sammeln.
Ebenfalls neu sind die Realitätswandel, welche von Welt zu Welt unterschiedlich sind. Diese werden bei geschwächten Gegnern oder an Gegenständen in der Umgebung über den Touchscreen ausgeführt. Daraufhin müsst ihr über den Touchscreen beispielsweise den Gegner mit einer Schleuder auf die Feinde schießen oder ein kleines Minispiel absolvieren, in denen ihr Noten rechtzeitig drücken müsst. Positiv daran ist, dass all diese Sachen mit dem Daumen absolviert werden können und man nicht extra den Stylus herausholen muss.
Doch auch wenn alles fantastisch klingt, so gibt es für mich zwei gravierende Kritikpunkte: Zum einen ist die Kamera - fast schon serientypisch - aufgrund des flotten Kampfsystems teilweise sehr hektisch und nicht immer optimal. Eine Nachjustierung per Schultertasten oder eine direkte Anvisierung des Gegners sind oft die einzigen Möglichkeiten, wieder für Durchblick zu sorgen. Dabei kann es aber passieren, dass ihr ausversehen das Tastenkürzel für einen Linkangriff drückt. Das ist mir oft passiert und war echt nervig. Aber man gewöhnt sich daran. Zwar kann man auch das Circle Pad Pro benutzen und die Kamera mit dem zweiten Stick steuern, aber so wirklich effektiv ist das auch nicht.
Der zweite Kritikpunkt betrifft eher die Neuspieler, welche die Serie nicht kennen. Die Story ist, trotz interner Lexika und Zusammenfassungen der alten Teile, teilweise doch recht unverständlich und man kapiert als Neueinsteiger sicher nicht alles. Zumal die Zusammenfassungen – meiner Meinung nach – nicht wirklich ausreichend geschrieben sind und sie viele wichtige Aspekt nicht erwähnen.
Unser Fazit
9
Geniales Spiel