Unser Test zum Spiel: Tokyo Mirage Sessions #FE
Ich bin ehrlich: Letzten Dezember habe ich mir die japanische Version von Tokyo Mirage Sessions #FE importiert. Und das Spiel hat mir nur bedingt gefallen. An der japanischen Sprache lag es nicht, schon mit Xenoblade Chronicles X hatte ich damit kein Problem. Darum war mir am Anfang auch etwas unwohl, als mir dieser Titel zum Testen zugeteilt wurde. Aber ich mag die Herausforderung. Daher stürzte ich mich ein zweites Mal in das digitale Tokio, um für euch und für mich zu überprüfen, ob der Titel einen westlichen Spieler begeistern kann. Ein Bericht.
Tsubasa, Idol in der Ausbildung, fliegt mit ihrer Mirage ins Kampfgeschehen!
Nach einer dramatischen Szene in einem Konzertsaal findet sich der Hauptcharakter und Student Itsuki Aoi in einer Bar wieder. Dort trifft er auf die hübsche Tsubasa Oribe, die ohne Frage in unseren Itsuki verliebt ist. Er ist aber wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der das nicht merkt. Tsubasa möchte ein japanisches Idol werden. Idols sind Sängerinnen, Models, Schauspielerinnen und vieles mehr – absolute Superstars im Land der aufgehenden Sonne. Tsubasas Schwester, die vor einigen Jahren unter mysteriösen Umständen verschwunden ist, war ebenfalls in diesem Bereich tätig. In der Bar, in denen beide Charaktere sind, findet ein Casting statt. Der Moderator der Veranstaltung verhält sich jedoch merkwürdig. Auf einen Schlag wird alles dunkel, die umstehenden Schaulustigen winden sich in Schmerzen, während mysteriöse, gesichtslose Gestalten vor Itsukis Augen Tsubasa durch ein Portal verschleppen. Als Held der Stunde springt unser junger Held und Student hinterher und findet sich an einem kuriosen Ort, genannt Idolasphere, wieder, an dem unsere Gesetze der Physik nur begrenzt gelten. Kurz darauf wird er von einer der merkwürdigen Gestalten verfolgt, die ihn beinahe tötet… bis auf einmal eine mysteriöse leuchtende Kugel Itsukis Körper entspringt. Wie wir später lernen, handelt es sich dabei um Performa, Energie, die entsteht, wenn man eigene Probleme löst und über sich hinauswächst. Das Performa befreit das Monster, Mirage genannt. Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um Chrom handelte, einen der Hauptcharaktere aus Fire Emblem: Awakening. Mit Chrom und seinem neu dazugewonnenen Schwert an seiner Seite verwandelt sich Itsuki in seine Carnage-Form und kann nun auch endlich Gegner bezwingen. Kurz darauf trifft er auf Tsubasa, die ebenfalls eine Mirage als Partner gefunden hat. Gemeinsam mit ihrem Freund Touma Akagi, der bereits länger Mirage Master ist, können sie den besessenen Moderator des Castings bezwingen und mit der Hilfe des mysteriösen Idols Kiria die Idolasphere verlassen. In der realen Welt erfahren sie von Maiko Shimazaki, Chefin der Talentagentur Fortuna Entertainment, die zudem verdeckt die Unfälle mit den Mirages untersucht, dass das Problem mit den Wesen aus der anderen Welt sich häuft. Also schließen sich alle zusammen, um der Gefahr zu begegnen und nebenbei selbst Idols zu werden. Damit habe ich den Prolog kurz und kompakt zusammengefasst. Im späteren Teil des Spieletests werde ich noch weitere Aspekte beleuchten, jedoch nicht mehr spezifisch darauf eingehen, um unnötige Spoiler zu vermeiden.
Tokyo Mirage Sessions #FE ist ein mehr oder weniger klassisches rundenbasiertes JRPG und ein Crossover der Reihen Fire Emblem und Shin Megami Tensei. Euer Abenteuer findet in der bunten Welt Tokios statt. Als Itsuki erkundet ihr verschiedene Sektionen wie den berühmten Stadtteil Shibuya, Filmstudios, Cafés, Panoramaplätze, Shoppingmeilen und mehr. Die Oberwelt selbst ist jedoch nicht die Stärke des Spiels. Die einzelnen Gebiete sind eher klein und wirken trotz der vielen bunten Schatten von Menschen eher leer. Nur mit wenigen Menschen könnt ihr kommunizieren. Diese geben euch entweder Tipps, bieten euch kleinere Sidequests an oder reden über ihr Leben. Daneben habt ihr auch diverse Läden, die euch Dinge wie Kampfitems (zum Heilen, Wiederbeleben und Ähnliches) oder Ausrüstungen anbieten. Die wahre Stärke findet sich jedoch in den Dungeons wieder. In jedem Kapitel untersucht ihr eine Idolasphere, die das dunkle Abbild eines Gebiets aus Japan ist. Sei es eine Shopping-Mall, ein Filmstudio oder ein anderer Ort – jedes Gebiet wirkt trotz der monotonen, düsteren Farben, die das genaue Gegenteil des lebendigen Tokios sind, einzigartig. Es passt sich auch hervorragend der Story an, die sich darum dreht, wie Tsubasa und die anderen Charaktere ihre Karriere weiter vorantreiben. Zuerst will das junge Mädchen eine berühmte Sängerin werden, während sie später als Model und Filmstar antritt. Diese Integration macht die Dungeons erst besonders, da der Endboss üblicherweise eine Person ist, die den Mädchen (es kommen natürlich auch weitere Frauen wie die eingangs erwähnte Kiria oder auch Eleonora Yumizuru, meine persönliche Favoritin, hinzu) dabei helfen sollen, ihre Träume zu verwirklichen. Ein Fotograf, der einen Bikini-Feti… (Anm. der Redaktion: Niels, du sollst über die westliche Version berichten.) auf Hipster-Kleidung steht oder einen perfektionistischen Regisseur: Die Charaktere haben alle ihren Charme und sind eigentlich gar nicht wirklich böse, sondern zogen durch Enttäuschung und Wut Mirages an, die sie daraufhin kontrollierten. Mit der Performa, die die Charaktere generieren, können sie die Besessenen befreien und dann den Endboss bezwingen. In den Dungeons selber müsst ihr natürlich verschiedene Aufgaben lösen. Klassische Schalterrätsel treffen auf unsichtbare Labyrinthe und mysteriöse Riesenkameras, die einen zurück zum Anfang einer Idolasphere transportieren.
Idolasphere wie diese sind die Highlights von Tokyo Mirage Sessions #FE.
Ich habe schon erwähnt, dass das Kampfsystem in Tokyo Mirage Sessions #FE rundenbasiert ist. Drei eurer Charaktere, aber immer Itsuki, treten gegen mehrere Gegner an. Diese tauchen in der Oberwelt in Form von Schattenwesen auf. Die meisten von ihnen sind rot. Sollte die Kleidung blau sein, sind die Feinde besonders stark, während gelbe Klamotten auf seltene Gegner hindeuten. Im Kampfscreen, der einer Bühne nachempfunden ist und bei der das Publikum im Hintergrund völlig ausrastet, könnt ihr verschiedene Aktionen ausführen. Neben normalen Attacken gibt es auch spezielle Fähigkeiten. Diese Angriffe nutzen entweder spezielle Waffentypen (Speer, Schwert etc.) und/oder magische Attribute wie Feuer und Eis. Es gibt es auch unterstützende Fähigkeiten, die eure Werte wie Verteidigung und Angriff erhöhen und dieselbigen bei Feinden schwächen. Natürlich könnt ihr auch Items verwenden oder Charaktere auswechseln. Das könnt ihr pro Runde übrigens so oft machen, wie ihr wollt, bevor ein Angriff ausgeführt wurde. Aus diesem Grund könnt ihr solange nach einem Charakter suchen, bis ihr einen gefunden habt, der effektiv gegen den aktuellen Gegner antreten kann. Jeder Feind hat nämlich seine Schwächen, die es auszunutzen gilt. Bevor ihr jedoch herausfinden könnt, auf was euer Kontrahent allergisch reagiert, müsst ihr die jeweiligen Angriffe erst ausprobieren. Danach wird euch das Ergebnis beim erneuten Aufeinandertreffen angezeigt. Zusätzlich gibt es ganz besondere Angriffe, die jedoch erst aufgeladen werden müssen. Oben rechts in der Ecke des Bildschirms gibt es dafür eine Leiste. Maximal drei dieser SP-Balken könnt ihr gleichzeitig zur Verfügung haben. Die Angriffe, die ihr damit ausführen könnt, sind immer effektiv und besonders stark.
Habt ihr nun alle Feinde ausgeschaltet, gibt es zwei Arten von Erfahrungspunkten. Einerseits die regulären Exp., die euer Charakterlevel anheben, andererseits Erfahrungspunkte, die das Level eurer Mirages bzw. Waffen steigern. Diese schalten pro Level-Up neue Fähigkeiten frei oder verbessern bestehende Spezialangriffe. Leider habt ihr nur eine gewisse Anzahl an freien Slots und müsst euch später entscheiden, welche Angriffe ihr behalten wollt und welche überschrieben werden sollen. Ist eine Waffe auf den höchsten Level gebracht worden, könnt ihr mit Ressourcen, die eure Gegner hinterlassen haben, neue Schwerter, Bögen und Ähnliches bauen lassen. Um das zu erledigen, müsst ihr eure Hauptbasis in der Idol-Agentur Fortuna besuchen. Dort trefft ihr in einem mysteriösen Garten, Bloom Palace genannt, auf Tiki, die Dreh- und Angelpunkt ist, wenn es um Verbesserungen geht. Neben neuen Waffen können eure Charaktere auch bestimmte Fähigkeiten erlernen. Auch dafür werden Ressourcen von Gegnern gebraucht. Diese entstehen unter anderem in Form von Sternen, die ihr bekommt, wenn ihr Kettenangriffe, genannt Sessions, ausführt. Dazu komme ich gleich. Fähigkeiten ermöglichen es euch beispielsweise, einen schweren Angriff mit zumindest einem Kraftpunkt zu überleben oder euch aus Dungeons zu teleportieren. Am wertvollsten ist jedoch die Fähigkeit, an Kettenangriffen teilzunehmen, auch wenn der betreffende Charakter nicht im Kampf selber aktiv war. Kettenangriffe sind ein elementarer Aspekt der Kämpfe. Kämpfen eure Idols öfter zusammen, erhöht sich ihre Affinität und macht es wahrscheinlicher, eine Session auszulösen. Alle drei Charaktere, die aktiv im Kampf dabei sind, können hintereinander angreifen. Mit der oben erwähnten Fähigkeit kann sich dann aber zusätzlich noch ein Held aus der Reserve ebenfalls daran beteiligen, um die Angriffskette noch zu verlängern. Man kann das Ganze übrigens noch weiter optimieren. Wie? Wieder einmal muss ich euch auf später vertrösten. Da alle Mechaniken wunderbar ineinandergreifen, muss ich die Aspekte irgendwo trennen.
In Fire Emblem gibt es die Möglichkeit, die eigene Klasse zu wechseln. Dafür braucht man ein spezielles Siegel, das auch in Tokyo Mirage Sessions #FE existiert und den gleichen Effekt wie in dem Strategiespiel hat. Ihr spezialisiert euch auf einen bestimmten Bereich und werdet stärker. Zusätzlich könnt ihr bereits maximal aufgelevelte Waffen später noch weiter verstärken. Ihr merkt: Es gibt viel zu tun, um das ultimative Team aufzustellen.
Eleonora träumt davon, ein Hollywood-Star zu werden. Doch zuerst zückt sie Pfeil und Bogen, um der Mirage des Garaus zu machen.
Neben der interessanten Hauptgeschichte sind auch die diversen Nebengeschichten der einzelnen Charaktere hervorragend umgesetzt. Sie zeigen Facetten von Tsubasa, Kiria und den anderen Helden, die ihr so an ihnen nicht vermutet hättet. Die sonst so kühle Kiria fährt beispielsweise total auf „kawaii“, also niedliche Sachen ab, traut sich aber erst nicht, das zuzugeben. Tsubasa helft ihr in einer Nebenquest, ihre Angst vorm Ansprechen von fremden Menschen zu verlieren, während Eleonora von Itsuki lernt, wie es ist, verliebt zu sein, damit sie dies in einem Film realistischer herüberbringen kann. Natürlich verlieben sich alle Mädchen in den Hauptcharakter (irgendwie). Das war bei dieser Art Spiel natürlich zu erwarten. In den Missionen selber seid ihr in Tokio oder in den diversen Idolaspheren unterwegs, um Charaktere zu treffen, Items zu finden oder Gegner zu bezwingen. Das Highlight sind aber die Zwischensequenzen. Nicht nur die spielbaren Charaktere haben Sidequests, auch andere Charaktere. Schließt ihr diese erfolgreich ab, gibt es eine Belohnung. Löst ihr alle Sidequests, gibt es eine besonders tolle Fähigkeit. Bei den Hauptcharakteren sind das beispielsweise Partnerangriffe, die manchmal in den Kämpfen ausgelöst werden können. Diese sind nicht nur besonders stark, sondern verlängern auch die Angriffsketten. Diese in Kombination mit der Fähigkeit, auch außerhalb des aktiven Teams anzugreifen, machen die durchaus anspruchsvollen Bosskämpfe deutlich einfacher und sind schön anzusehen.
Tokyo Mirage Sessions #FE glänzt mit seiner extrem bunten Grafik. Der Stil sieht großartig aus, die Animationen, gerade in den Kämpfen, sind besonders gelungen und bringen die Persönlichkeit der einzelnen Charaktere hervorragend herüber. Übertroffen wird das Ganze jedoch vom Soundtrack. So gut wie jeder Track hat mir gefallen. Da die weiblichen Charaktere Sängerinnen sind, gibt es auch diverse Musikvideos, die als Anime-Sequenzen aufbereitet wurden. Die Professionalität lässt sich wohl auch damit erklären, dass die Avex Group dahintersteht, ein japanisches Unternehmen, welches sich auf Musik und Unterhaltung spezialisiert und so bekannte Stimmen im Angebot hat. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Lokalisierung des Spiels ist nur bedingt gelungen. Die relevanten Texte wurden alle eingesprochen, jedoch ist auch weiterhin nur die japanische Sprachausgabe verfügbar. Deutlich ärgerlicher ist jedoch, dass es nur englische Bildschirmtexte gibt, die aber nicht alles im Spiel übersetzen. In den Kämpfen beispielsweise reden die Charaktere untereinander und manchmal auch mit den Gegnern. Für diese Ausrufe gibt es jedoch keine Untertitel. Vielleicht sind diese Texte nicht relevant, dennoch fühlt es sich so an, als würde einem etwas vorenthalten. Auch gibt es im Vergleich zur japanischen Version einige Änderungen im Spiel, die zum Teil doch recht unnötig wirken. Seien es die verstärkte Verhüllung von weiblichen Brüsten (deren Größe aber auch weiterhin mehr als üppig ausgefallen ist) oder sogar Änderungen in der Story. Nicht alles, was geändert wurde, hätte geändert werden müssen. Schade.
Haben wir noch etwas vergessen? Hat die Wii U nicht noch etwas, was sie von anderen Konsolen unterscheidet? Hmm… Ach stimmt, das Wii U GamePad. Die Nutzung des Touchscreens ist in Tokyo Mirage Sessions #FE ziemlich einzigartig. Neben der typischen Einblendung einer Karte habt ihr auch einen Messenger auf dem Touchscreen. Die Charaktere schreiben euch während und außerhalb von Missionen Nachrichten. Diese sind genauso, wie man sie von jungen Teenagern erwartet. In Japan ist die App LINE besonders beliebt und diese war ohne Frage die geistige Vorlage des Features, denn auch hier heißt es: Sticker, Sticker, Sticker.
Tsubasa hat eine weitere Herausforderung bestanden und wird dafür mit Performa belohnt.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit