Pokémon-Sammelkartenspiel: Von welchen Karten wir uns durch den Turnuswechsel verabschieden müssen Spezial
Geschrieben von Chris Holletschek am 14.04.2023
Bereits seit Ende der 90er-Jahre sorgt das Pokémon-Sammelkartenspiel für kompetitiven Spielspaß. Damit dieser auch auf lange Sicht erhalten bleibt, gibt es seit fast ebenso langer Zeit den Turnuswechsel (der gemeinhin auch als „Rotation“ bekannt ist). Dabei handelt es sich um ein wiederkehrendes Ereignis, das im Rahmen des Sammelkartenspiels stets für viel Wirbel sorgt. Während der Turnuswechsel normalerweise jedes Jahr passend zu den Pokémon-Weltmeisterschaften im August oder September vollzogen wird, tritt die diesjährige Rotation nach einer Corona-Pause bereits am 14. April in Kraft. Was genau es damit aber auf sich hat und welche Auswirkungen auf das aktuelle Spiel dadurch zu erwarten sind, erklären wir euch im Folgenden.
Was ist der Turnuswechsel?
Um zu verstehen, was es mit dem Turnuswechsel auf sich hat, gilt es zunächst zu klären, wie das Pokémon-Sammelkartenspiel grundsätzlich gespielt wird. Befasst man sich mit dem Spiel, wird man früher oder später auf die Begriffe „Standard-Format“ und „Erweitertes Format“ treffen. In beiden Formaten dürfen nur Karten bis zu einem bestimmten Alter verwendet werden; während das Standard-Format die Verwendung von eher jüngeren Karten vorsieht, lässt das erweiterte Format – wie der Name schon vermuten lässt – ein größeres Spektrum an Karten zu. Damit diese Einteilung in verschiedene Formate funktioniert, kommt der Turnuswechsel ins Spiel.
Hierbei findet üblicherweise einmal im Jahr ein Switch statt, bei dem Karten aus älteren Erweiterungen aus dem Pool an zur Verfügung stehenden Karten fliegen und fortan nicht mehr für ein bestimmtes Format verwendet werden dürfen. Da auf offiziellen Turnieren stets das Standard-Format genutzt wird, wird hierauf ein besonderes Augenmerk gelegt. Während im Zuge des Turnuswechsels früher noch die Sammelkartenspiel-Erweiterungen entscheidend waren, sodass für ein Format also alle Karten genutzt werden konnten, die ab einer bestimmten Erweiterung erschienen sind, wurde bereits mit dem Start der Schwert & Schild-Ära damit begonnen, die Karten selbst mit einem sogenannten Regelzeichen zu versehen. Das Regelzeichen entspricht einem einfachen Buchstaben und kann auf der unteren linken Ecke einer Karte zwischen Set-Symbol und Sammlernummer, ab dem Karmesin & Purpur-Zyklus links neben dem Set-Symbol entdeckt werden.
Das Regelzeichen findet sich links unten auf einer Karte. Mit der ersten Karmesin & Purpur-Erweiterung wurde das Regelzeichen G eingeführt.
© Nintendo / Creatures / GAME FREAK, Bildmontage: © ntower
Beim diesjährigen Turnuswechsel kommt das Regelzeichen nun erstmals zum Einsatz. So sind ab dem 14. April für das Standard-Format nur noch Karten zugelassen, die das Regelzeichen E (und nachfolgende) führen. Bis zu diesem Stichtag noch erlaubte Karten mit dem Regelzeichen D, die vorrangig in den Sammelkartenspiel-Erweiterungen Schwert & Schild-Basis-Set bis Glänzendes Schicksal erschienen sind, fallen also raus. Ausnahmen davon stellen Karten dar, die eine Neuauflage erhalten haben. Das bedeutet, dass ihr alte Karten ganz legal noch so lange in euren Decks verwenden könnt, soweit diese in einer aktuellen Erweiterung neu aufgelegt wurden und der Karteneffekt gleich geblieben ist. So dürftet ihr beispielsweise die Itemkarte „Trank“ aus der 2011 erschienenen, ersten Erweiterung des Schwarz & Weiß-Zyklus (im unteren Bild in der Mitte) noch heute verwenden, da diese in der aktuellen ersten Erweiterung der Karmesin & Purpur-Ära ebenfalls enthalten ist (rechts). Die Chronologie der Karte „Trank“ reicht allerdings bis zu den Anfängen des Sammelkartenspiels im Jahr 1999 zurück. Schon im Basis-Set ist diese Itemkarte vertreten (links), darf heute aber nicht mehr im Standard-Format eingesetzt werden, da sie damals noch einen etwas anderen Effekt hatte.
Die Itemkarte „Trank“ im Wandel der Zeit. Die Karte aus dem Basis-Set (links) weist einen leicht anderen Effekt als die heutige Version auf.
© Nintendo / Creatures / GAME FREAK, Bildmontage: © ntower
Warum findet der Turnuswechsel statt?
Man könnte sich die Frage stellen, warum dieser Turnuswechsel überhaupt vollzogen wird. Und gerade wenn liebgewonnene Karten plötzlich nicht mehr eingesetzt werden dürfen, ist die Frage durchaus nachvollziehbar. Gemeine Zungen würden nun behaupten, dass die Pokémon Company damit den Verkauf der eigenen Produkte und damit den eigenen Umsatz ankurbelt. Auch wenn an dieser Aussage sicherlich irgendwo etwas dran ist, gibt es noch legitime weitere Gründe, die für einen regelmäßigen Austausch sprechen. „Gesundschrumpfen“ wäre ein Stichwort, das in diesem Zusammenhang fallen könnte. Wenn nämlich eine neue Erweiterung veröffentlicht wird, gibt es auf einen Schlag gerne zwischen 100 und 200 neue Karten, die für das eigene Deck potenziell in Frage kommen. Betrachtet man nun alle Sammelkarten, die allein für das Standard-Format erlaubt sind, wird es schnell vierstellig. Damit es nun aber nicht irgendwann fünfstellig wird und eine gewisse Übersichtlichkeit gewahrt bleibt, kommt die Limitation mittels Turnuswechsel zum Einsatz.
Diese Übersichtlichkeit macht das Sammelkartenspiel auch für Neueinsteiger attraktiv – und preisgünstiger. Denn für das Bauen eines Decks für das Standard-Format kommen nur neuere Karten in Frage. Das bedeutet, dass eine Suche nach sehr alten, aber vielleicht nach wie vor spielstarken und daher sehr teuren Karten entfällt. Dass der Turnuswechsel dadurch eben auch vor sehr spielstarken Karten keinen Halt macht, ist ein weiteres Argument. So gibt es keine mehrere Jahre alten Strategien, die alle anderen Deck-Ideen übertrumpfen und das kompetitive Spielen somit zu einer eher langweiligen Sache machen. Stattdessen müssen Spielende mit jedem Turnuswechsel schauen, ob das eigene Deck so noch funktioniert, ob Anpassungen vorgenommen werden müssen oder ob vielleicht ein ganz anderes Deck in Frage kommt. Gleichzeitig könnten so Karten plötzlich relevant werden, dessen Effekte von anderen Karten überschattet wurden, die nun aber rausrotiert sind. Kurzum: Das Sammelkartenspiel bleibt durch den Turnuswechsel frisch und lebendig.
Schmerzhafte Verluste & neue Grundlagen
Mit jedem Turnuswechsel gibt es Karten, deren Verlust der Legalität für viele Spielende besonders schmerzhaft ist, da sie bis dahin Eckpfeiler des eigenen Spiels ausmachten. Während die Effekte jener Karten manches Mal durch andere, noch legale Karten ersetzt werden können, ist ein adäquater Ersatz für andere Karten nicht möglich. Im Folgenden ist deshalb dargestellt, welche künftig nicht mehr einsetzbaren Sammelkarten besonders erwähnenswert sind und ob diese gegebenenfalls ersetzt werden können.
Zu den ganz großen Verlusten für das kompetitive Spiel gehören zweifelsohne Karten wie Entwicklungsrauch, Flottball oder Anziehungsnetz, da sie wesentliche Bestandteile in einer Vielzahl von Decks darstellten. Darüber hinaus fällt auf, dass sich so einige Spezial-Energie-Karten (Aurora-Energie, Fang-Energie, Kraft-Farblos-Energie usw.) verabschieden, was im Speziellen mächtig an der Spielbarkeit des aktuellen Top-Decks bestehend aus Lugia-VSTAR und Aeropetryx rüttelt. Die grundsätzliche Mechanik dieses Decks ist zwar weiterhin noch so interessant, dass es nach einigen Umbauarbeiten weiterhin kompetitiv genutzt werden könnte. Es ist aber davon auszugehen, dass Lugia in Zukunft zu den selteneren Sichtungen auf offiziellen Turnieren gehören wird.
Das bedeutet gleichzeitig auch das Aus für Konter-Decks zum einstigen Top-Deck. So gab es beispielsweise relevante Konstellationen um Karten wie Donarion-V oder Endynalos-VMAX in Kombination mit Galar-Smogmog. Da diese Schlüsselkarten nun aber ebenfalls rausrotiert sind, werden diese Decks wohl vollständig der Vergangenheit angehören. Ein ähnliches Schicksal wird auch Regigigas ereilen, das bis dato das vermutlich stärkste Einzelpreiskarten-Deck darstellte. Hier verabschieden sich einfach zu viele Schlüsselkarten wie Aurora-Energie, Gewöhnliche Angel und Anziehungsnetz, sodass die grundsätzliche Mechanik des Decks quasi nicht mehr funktioniert.
Doch nicht alle Decks, die bis zum Turnuswechsel zum Pool der Turnier-relevanten Konstellationen gehörten, müssen nun Lebewohl sagen. Das Deck, das sich beispielsweise rund um Mew-VMAX spinnt, gehört zu den ältesten Decks des Formats, bleibt aber auch nach der Rotation mehr als relevant. Zwar trifft auch hier der Verlust des Flottballs einigermaßen hart, da diesbezüglich aber Kompensationsmöglichkeiten bestehen, bleibt Mew-VMAX fast so stark wie zuvor. Ebenfalls nicht abgeschrieben werden können die Decks, die von der Nirgendwo-Mechanik Gebrauch machen. Ein Schlüsselelement stellt hier der Wechsel diverser Curelei von der aktiven Position auf die Bank dar, um den eigenen Nirgendwo-Bereich schnell mit Karten zu füllen. Der Verlust von Anziehungsnetz ist diesbezüglich zwar schade, aber mit dem Strandplatz gibt es nun sogar eine neue Karte, die das Deck wieder etwas verstärkt.
Mit dem Turnuswechsel besteht letztlich auch die Möglichkeit, dass sich ganz neue Decks bis an die Spitze spielen können. Mit der ersten Erweiterung des kürzlich gestarteten Karmesin & Purpur-Zyklus gibt es auch bereits erste Anwärter in Form von Miraidon-ex und Guardevoir-ex. Näheres zu diesen Pokémon, die auf die neue ex-Mechanik setzen, findet sich in unserer Review zum ersten Karmesin & Purpur-Set. Eine erste Bewährungsprobe für das entschlackte Format bieten die diesjährigen Europäischen Pokémon-Internationalmeisterschaften, die bereits an diesem Wochenende vom 14. bis 16. April in London stattfinden. Man darf gespannt sein, inwiefern sich die vieldiskutierte Theorie schlussendlich in der Praxis wiederfinden wird.
Freut ihr euch über die vielen neuen Möglichkeiten, die sich aus dem Turnuswechsel ergeben? Oder würdet ihr lieber mit eurem Lieblingsdeck auf ewig weiterspielen können?