Final Fantasy VII Rebirth für PlayStation 5 im Test ‒ Die Neuinterpretation eines Klassikers
Geschrieben von Flokaaki | Atha am 29.03.2024
Final Fantasy VI beendete damals die 16-Bit Ära auf dem Super Nintendo und Square Enix (ehemals Squaresoft) konnte große Erfolge mit der Serie verbuchen. Zu der Zeit veränderte sich die Beziehung zu Nintendo, weshalb der Nachfolger Final Fantasy VII 1997 für die PlayStation erschien. Es gab zwar eine Tech-Demo, die augenscheinlich für das Nintendo 64 produziert wurde und Charaktere aus dem Final Fantasy VI-Universum in einer 3D-Umgebung zeigte, doch Final Fantasy VII mit seinen vorgerenderten Hintergründen, den ersten Charakteren aus Polygon-Figuren und seiner eindringlichen Geschichte über Freundschaft, Liebe, Verlust und dem Raubbau der Natur wurde weltweit auf der ersten PlayStation bekannt. Die Geschichte um die neun Freunde blieb vielen Fans der Final Fantasy-Reihe im Gedächtnis und der Wunsch nach einem Remake war bereits Anfang der 2000er vorhanden. 2005 wurde eine Final Fantasy VII-Tech-Demo für die PlayStation 3 vorgestellt, die auch heute noch beeindruckend wirkt, aber es sollten weitere zehn Jahre vergehen, bevor Square Enix im Juli 2015 auf der E3 schließlich das Final Fantasy VII Remake zeigte und eine weltweit positive Resonanz auslöste. Das Spiel erschien bereits 2020 und behandelte den Midgar-Part aus dem Original. Mit dem jetzigen, am 29.02.2024 erschienenen zweiten Teil der Trilogie, der den Titel Final Fantasy VII Rebirth trägt, möchte ich in diesem Test zeigen, wie Square Enix auf den Vorgänger aufbaut, welche neuen Spielelemente hinzugefügt wurden und wieso wir mit dieser Remake-Trilogie eine tolle Neuinterpretation des Final Fantasy VII-Originals erhalten.
Die Umgebung sieht nicht nur traumhaft schön aus, es gibt auch viel zu entdecken
© Square Enix Co., Ltd.
Final Fantasy VII Rebirth beginnt so fulminant, wie der erste Teil endet. Um auch die Spieler abzuholen, die das Remake noch nicht gespielt haben, gibt es zunächst eine Zusammenfassung in Videoform, die im Hauptmenü ausgewählt werden kann. Das Spiel erzählt nach dem Start zunächst die Hintergrundgeschichte, in der Sephiroth und Cloud gemeinsam als SOLDAT, einer Art Elite-Kampfeinheit, nach Nibelheim geschickt werden, um einen Reaktor von Shinra zu untersuchen. Nibelheim ist die Heimat von Cloud und Tifa und während alle zu der Zeit zu Sephiroth aufblickten und er als stärkster jemals existierender Kämpfer verehrt wurde, stellen die Geschehnisse in dem kleinen Dörfchen die Weichen, die Sephiroth zu dem mordlustigen Monstrum werden lassen, das seine Feinde das Fürchten lehrt. Die Besprechung findet in Kalm statt, in einer von Midgar nicht weit entfernten Kleinstadt, und die Gruppe, bestehend aus Aerith, Tifa, Cloud, Barret und Red XIII wird von Shinra gejagt. Sobald ihr endlich fliehen könnt, eröffnet sich die wunderschöne Open World von Final Fantasy VII Rebirth und zeigt somit den wohl größten Unterschied im Vergleich zum ersten Teil. Square Enix schafft es, eine lebendige und detailreiche Flora und Fauna zu integrieren, die nicht unterschiedlicher sein könnte. Je nach Story-Verlauf könnt ihr neue Orte erkunden und zwischen ihnen per Schnellreise, dank der SSD der PlayStation 5 in Sekundenschnelle, hin und her reisen. Ihr entdeckt unter anderem Costa Del Sol, ein Strandparadies, in dem ihr die Seele baumeln lassen könnt, Cosmo Canyon, der spirituelle Ort, in dem Red XIII aufgewachsen ist, oder auch die Gongaga-Region, die euch durch Wälder spazieren und einzigartige Monster bekämpfen lässt. Dabei möchte ich betonen, wie detailverliebt die Entwickler beim Design der Umgebung waren. Städte wirken deutlich belebter, sind spannender zu erkunden und während ihr durch die Gegend lauft, auf Chocobos reitet oder Fahrzeuge wie einen Buggy oder gar ein Flugzeug benutzt, könnt ihr Ressourcen einsammeln, um neue Items zu synthetisieren. Dadurch erhaltet ihr neue und bessere Gegenstände wie Heilmittel und Ausrüstungen, bevor es sie in den vielen Läden zu kaufen gibt. Die vielen NPCs aus dem Originalspiel wurden zudem nicht einfach nur übernommen, sondern charakterlich weiterentwickelt und besser in die Welt von Final Fantasy VII integriert. So werden auch alteingesessene Fans des Originals mit neuen Informationen und Hintergründen versorgt, während neue Spieler eine immersive Welt entdecken, die in dieser Form mit der ersten PlayStation noch nicht möglich war.
Die Quests wiederum, die ihr freischalten könnt, sind immer mit der Umgebung verwoben und lassen euch neue Orte erkunden, die euch meist mit einer Nebengeschichte belohnen. Die Geschichten variieren in der Erzählung und die Quests können einfache Besorgungs-Missionen sein oder spezielle Monster beinhalten, die ihr besiegen müsst. Durch rar gesäte Türme könnt ihr eure Umgebungskarte weiter aufdecken und interessante Orte markieren. Dazu steht euch Chadley, der Android aus dem ersten Teil, zur Seite, der euch beim Auffinden der sogenannten Weltberichte hilfreich sein wird. Ihr werdet dadurch Lebensquellen finden, um weitere Reiseberichte freizuschalten oder an der nächsten Ecke zum Beispiel große Pilz-Häuser entdecken, in denen schabernackfreudige Mogrys leben. Durch Minispiele schaltet ihr dort zusätzliche Gegenstände frei und wenn ihr genug davon habt, könnt ihr nach Esperschreinen suchen, die eure Beschwörungen stärker machen, oder nach anderen Kampfplätzen Ausschau halten, um weiter im Level aufzusteigen. Mit der Zeit erhaltet ihr von Chadley neue Materia, die bestimmte Fähigkeiten besitzen. Sie können Ausrüstungsgegenständen und eurer Waffe hinzugefügt werden, um im Kampf den einen oder anderen Vorteil zu bringen. Im Kampfsimulator habt ihr außerdem die Möglichkeit, euer Können zu beweisen oder weitere Esper freizuschalten. Aber Vorsicht, die späteren Kämpfe haben es in sich und lassen sich ohne eine gute Vorbereitung selten auf Anhieb bestreiten. Dazu gehören zum einen das passende Level und zum anderen die passende Ausrüstung inklusive starker Materia, die zum Beispiel die elementaren Schwächen eines Gegners ausnutzen.
Ein weiteres besonderes Element aus dem Originalspiel ist die Verbundenheits-Skala, die ihr mit euren Gruppenmitgliedern aufbauen könnt. Damals war nicht ersichtlich, mit welchem Charakter ihr eine bessere Beziehung gepflegt habt, aber in Rebirth könnt ihr anhand eines kleinen Smileys über den Köpfen der Mitglieder sehen, bei welchem Freund ihr einen Stein im Brett habt. Je nach Ausgang von Gesprächen, bei denen ihr unterschiedliche Fragen beantworten könnt, oder durch spezielle Quests in unterschiedlichen Situationen werdet ihr eure zwischenmenschliche Beziehung beeinflussen und eure Beliebtheitsskala zu den anderen verändern, mal positiv und mal negativ. Der große Clou dabei ist, dass dadurch euer Date in Gold Saucer mit jedem spielbaren Charakter aus eurer Gruppe möglich ist. Lasst es wie ich darauf ankommen, mit wem ihr gegen Ende des Spiels einen gemeinsamen Abend verbringen dürft, oder verdient euer gewünschtes Date mit den passenden Gesprächen oder Quests, denn ihr könnt direkten Einfluss darauf nehmen, wie sehr euch die anderen Charaktere mögen.
Als Red XIII als Datepartner vor mir stand, war ich zunächst überrascht, aber meine Verbundenheit zu Tieren scheint wohl auf das Spiel übergegangen zu sein
© Square Enix Co., Ltd.
Das Kampfsystem bedient sich beim ersten Teil der Trilogie und erweitert dessen Mechanismen durchaus sinnvoll. Ihr könnt nach wie vor zwischen dem klassischen wie auch aktiven Gameplay-Modus hin- und herwechseln. Im klassischen Modus werden Angriffe automatisch ausgeführt und ihr könnt euch auf die Kommandos konzentrieren. Das Besondere des Kampfsystems ist, wie unterschiedlich sich jeder einzelne Charakter spielen lässt. Cloud kann durch einen Haltungswechsel zwischen den schnellen Attacken in der Allroundhaltung und der starken Offensivhaltung wechseln. Yuffie kann ihren Wurfstern den Gegnern entgegenschleudern und mit Ninjutsu-Techniken großen Schaden verursachen. Barret hingegen ist mit seinem Gewehrarm als Fernkämpfer bei fliegenden Gegnern eine große Hilfe, während Tifa als Kampfsportexpertin mit ihren Fäusten die Gegner malträtiert. Ihre Fähigkeit Entfesseln lässt ihren leichten Schmetterangriff zur Sprungfaust und dann zum Schlagsturm werden, dem kaum ein Gegner standhalten kann. Aerith ist eine wunderbare Gefährtin, wenn ihr aus der Ferne kämpfen wollt, und besitzt große magische Kraft. Sie kann mit ihrem Zauberstab Magiekreise wirken, die physischen Schutz bieten oder den Gegnern Magiepunkte abziehen. Das neueste spielbare Mitglied ist Cait Sith, er besitzt ein Megafon mit Schallwellen-Attacken und kann zur Unterstützung einen Mogry rufen, der beim Kämpfen ordentlich zuhauen kann. Und zu guter Letzt könnt ihr euch im Nahkampf auch immer auf Red XIII verlassen, der mit seinen Reißzähnen und Krallen massiven Schaden austeilt.
Euch stehen also sieben abwechslungsreiche Charaktere zur Verfügung, die ihr in unterschiedlichen Gruppen für euch passend zusammenstellen könnt. Die anderen beiden neuen Charaktere Cid und Vincent lernt ihr zwar endlich kennen, aber laut den Entwicklern müsst ihr euch bis zum Abschluss der Trilogie gedulden, bis ihr sie im Kampf einsetzen könnt. Die Kämpfe sind insgesamt deutlich herausfordernder und besser in Szene gesetzt als im Vorgänger. Ihr werdet zahlreiche spannende Bosskämpfe erleben, die unterschiedliche Taktiken erfordern. Dabei ist es durchaus wichtig, jeden neuen Gegner mit der Analysefähigkeit erstmal genauer unter die Lupe zu nehmen und Schwächen auszumachen. Neu hinzugekommen sind die Synchrofähigkeiten, die das Potenzial zweier Gruppenmitglieder für stärkere Attacken vereinen und Effekte bieten wie die Erhöhung des Limit-Levels. Denn wenn ihr eine bestimmte Menge Schaden genommen habt, könnt ihr eure Limit-Attacke benutzen, die einen Kampf meist zu euren Gunsten entscheidet. Damit ihr euren Charakter weiter anpassen könnt, besitzt ihr mit dem Studium der Kodizes eine Art von Sphärobrett (Final Fantasy X lässt grüßen), auf dem ihr weitere nützliche Fähigkeiten freischalten könnt. Ob ihr zum Beispiel mehr TP haben wollt oder eure Debuffs länger anhalten sollen, ist euch dabei selbst überlassen. Das Gameplay erhält dadurch eine gewisse Tiefe, die zu Beginn vielleicht überfordernd wirkt, aber mit der Zeit lernt man sämtliche Verbesserungen durchaus zu schätzen.
Die vielen Minispiele gehörten schon im Originalspiel zu den Highlights und manche davon sind auch hier im Story-Ablauf integriert. Bei der Junon-Parade wird zum Beispiel euer Taktgefühl auf die Probe gestellt und in einer anderen Situation müsst ihr mit Red XIII Fußball spielen. Doch viele der abwechslungsreichen Minispiele werdet ihr im Gold Saucer, dem Vergnügungspark und einem der wichtigsten Schauplätze in Final Fantasy VII Rebirth, finden. Ob ihr mit der Hardy-Daytona, Clouds Motorrad, durch Midgar fahren und dabei Gegner besiegen möchtet, im Weltraum feindliche Alien-Schiffe abschießen oder in einem Chocobo-Rennen den ersten Platz erreichen wollt ‒ ihr werdet abseits der Story-Quests immer wieder gut amüsiert. Diese Spiele perfekt zu meistern und den Highscore zu verbessern, ist zwar eine echte Herausforderung, aber ich konnte den Controller dennoch kaum weglegen. Besonders angetan hat es mir das Kartenspiel Blut der Königin. Ich habe in jeder neuen Stadt nach neuen Kartenspielern gesucht, um mein Kartendeck zu vervollständigen. Erwähnenswert ist auch das integrierte Klavierspiel. Ihr findet auf der gesamten Welt immer wieder neue Klaviere, mit denen ihr Lieder aus dem Soundtrack erlernen könnt. Nobuo Uematsu, ein Meister seines Faches, hat in seiner Laufbahn etliche Musikalben veröffentlicht, aber mit dem Final Fantasy VII-Soundtrack schuf er eine Vielzahl ikonischer Musikstücke, die von vielen Menschen geliebt werden.
Chocobos haben je nach Farbe unterschiedliche Eigenschaften: Manche können über Wasser schweben, andere Felsen raufklettern. So kommt ihr auch an abgelegene Orte.
© Square Enix Co., Ltd.
Was die Grafik angeht, ist Final Fantasy VII Rebirth beeindruckend. Die Partikeleffekte in den Kämpfen, die lebhaften Städte, die unterschiedlichen Kontinente und die verbesserten Charaktermodelle der Gruppenmitglieder wie auch der NPCs lassen sich in toller 4K-Auflösung genießen. Wer den Leistungsmodus mit 60 FPS bevorzugt, kann sich nun dank eines Patch über schärfere Grafik freuen, doch für mich war der Grafikmodus, der stabile 30 FPS bietet und die Umgebung detailreicher darstellt, wichtiger. Und apropos Einstellungen: Zu Beginn kann man sich für den Schwierigkeitsgrad Normal oder Dynamisch entscheiden und je nach Wunsch die Sprache umstellen, wobei die deutsche Sprachausgabe zwar eine sehr gute Performance hinlegt, ich aber dennoch bei der japanischen geblieben bin, die dem Spiel eine gewisse Authentizität verleiht und die Charaktere glaubhafter wirken lässt.
Nach ca. 86 Stunden konnte ich das Ende der Geschichte erleben, doch damit ist das Spiel längst nicht vorbei und ihr könnt euch weiteren Quests stellen, zusätzliche starke Gegner aufsuchen oder das komplette Spiel in einem höheren Schwierigkeitsgrad noch einmal erleben. Dabei reizt Final Fantasy VII Rebirth die Hardwarepower der PlayStation 5 sichtbar aus und versucht dennoch, seinen Wurzeln treu zu bleiben. Dies gelingt meiner Meinung nach sehr gut, denn die durchaus intensive Grundstimmung von Final Fantasy VII, ausgelöst durch die großartige Geschichte und den gut geschriebenen Charakteren, wird sowohl im Klassiker als auch bei Final Fantasy VII Rebirth mit viel Humor, interessanten Nebengeschichten und den Minispielen aufgelockert und gut in Szene gesetzt. Das Spiel gipfelt in einem denkwürdigen Finale, in dem offene Fragen bezüglich der Geschichte zwar beantwortet, aber auch neue aufgeworfen werden. Ich freue mich schon jetzt auf den Abschluss der Trilogie in hoffentlich naher Zukunft, nachdem ich dieses Meisterwerk spielen durfte.