Demenzium - die vergessenen Märchen der Geschichte Vol. 2

Willkommen, zu einer neuen märchenhaften Ausgabe von "Was tue ich hier und wie komme ich unbeschadet hier wieder raus", und natürlich auch einen Dank an all die Märchengestalten, die die letzte Ausgabe geyeaht haben. Freut mich, dass ihr da draußen wieder mal dabei seid, auch wenn sie sicher schon aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht wurde. Und nun, auf einseitigem Wunsch von @GamingPeter, folgt eine neue, legendäre und Sektbehaftete Ausgabe. Viel Spaß dabei (also ich würd den haben).


Alle Figuren in diesem Märchen sind fiktiver Natur. Bestehende Merkmale, Eiegenschaften oder Attribute zu lebenden oder abgelebten Mitgliedern im Turm sind reiner Zufall und bestenfalls gewollt.




Das tapfere Trinkerlein



An einem Sommermorgen, saß ein Trinkerlein, auf seinem Barstuhl, am Tresen, seiner lokalen Lieblingsturmkneipe. Und war wie immer grüblerrischer Dinge, während es aus Leibeskräften soff.
Da kam der Wirt, eine sanfte Frohnatur unter den Wirtsmännern und schrie ihm ins Gesicht: "Du versoffner Hundsfott, schleichs di aus meiner Bar, bevor i mit dem Besen komm, du reidiger Ziegenpeter."
Das klang dem Trinkerlein ganz lieblich in den Ohren, war es doch schon weitaus Schlimmeres gewohnt.
Es streckte sein Haupt und lallte: "Herr, hier werdet ihr eure Spirituosen los."
Da schlug der Wirtsmann mit der Faust auf den Tisch."Ja Kruzifix, jetzt reichts mir aba mit deiner Zechprellerei, jetzt siehts aba zu, dass de Land gewinnst, bevor ich mi vergess, du alter Seifär."
Da besah ihn das zechprellende Säuferlein lange ins bärtige Anlitz und meinte:
"Ich versteh kein Wort von deinem Waschweibgezeter. Selbst die Schweine in der Suhle, die du Küche nennst, furzen verständlicher und artikulierter als du. Aber von deinem Tresenkaviar nehm ich noch gern vier Lot. Kann auch ruhig eine Viertel Unze mehr sein, ich zahls ja eh nicht", erwiderte das Trinkerlein munter.


Der Barmann der gehofft hatte, den üblen Burschen auch ohne Streit zu vertreiben, blies die Backen auf und nahm ein paar schimmelig-glänzende Sektgläser aus dem Schrank, der schon lange nicht mehr alle Tassen und Gläser inne hatte und goß großzügig ein.
"Hier, du Windfisch", sprach er, "du trinkst getz all die Gläser aus. Wenn's schaffst, bist an freier Ma'."
"Und wenn ich es nicht schaffe?"
Da lachte der Barmann dreckig.
"Wenn's dir zu vuil is for di, dann nennt ma di ab morgen bloß no Hackfresse, weil i dei Xicht zu Brei schlog."
Da sprach das Trinkerlein, wie so oft, zu sich selbst: "Fei, das Glück muss hold mit mir sein", wusste es doch vermeintlich nicht, dass der Barmann, die Gläser mit "Sekt aus natureigener Produktion (garantiert ohne Harnsteine!)", befüllt hatte.
"Wohl bekomm's", sagte das Trinkerlein, schnappte sich einen Krug und goß den Inhalt aller sieben Gläser hinein.
Tat noch einen tiefen Atemzug und... goß die ganze Schweinerei, über den kahlen Kopf des Barmanns.
"Sieben Pissegläser, auf einen Streich!", schrie das Trinkerlein, das sehr wohl bald ein Hackgesichtiges werden würde, exaltiert.
"Du willst mich nicht mit mir anlegen", warnte es den triefenden Wirtsmann, "denn ich bin der Drunken-Master und meine Drei-Punkt-Herz-Milz und Eiterblasen-Explosions-Handgriff, den ich aus dem Märchen Kill Jack & Jill, geklaut habe, hat noch jeden in die Knie gezwungen", rief das, nicht mehr ganz so nüchterne, Trinkerlein beschwingt.
Da packte den Barmann der Geist Spartas.
Worauf seine Haut weiß und seine Muskeln übertrieben dick anschwollen.
Wulstige, rote Adern, einem Tattoo gleich, umspannten seinen nackten Oberkörper, als er: "Das war dein letztes Vergehen, Junge!", brüllte.


Doch bevor der wahr gewordene Spartanerbarmann, den Natursektverachter am Hals packen konnte, um sein Gesicht neu zu arrangieren, mischte sich ein Riese ein.
Dieser hatte die Szenerie bislang schweigend am benachbarten Tresenstuhl verfolgt und schlug nun im sanften und gepflegtem Tonfall vor, das beide Kontrahänten, die Sache doch möglichst pazifistisch klären sollten.
"Willst du mich verarschen, Kleiner?", fuhr der Bartender, der vor lauter Wut seinen Dialekt vergessen hatte, den Riesen an, der mindestens sieben, über einander gestapelte, Sektgläser, größer war.
"Keineswegs, der Herr", entgegnete der sanfte Riese freundlich.
"Ich möchte lediglich, dass Ihre kostbare Bar, entschuldigen sie den Wortwitz und sämtlich darin befindliches Inventar, inklusive meiner Wenigkeit, keinen irreperablen Schaden nimmt."
"Was schlägst du dann vor Kurzer?", grunzte der, immer noch, spartanisch angehauchte Barbesitzer.
"Ich schlage vor", schlug der Riese vor, "den Disput erstens einmal vor die Bar zu verlegen und viel wichtiger, sich dann in verschiedenen Disziplinen, entsprechend der Fähigkeit, des jeweils Einzelnen zu messen."
"Wer bist du Großmaul eigentlich?", fragte der Aschweiße Barmann nun etwas irritiert, dennoch nicht weniger wütend.
"Man nennt mich Einstein. Einstein, der Steinriese, denn das bin ich nun mal - ein Stein."


Ob es nun die eloquente Überzeugungskraft des Steinriesen oder einfach nur die drohende Möglichkeit auf eine Insolvenz, aufgrund spontaner Kolleteralschäden an Inventur und Gästen, in seiner Bar war, am Ende willigte der Kampferprobte Barbesitzer ein.
Der Kampf würde nun vor der Turmkneipe stattfinden.
Als sie nun so da draußen standen bzw. lagen (das Trinkerlein war während des Leerens seines Mageninhaltes, böse gefallen und wäre fast in der Pfütze seines eigenen Erbrochenen erstickt), wussten sie zunächst nicht so recht was jetzt zu tun sei.
"Was trägst du da eigentlich für einen chicen Gürtel, du elendiger Lump", fuhr der Barmensch, das immer noch nach Magensäure stinkende Trinkerlein an. "Der war doch vorher doch noch nicht da und was soll diese "7" auf der Schnalle bedeuten. Warte mal, besteht diese "7" etwa aus Diamanten!?"
"Fürwahr mein Herz", lallte das Trinkerlein beschwingt, "das ist ein Gürtel der Marke Prahlda, mit echten Blutdiamanten aus den Erythrozytenminen.
Den habe ich extra für so eine Gelegenheit bei Grimmazon erworben.
Die "7" steht für die sieben Sektgläser, die ich über deinen häßlichen Glatzkopf geleert habe. Eigentlich wollte ich die 8. Generation, wegen der besseren, interpolierten Glanzauflösung, aber diese vorherige Version war einfach billiger und außerdem hätten es dann acht Sektgläser sein müssen", kicherte das Trinkerlein lebensmüde.
Da zog der Barmann, eine eisüberzogene Leviathanaxt, hinter seinem Rücken hervor, die er bislang nur zum halbieren von Barnacks, Gärtnerei und für die Entfernung seiner reichhaltigen Bart-, Sack-, und Rückenhaare benutzt hatte.
Er hatte sich auch kürzlich auch die Arme und Beine damit rasiert, weil Haar jetzt nur noch im Gesicht en vogue war.


"Bei Thor's mächtigem Bannhammer, jetzt bist du fällig", grollte er, doch bevor er den taumelnden Zechpreller erreichen, und die R3-Taste drücken konnte, um seinen ganzen Zorn auf einmal zu entladen, schritt der Steinriese ein.
"Aber, aber meine Herren", tadelte er. "Ich darf doch sehr bitten, so einen offenen Akt der Gewalt zur Schau zu stellen. Ich habe doch bereits "3" Aufgaben für euch ersonnen. Eine schwierigere als die Andere. Um einen Sieger zu ermittlen, müssen allerdings alle "3" Aufgaben gemeistert werden."
"Warum gerade "3"? Und warum sprichst du die Drei als Zahl aus?" Wollte das vorlaute Trinkerlein wissen.
"Was bist du? Etwa ein Gesprochenes-Wort-Grammatiktroll?"
Der Steinriese schien kurz etwas verärgert, über diese Belehrung, besann sich aber schnell eines Besseren.
"Verzeiht, ich hatte kurz die Contenance verloren, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, die drei Prüfungen. Die da wären einen Stein zu zerquetschen, einen Baum zu tragen und einen Stein weiter als der Andere zu werfen. Aber da die hemmungslose Rodung des Schwarzregenwaldes dazu geführt hat, das im gesamten Umkreis kein einziger Baum mehr steht, die Steine hier eine zu hohe Dichte haben, um sie zu zerquetschen und keiner ohne Sünde ist, um den ersten Stein zu werfen, erkläre ich hiermit ein Unentschieden! Seht ihr alles friedlich geklärt."
Der Steinriese, strahlte wie ein Magmakuchenpferd über das ganze ausdruckslose Steingesicht.
"Ich reiß dir gleich den verdammten Fels, den du Kopf schimpfst, von deinem Rumpf und ramm ihn dir in den verwitterten Arsch", brüllte der Weißling mit Barlegimitation, während er dazu übergangen war mit seiner Axt Maniküre zu betreiben.


"Schon gut, schon gut. Als Alternative könnt ihr auch die Anzahl der gefundenen Bagémon, in euren Bagédex, vergleichen. Wer mehr Monsterchen gefangen hat, hat auch gewonnen."
Doch da weder der Barmann, noch das Trinkerlein jemals Bagémon GO gespielt hatten, gab es wieder keinen Sieger.
"Das wird ja langsam zur Farce", geiferte der blutrünstige Bartender, "wenn ich nicht gleich etwas töten darf, platze ich noch."
Da schlug der sanfte Riese vor gegen ihn zu kämpfen, um zu bestimmen, wer der Sieger war.
Eine gute Idee empfand der Axtschwingende Barmann und ließ seine Axt, ohne Vorwarnung, in einem Fury-Hellrise-Uppercut, in den steinernen Brustkorb des Riesens, wo er sein Herz vermutete, krachen. Es knirschte und splitterte, doch der Steinriese kam nicht einmal ins Wanken.
"Das ist aber Schade", meinte der Riese enttäuscht.
"Was denn? Ächz, verdamm mich noch eins, die blöde Axt klemmt zwischen den Spalten fest!" Der weiße Meister Propper bemühte sich nach Herzen, die Axt, Excaliburgleich, aus dem steinernen Brustbein zu ziehen.
"Naja, dass ich gar kein Herz habe", erwiderte der steinerne Riese achselzuckend und zermalmte den Hobbyspartaner zu rot-weißem Aschepüree.
"Ich dachte du wärst Pazifist", kicherte der Trunkenbold etwas undeutlich, vom Boden aus, weil er mal wieder in einer Lache, seines eigenen Erbrochenen, lag.
"Das bin ich durchaus, aber das eben war reine Notwehr. Auch wenn ich zugegeben härter und öfters zugeschlagen habe, als unbedingt nötig gewesen wäre. Trotzdem war es Notwehr. Sprachs und sah ausdruckslos, wie ein Stein eben, auf den noch blubbernden Schleimhaufen, der früher eine Turmkneipe geführt hatte.


"Wie wäre es", dachte das Trinkerlein laut, "wenn du und ich gemeinsame Sache machen würden. Du könntest mein treudoofer, latent unbezahlter Sidekick werden. Zusammen könnten wir die Bar übernehmen, denn mit deiner Stärke und meiner Leber, wären wir ein absolutes Dreamteam. Du wärst mein Leibwächter und ich der ewig davonkommende Zechprellerkönig in ganz Sektyrule. Na was sagst du. Bist du dabei - Sidekick?"
Der Steinriese legte das Granitglatte Gesicht in Schieferfalten.
"Pardon, ich passe", sprachs und hieb das Trinkerlein, zusammen mit dem restlichen Mageninhalt, zu orange-rotem Brei.
Nun fragt ihr euch sicher, warum tat der sanfte Riese, was er tat?
War er schließlich nicht Pazifist? Nur erst einmal, weil er es konnte.
Und viel wichtiger, weil er ein hoffnungsloser Opportunist war.
Danach Fotomodell, Leichentransporter in Seuchengebieten, ein Halt für Suizidgefährdete auf hoher See, Opportunist, Briefbeschwerer, Türsteher, der Stein des Weisen und natürlich am Ende auch ein Pazifist mit fragwürdig, schwammigen Notwehrtendenzen.
Der Opportunist in ihm, hatte natürlich sofort erkannt, welche Chance sich ihm da gerade bot.
In diesem Fall eine lukrative, frei gewordene Turmkneipe, mitsamt der Entledigung eines chronischen Dauerzechers.
So begab es sich das er die Kneipe übernahm und sie mit stoischer Faust führte. Und wenn er nicht zerbröckelt ist, so zermalmt und serviert er noch heute Gäste und Sekt, in beliebiger Reihenfolge, in der Turmkneipe. :thumbup:

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