Vom Gamer zum Musikproduzenten

Im Zeitalter der Computer und Smart Devices ist es einfach wie nie zuvor, selbst Musik zu erschaffen. Sei es durch hilfreiche Apps zum Lernen eines Instruments selbst, Midi-Programme, Plug-ins für DAWs (Digital Audio Workstations) oder auch durch Spiele wie das Korg Gadget – die Entwickler kennen scheinbar keine Grenzen. Doch wie einfach ist die Bedienung und kann man mit dem Korg Gadget auch ohne musikalische Vorkenntnisse seinen Spaß haben? Dem sind wir für euch auf den Grund gegangen.


Musik machen ohne Kenntnisse – geht das?!


Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass es sich bei dem Korg Gadget nur bedingt um ein Spiel handelt. Es ist in erster Linie eine Software, mit der man (hauptsächlich) elektronische Musik erzeugen kann. Zwar kann man auch in einem Multiplayer-Modus gemeinsam mit einem Freund komponieren, der Fokus liegt aber ganz klar auf dem Erstellen von eigenen Songs im Einzelspieler-Modus. Das hat zur Folge, dass es logischerweise weder betretbare Level, eine Story oder spielbare Charaktere gibt.


Die Gadgets sind nach Städten benannt, hier im Beispiel Kiev. Berlin und Wolfsburg haben es auch ins Spiel geschafft.

Dies vorausgeschickt möchte ich euch darlegen, wie das Komponieren mit dem Korg Gadget vonstattengeht. Zunächst beginnt ihr, indem ihr ein neues Projekt öffnet und euch einen von 16 möglichen Synthesizern – den Gadgets – auswählt. Hier habt ihr die Wahl aus verschiedenen Drum Machines (Schlagzeugcomputern), Bass- oder Keysynthesizern. Im Grunde genommen hat man alle möglichen Gadgets, um zeitgemäße Musik zu machen. Und nicht nur das, es gibt auch ein paar Gadgets zum Komponieren von 8-bit-Sounds! Die einzelnen Synthesizer besitzen jeweils ein vollständig anpassbares Interface, auf dem ihr nach Herzenslaune euren Sound finden könnt. Dies kann vor allem zu Beginn äußerst erschlagend wirken, besonders wenn man noch nie mit einem solchen Gerät gearbeitet hat. Aber Korg hat vorgesorgt und euch einige Presets angelegt, die euch eine Auswahl an Möglichkeiten zur Verfügung stellen, was das Gadget so kann.


Habt ihr euer Gadget gewählt, kommt ihr in den Übersichtsbildschirm des Projekts, wo ihr alle ausgewählten Synthesizer seht, von denen ihr natürlich mehr als einen wählen könnt, sonst wären vollständige Songs ja nicht möglich. So könnt ihr euch beispielsweise ein Drum-, ein Bass- und mehrere Lead-Gadgets auswählen und nach und nach die einzelnen Stimmen eures Liedes erschaffen. Während Drum-Machines auf Pads setzen, auf die ihr Snare Drum, Bass Drum, Effekte oder auch Becken legen könnt, greift ihr bei allen anderen Gadgets auf die sogenannte Piano-Roll zurück – eine Ansicht einer Klaviertastatur am linken Bildschirmrand. Viele werden sich jetzt denken: „Das ist ja schön und gut Tim, aber ich habe keine Ahnung vom Klavierspielen, kann ich trotzdem mit dem Gadget Musik machen?“ Dazu kann ich euch ein klares „Jein“ geben. Ein grundsätzliches Verständnis von Musiktheorie braucht ihr nicht und auch Notenkenntnisse sind prinzipiell nicht erforderlich. Die Piano-Roll zeigt euch den Beginn einer Oktave mit einem C und einer Nummer an, beispielsweise C4. Somit dürften auch alle, die C4 sonst nur aus Ego-Shootern kennen, zumindest eine kleine Orientierung bekommen. ABER: Es hilft, wenn man ein wenig Kenntnisse in der Musik mitbringt, denn ihr müsst die Tonlängen der Noten eurer Riffs, die Takte der Szene, das Tempo des Songs usw. für euren Song einstellen. Das alles ist für Nicht-Musiker erstmal eine Grundlage, die man sich erarbeiten muss. Genauso wäre es natürlich von Vorteil, wenn man grundsätzliche Tonleiter- oder auch Akkordbildungskenntnisse hat, was aber ausdrücklich nicht erforderlich ist. Wer jedoch glaubt, einfach ein paar Töne zu setzen und fertig ist der nächste Chart-Hit, der irrt sich dabei. Hinzu kommt, dass das Programm nur in Englisch erhältlich ist. Das kann bei jemandem, der keinerlei Musikkenntnisse mitbringt eine zusätzliche Schwierigkeit darstellen.


Die Bedienung könnte benutzerfreundlicher sein


Kommen wir zur Bedienung. Ihr befindet euch nach der Wahl des Gadgets in dem Bildschirm, in dem ihr eure Melodien durch das Setzen der einzelnen Töne erschafft. Dabei ist standardmäßig ein Takt bei 16teln und einem Tempo von 120 BPM (Beats per Minute) vorgegeben. Solltet ihr mehr benötigen, müsst ihr das manuell ändern. Einzelne Szenen können bis zu acht Takte enthalten. Gut dabei: Nicht jedes Gadget muss in einer Szene dieselbe Taktlänge haben. Angenommen ihr nehmt einen einfachen Schlagzeugbeat, der unverändert sein soll, reicht ein Takt aus, während die Melodie oder der Bass auch mehr Takte haben können, das Schlagzeug wird in dem Fall so lange geloopt, bis die nächste Szene startet. Mithilfe der Joy-Con navigiert ihr euch durch die Interfaces und setzt eure Noten. Korg Gadget macht auch von der Bewegungssteuerung der Joy-Con Gebrauch. So dreht ihr die Regler und schiebt die Schieber der Gadgets durch Neigung der Controller. Das ist meiner Ansicht nach sehr cool gelöst und auch die HD-Vibration erzeugt das Gefühl, als würde man gerade wirklich einen Schieber bedienen. Was jedoch nicht ganz so gut gelöst ist, ist die Tatsache, dass das Spiel im Handheld-Modus den Touchscreen nur bedingt unterstützt. So könnt ihr zwar im Gadget-Bildschirm die Klaviertasten, aber keine Schieber, Regler oder anderen Knöpfe bedienen. Auch könnt ihr mit dem Touchscreen keine Noten setzen. Das funktioniert nur über die Joy-Con. Das ist vor allem deswegen ärgerlich, da die iPad-Versionen nur diese Steuerung anbieten. Das ist besonders dann nervig, wenn man beispielsweise gerade im Zug unterwegs ist und nicht in den Tischmodus wechseln kann. Dann ist ein Schieben der Regler, zum Beispiel zur Veränderung der Lautstärke nahezu unmöglich. Hier sollten die Entwickler nochmal nachlegen.


In diesem Bildschirm spielt sich das Komponieren hauptsächlich ab. Am linken Bildschirmrand befindet sich die sogenannte Piano-Roll

Beim Schreiben eurer Lieder werden euch hin und wieder Lautstärkeunterschiede auffallen, sodass ihr ein wenig an den Lautstärken der einzelnen Gadgets arbeiten werdet. Dafür habt ihr einen eigenen aufrufbaren Bildschirm, in dem ihr einzelne Spuren auch stumm oder einzeln laufen lassen könnt. Das ist vor allem dann wichtig, wenn ihr einzelne Spuren im Gesamtwerk anhören wollt. Wie ich eingangs schrieb, kann man mit dem Korg Gadget hauptsächlich elektronische Sounds erzeugen. Klar sind auch Klaviertöne oder Gitarren möglich, besonders Letztere sind aber im Distortion-Bereich, also dem verzerrten Bereich, nicht gut anzuhören. Macht euch also keine Hoffnung, Rocksongs damit zu produzieren. Auch bei den Streichinstrumenten hört man natürlich die synthetische Herkunft. Das Hauptaugenmerk liegt also auf den Synth-Sounds, die in elektronischer Musik wie Dubstep, Techno oder auch Drum & Bass eine zentrale Rolle spielen.


Habt ihr euren Song fertig, könnt ihr diesen nicht nur abspielen, sondern auch aufzeichnen. Leider fehlt in der Nintendo Switch-Version die Möglichkeit, das Aufgezeichnete zu exportieren oder abzuspielen, weswegen die Funktion prinzipiell nutzlos ist. Die Schaltfläche stammt wohl noch aus der Smart Device-Version, die das ermöglicht. Auch ist das Anschließen eines Midi-Instruments im Gegensatz zu anderen Versionen nicht möglich. Somit kann man also auch keine externe Hardware damit verwenden. Immerhin könnt ihr euren Song zu jederzeit speichern und zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen oder erneut hören. Es empfiehlt sich zudem, dass ihr entweder über Kopfhörer oder aber über ein Soundsystem komponiert, zwingend notwendig ist es aber nicht.


Die Nintendo Switch-Version ist in der audiovisuellen Betrachtung oder auch in Sachen Performance jedoch vor einigen älteren iPad-Versionen des Programmes, wobei vor allem die grafische Auffassung eher zweckdienlich ist, als dass sie auf Optik abzielt. Aber im Gegensatz zu älteren Smart Device-Versionen kann die Nintendo Switch-Version mehrere Gadgets gleichzeitig ruckelfrei wiedergeben. Je mehr man mit dem Gadget arbeitet, desto leichter gehen die Schritte voran und desto schneller wird man. Es gibt Shortcuts, die man auch selbst erstellen kann, wie zum Beispiel Copy & Paste, auch dies führt zu schnellerer Bedienung.

Unser Fazit

6

Überzeugend

Meinung von Tim Czerwinski

Korg Gadget hat es mir in Sachen Bewertung nicht leicht gemacht. Als Hobby-Musiker habe ich natürlich schon darüber nachgedacht, wie ich das Gadget im Rahmen der Band einsetzen könnte und das wäre auch grundsätzlich denkbar, aber kein Ersatz für richtige Synthesizer. Ebenso habe ich durch meine Erfahrung einen leichteren Einstieg gehabt, als jemand ohne Musikkenntnisse. Aber für Neulinge bietet Korg auf der Website auch Tutorials an. Besonders diese Zielgruppe sollte sich aber bewusst sein, dass es einige Zeit an Einarbeitung benötigt. Für Hobby-Musiker bietet Korg Gadget eine Möglichkeit, auch unterwegs Songs zu schreiben, was auch gut funktioniert. Die Steuerung, besonders mit den Joy-Con, ist gut gelöst, lässt aber die vollständige Touchscreen-Unterstützung vermissen. Je mehr man damit arbeitet, desto schneller wird man, was einen auch mal dazu verleitet nur kurz in dem Programm zu verbringen. Nutzer, die Spaß am Komponieren haben, idealerweise auch noch Musikkenntnisse mitbringen, erhalten mit Korg Gadget, auch mangels Konkurrenz, eine gute Lösung, die aber der Smart Device-Version in einigen Punkten nachsteht. Dies sollte vor allem bei dem Preis nicht passieren. Spieler, die nur mal eben ein paar Töne setzen wollen, aber nicht die notwendige Geduld mitbringen, sollten lieber die Finger davon lassen oder auf ein Angebot warten.
Mein persönliches Highlight: Wenn man nach dem Abschluss mehrerer Spuren das Resultat im Ganzen hört und es einfach nur gut klingt.

Die durchschnittliche Leserwertung

3 User haben bereits bewertet

Kommentare 3

  • Voodooboom

    Turmheld

    Ohne eine vorhandene Möglichkeit Songskizzen via Midiexport auf die DAW des Vertrauen zu bringen, ist dieses portable musizieren doch arg überflüssig und bedeutungslos. Ein simpler Midiexport wäre sicherlich im Bereich des Möglichen gewesen und hätte das Korg Gadget vom Zustand "Spielerei" auf den Status "nützliches Tool" katapultiert. Wirklich schade. Potenzial ist vorhanden.

  • Bigdickrickone

    Turmritter

    Heute kam ein Update heraus welches es ermöglicht Projekte via qr code von der Switch auf die iOS Version zu kopieren.

  • Voodooboom

    Turmheld

    @Bigdickrickone


    Immerhin ein Anfang. Das Gadget müsste trotzdem offener werden. Midi wäre tatsächlich die einfachste Lösung und zeitglich eine, die eine große Kompatibilität in viele Richtungen ermöglicht. Ich hätte blind zugeschlagen.