Die heiligen Kamiko im Kampf um Frieden
Zum Start einer neuen Konsole kann man nicht oft aus einer großen Spielebibliothek wählen, wenn man wieder einmal Lust auf einen neuen Titel hat. Das ist bei der Nintendo Switch nicht anders. Wer die Konsole zum Launch mit Zelda kaufte, der wird hoffentlich lange beschäftigt gewesen sein. Denn erst knapp zwei Monate später erschien Mario Kart 8 Deluxe, wenn man von Nintendos eigenen Großproduktionen ausgeht. Dazwischen muss man die Zeit immer wieder mit eher kleineren Spielen ausfüllen. Zur Kategorie dieser kleineren Spiele gehört sicherlich Kamiko, welches vergangenen Donnerstag im Nintendo eShop für die Nintendo Switch erschienen ist.
Was ihr in Kamiko tun müsst, ist leicht erklärt. Zu Beginn des Spiels erfahrt ihr von einer sich anbahnenden, immer schrecklicher werdenden Gefahr, die von Dämonen ausgeht. Jene Kreaturen werden immer häufiger in der gewöhnlichen Welt gesichtet und stören das Gleichgewicht zwischen Himmel und Hölle. Auf der Welt verteilt liegen Stätten, gespickt mit einer handvoll heiliger Tore, welche von jenen Dämonen eingenommen wurden. Es liegt nun also an euch, den Biestern den Garaus zu machen, indem ihr sie mit Schwert, Pfeil und Bogen oder einer Kombination aus Magie- und Messer-Attacken zur Strecke bringt. Zu den verschiedenen Spielstilen aber später mehr.
Denn egal, wie ihr spielen mögt, am allgemeinen Gameplay von Kamiko wird sich nicht viel ändern. Das Spiel umfasst nur vier Level, welche dafür aber recht offen und komplex gestaltet sind. Schon im ersten Level, einem Wald, hatte ich teils Schwierigkeiten den richtigen Weg zu finden. Und das, obwohl das Spiel durch die Bank hinweg dem immer gleichen Aufbau folgt. Im Level, in dem ihr landet, gilt es vier Tore vom Bösen zu befreien, um anschließend ein Portal zu aktivieren, das euch direkt zum Boss des Levels bringt. Das ist nicht nur im Wald so, sondern auch im Wassertempel, dem Vulkan und den Ruinen. Auf dem Weg zu diesen Toren werdet ihr in klassischer Vogelperspektive natürlich auf diverse Gegner, Fallen und Rätsel stoßen, wobei man beim geringen Umfang des Spiels nicht wirklich von großer Abwechslung sprechen kann. Rätsel beschränken sich meistens auf typische Schiebe- oder Schalterrätsel und bringen nichts Neues hinein, was nicht andere Genre-Vertreter bereits geboten haben.
Dazu lässt sich auch sagen, dass es überhaupt nicht schwer ist, kleine Kopfnüsse zu meistern, da ihr Ausgang schnell ersichtlich ist. Gleiches gilt wohl für das Verhalten der auftretenden Gegnerarten. Während mit zunehmendem Fortschritt im Spiel und sogar innerhalb der Level immer mehr Gegnervarianten auftauchen, sind die meisten davon schnell und einfach besiegt. Dies mag zwar dem schnelllebigem Gameplay von Kamiko geschuldet sein, ist aber keine Ausrede, nicht auch etwas kniffligere Gegner zu implementieren. Ein guter Versuch in diese Richtung wurde mit den Magier-Gegner gemacht, die sich häufig wegteleportieren und den Spieler mit Laserstrahlen aus der Ferne angreifen können. Mehr Konsorten dieser Art wären wünschenswert gewesen.
Ich habe einen großen, spielformenden Part von Kamiko noch gar nicht erwähnt. Im Spiel gibt es nicht nur die typischen HP, also Health Points, eure Lebensenergie, die ihr im Kampf gegen fiese Monster hüten solltet, sondern auch SP, also im direktesten Sinne Special Points. Ihr startet zu Beginn eures Abenteuers mit einer kleinen Menge an HP und SP, wobei beide Werte bei euren Besuchen der verschiedenen Ortschaften deutlich erweitert werden können. Ihr erhaltet HP- und SP-Upgrades vor jedem Boss, könnt aber auch bei eurer Erkundungstour einzelne Upgrade-Items finden. Dazu müssen aber meistens Zusatzrätsel gelöst oder gut versteckte Räume gefunden werden. Schlussendlich bleiben diese Upgrades vollkommen optional. Wer eine wahre Herausforderung sucht, der verzichtet auf allerlei Boni.
Was aber bringen euch nun SP? Wie der Name bereits verrät, sind die Special Points für Spezialattacken zuständig. Haltet ihr den Angriffsknopf gedrückt, macht sich eure Spielfigur für einen zerstörerischen Angriff bereit, der einen Großteil eurer SP verbrauchen wird. SP erlangt ihr zurück, indem ihr Kombos ausführt. Je länger die Kombokette, desto mehr SP erhaltet ihr von euren besiegten Gegnern zurück. Eine gut ausgeführte Spezialattacke könnte euch also auch massig SP zurückgeben. Das ist allerdings nicht der einzige Nutzen der Special Points, da auch Türen und die vier Tore, die ihr in jedem Level vom Bösen befreien müsst, SP verbrauchen. Das Kämpfen gegen die Dämonen ist also essentiell für den Spielfortschritt. Aber wer würde schon nicht gerne dutzenden Monstern die Leviten lesen?
Zu Beginn des Spiels könnt ihr nicht nur aus drei Speicherständen wählen, sondern auch aus drei verschiedenen Mädchen. Zum einen hätten wir die Schwertträgerin Yamato, welche die Klinge von Kusanagi trägt. Sie kann schnelle Angriffe vollführen und mit ihrem Spezialangriff, einer Wirbelattacke, Gegner im Umkreis eliminieren. Als zweites stelle ich euch Uzume vor, ein Mädchen, das im tiefen Wald lebt, wo sie Pfeil und Bogen gemeistert hat. Sie erhielt das Magatama von Yasakani und kann je nachdem, wie oft ihr den Angriffsknopf drückt, mehrere Pfeile gleichzeitig abschießen. Auch ihre Spezialattacke wird Gegnern das Fürchten lehren. Als letztes hätten wir Hinome, welche den Spiegel von Yata erhalten hat. Auf magische Art und Weise kann sie diesen Spiegel vor sich werfen und so nahe und ferne Gegner ausschalten. Der Spiegel kehrt anschließend Bumerang-artig zu ihr zurück. Während sie den Spiegel nicht trägt, kann sie zudem mit einem kurzen Messer nahe Feinde erlegen. Ihr Spezialangriff wird auf dem ganzen Bildschirm für mächtig Chaos sorgen.
Nachdem ihr einen kurzen Überblick über die drei Spielstile erhalten habt, lässt sich erstmal festhalten, dass dadurch nicht nur Variation ins Spiel kommt, sondern man auch motiviert ist, mit einer weiteren Kamiko, so werden die drei von den Göttern Auserwählten genannt, ins Abenteuer zu stürzen. Schade ist dabei, dass unter den Heldinnen keinerlei Unterschiede in den Leveln bestehen. Lobenswert wäre es gewesen, gäbe es für jede Kamiko in jedem Level einen Bereich, der exklusiv mit ihren Fähigkeiten zu absolvieren wäre. Stattdessen muss man sich praktisch drei mal durch das gleiche Level stürzen – mit Passagen, die mal besser, mal schlechter für den Charakter designt sind. Ich selbst hatte mit dem Schwert-Gameplay von Yamato am meisten Spaß, wobei das meiner Liebe zur The Legend of Zelda-Reihe verschuldet sein mag.
Lobenswert an Kamiko sind die einfallsreichen Bosskämpfe. Wo die allgemeine Spielstruktur und Rätsel- wie auch Gegner-Design eher Mängel aufweist, kann das Spiel mit unterhaltsamen Bossgegner glänzen. Ich freute mich in jedem Level auf den Bosskampf am Ende dieser Welt und wurde nie enttäuscht. Wenn auch hier das klassische "Drei Mal treffen und der Boss ist besiegt"-Konzept genutzt wird, haben die verschiedenen Phasen der Bosskämpfe immer einen neuen Kniff, den man zuerst einmal verstehen muss – das gilt vor allem für die späteren Bosse. Gekrönt mit einem grandiosen Endbosskampf kann dieser Teil von Kamiko ein sattes Plus einsacken.
Wie viele Indie-Spiele heutzutage setzt auch Kamiko auf einen Retro-Look mit scharf aussehenden Pixeln, so weit das Auge reicht. Es mag nichts absolut Neues sein, aber die Optik von Kamiko ist definitiv gelungen und erfüllt ihren Zweck. Dabei hat mir auch das Weltendesign sehr gefallen, was – ich war sofort irgendwie an das noch aktuelle The Legend of Zelda: Breath of the Wild erinnert – antike Technologie und gleichsame Tempel als Vorlage nimmt. Auch bei der Musik kann ich nicht viel meckern. Schon von Beginn an hatten die Retro-Melodien und Soundeffekte Ohrwurm-Charakter und wirkten wirklich passend in die eigentliche Spielatmosphäre eingearbeitet. Ob die sanften Klänge des Waldes oder die eher mysteriös klingende Melodie des vierten Levels, alles passt und hört sich zudem auch noch gut an. Aufgrund der wenigen Level kann es auch nicht viele Musikstücke im Spiel geben, doch ich hätte absolut nichts dagegen, noch mehr davon zu hören.
Die Steuerung von Kamiko empfinde ich als stellenweise weniger gelungen. Während ich beim gewöhnlichen Durchstreifen der Level keine großartigen Probleme hatte, stellt sich das Rennen mit den Heldinnen als etwas schwieriger heraus. Hält man den Renn-Knopf gedrückt, fühlen sich die Bewegungen des Charakters gleich deutlich schwammiger an, was nicht förderlich ist, da man gut und gerne einmal an Ecken und Kanten der Welt hängen bleibt und dann einen unnötigen Treffer einstecken muss. Besonders so manche zeitbasierte Herausforderung trieb mich deshalb gerne einmal für einen kurzen Moment in den Wahnsinn. Ansonsten kann man sich nicht groß beschweren.
Unser Fazit
7
Spaßgarant