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Die Geschichte und Zukunft der Abwärtskompatibilität der Pokémon-Serie Spezial
Geschrieben von Niels Uphaus am 29.04.2023
Die Pokémon-Spiele haben eine Vielzahl an individuellen Eigenschaften, die es so sonst in keiner anderen Serie zu finden gibt. Die Abwärtskompatibilität ist zum Beispiel so ein Punkt. Die meisten Titel sind in sich abgeschlossen. Nachdem ihr beispielsweise The Legend of Zelda: Ocarina of Time gespielt habt, hattet ihr wohl nicht den Wunsch, dass die Herzteile mit ins nächste Spiel, Majora’s Mask, übernommen werden, oder? Bei Pokémon ist das jedoch anders. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Trainer Pokémon, die sie vor zehn Jahren oder länger gefangen haben, auch in den neuesten Spielen der Reihe verwenden. Doch wieso hat sich GAME FREAK entschieden, dieses Feature zu implementieren und wie sieht die Zukunft der Abwärtskompatibilität aus? Dies schauen wir uns in diesem Spezial an.
Die fehlerhafte Anzeige der verbleibenden Tage bei Pokémon Bank zeigt bereits, dass die kostenfreie Nutzung nicht dauerhaft geplant sein wird.
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Als Pokémon Gold und Silber erschienen sind, hat wohl keiner damit gerechnet, im Pokémon Center von Teak-City auf Bill zu treffen, der von der Zeitkapsel gesprochen hat. Damit war es möglich, Pokémon von Rot, Blau und Gelb in die zweite Generation zu importieren. Ein Feature, das komplex zu integrieren war, schließlich wurden eine Vielzahl an Mechaniken in den neuen Spielen überarbeitet. Das Entwicklerteam musste also genau aufpassen, um zu verhindern, dass die Spielstände korrumpiert werden. Besonders beeindruckend: Man hat die Pokémon getauscht, das bedeutet, „neue“ Pokémon (logischerweise nur die ersten 151) konnten in die alten Spiele geschickt werden. Wie sich herausstellt, wurde diese Art der Abwärtskompatibilität nur ein einziges Mal umgesetzt.
Doch warum entschied man sich bei GAME FREAK dafür, diese zusätzliche Arbeit für ein Feature in Kauf zu nehmen, das andere Spiele nicht haben? Der Grund ist einfach. Um den Pokédex zu vervollständigen, musste man einige Pokémon, wie die Kanto-Starter oder die Legendären Pokémon der ersten Generation, übertragen. Damit blieben auch die alten Spiele noch relevant, wenn ihr die neuen Ableger zu 100 % komplettieren wolltet. Ein cleverer Marketingstreich, der die Integration der Abwärtskompatibilität gerechtfertigt hat.
Der große Schock folgte 2003 mit dem Erscheinen von Pokémon Rubin und Saphir. Nicht nur fehlten eine Vielzahl an Pokémon in den Hoenn-Titeln, auch die Möglichkeit, Pokémon von Gold, Silber und Kristall zu übertragen, existierte aufgrund von technischen Schwierigkeiten nicht. Um es Fans trotzdem zu ermöglichen, den Nationaldex zu komplementieren, wurden unter anderem die Remakes Feuerrot und Blattgrün veröffentlicht. Doch nicht nur das: Trainer brauchten zudem den GameCube mit Pokémon Colosseum und XD, um in den Besitz aller 386 Pokémon (mit Ausnahme der Mysteriösen Pokémon) zu kommen. Viele Fans sind sich daher einig, dass die Vervollständigung des Nationaldex in Generation 3 am schwierigsten ist.
Mit Pokémon Diamant und Perl wurde dann das Zeitalter der modernen Abwärtskompatibilität eingeläutet. Um Korruption der älteren Spielstände zu vermeiden, wurden die Pokémon aus den alten Spielen gelöscht, statt einen Tausch zu veranlassen. Eine Tatsache, die auch bei den meisten Fans gut ankam. Die Rückkehr der „Zeitreise“ wurde von den neuen Spielen auch ausführlich genutzt. So ließ sich beispielsweise das neue Pokémon Regigigas nur mithilfe von Taschenmonstern aus Rubin, Saphir und Smaragd fangen. Die Abhängigkeit von den älteren Spiele setzte sich auch in Generation 5 mit Schwarz und Weiß fort. Das änderte sich jedoch mit dem Zeitalter des Nintendo 3DS.
Als 2013 Pokémon X/Y erschienen ist, sah es ganz danach aus, dass auch die sechste Generation die Spiele der fünften Generation benötigen, um den Pokédex zu vervollständigen. Statt jedoch auf eine Offline-Lösung zu setzen, entschied man sich bei The Pokémon Company, Pokémon Bank zu veröffentlichen. In Kombination mit dem PokéMover ließen sich so ältere Pokémon in die Cloud laden und von da in die neuen Spiele. Dafür mussten Fans 4,99 Euro im Jahr bezahlen. Für viele Fans ein Ärgernis, denn sollten die Server jemals abgeschaltet werden, hätten wir die gleiche Situation wie damals im Jahr 2003. Würde man dann seinen Pokédex nicht mehr vervollständigen können? Eine Antwort darauf bekam ich persönlich im Oktober 2014 bei einem Interview mit Junichi Masuda und Shigeru Ohmori zu Pokémon Omega Rubin und Alpha Saphir. So sollte sich der Nationaldex vervollständigen lassen, solange man X, Y, Omega Rubin und Alpha Saphir besitzen würde. Die Kompatibilität mit den Vorgängern war also nicht mehr nötig. Um das zu erreichen, wurden viele der Legendären Pokémon eher lieblos in die Remakes integriert. Die gleiche Situation fanden Fans einige Jahre später auch in der siebten Generation vor. Auch hier ließ sich der Nationaldex vervollständigen, wenn man die Spiele Sonne, Mond, Ultrasonne und Ultramond besitzt. Die Titel setzten jedoch auch einen neuen Präzedenzfall. Zwar waren alle Pokémon im Spiel enthalten, der Nationaldex war jedoch nicht vorhanden. Eine Tatsache, die einige Jahre zu einem der größten Aufruhre in der Pokémon-Community führen würde.
Ein Blick auf den Screenshot verrät: Nicht alle Pokémon sind in allen neuen Spielen vorhanden.
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Der Sprung der Pokémon auf die Nintendo Switch führte dazu, dass die The Pokémon Company den Nachfolger von Pokémon Bank angekündigt hat. Pokémon HOME hat nicht nur mehr Features und eine Smart Device-App, sondern ist auch deutlich teurer. Die App ist aber in der Lage, Pokémon aus Pokémon Bank zu importieren. Dafür müssen jedoch kostenpflichtige Abos für beide Applikationen abgeschlossen werden. Deutlich aufgebrachter waren die Fans über die Ankündigung, dass Pokémon Schwert und Schild erstmals nicht mehr alle Pokémon beinhalten würden. Das führte zu der kuriosen Situation, dass manche Taschenmonster in der Cloud „stecken geblieben“ sind, da die Hauptreihe das Pokémon nicht beinhaltete. Eine Tatsache blieb jedoch bestehen: Nur mit Schwert und Schild allein, inklusive den DLCs, ließen sich alle einprogrammierten Pokémon schnappen. Ein Abo für Pokémon HOME war also nicht wirklich notwendig. Ähnlich haben dies Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle sowie Pokémon Legenden: Arceus gehandhabt. Alle Titel lassen sich ohne andere Spiele komplettieren. Das Übertragen der alten Pokémon war keine Pflicht mehr, sondern nur noch ein Luxus.
Zum Zeitpunkt, an dem ich diesen Artikel schreibe, wurde erst kürzlich der Nintendo eShop des Nintendo 3DS geschlossen. Pokémon Bank ist seitdem kostenlos, es ist also auch weiterhin möglich, Pokémon der sechsten und siebten Generation nach Pokémon HOME zu schicken. Die Frage ist aber: Wie lange noch? Wer sich die kostenlosen Online-Applikationen der Pokémon-Reihe anschaut, weiß, dass die The Pokémon Company diese gerne früher als später abschaltet. Die Frage ist daher nicht ob, sondern wann dies geschehen wird. Wenn dieser Tag eintrifft, hat das jedoch noch deutlich größere Auswirkungen. Nicht nur lassen sich dann keine Pokémon mehr von Generation 5 nach 6 schicken. Auch Taschenmonster der Generation 6 lassen sich nur mit Pokémon Bank in die Alola-Region schicken. Dann gibt es noch die Virtual Console-Titel der ersten und zweiten Generation, die ebenfalls von der Nintendo 3DS-Cloud-Software abhängig sind. Diese Abhängigkeiten machen Pokémon Bank zur wohl wichtigsten Applikation in der Geschichte von Pokémon. Das würde ich zumindest schreiben, denn wie ihr spätestens seit diesem Artikel wisst, hat GAME FREAK vorgesorgt. Die Abwärtskompatibilität ist nicht mehr relevant, um die Spiele in vollen Zügen genießen zu können. Die Titel sind mittlerweile in sich abgeschlossen. Pokémon Karmesin und Purpur sind noch jung, doch für mich besteht kein Zweifel, dass die Situation ähnlich gehandhabt wird wie in Schwert und Schild. Das zeigen die 7-Sterne-Tera-Raid-Events, die Fans Pokémon bescheren, die zwar nicht im Paldea-Pokédex zu finden sind, aber dennoch im Programmcode enthalten sind. Irgendwann wird auch Pokémon HOME durch eine andere Applikation ersetzt. Dann werden die Spiele der Nintendo Switch das Schicksal der Nintendo 3DS-Titel teilen. Die Möglichkeit, Pokémon von Generation zu Generation mitzunehmen, ist ein tolles Feature für Langzeitfans, ist für GAME FREAK heutzutage jedoch eher ein kostenpflichtiges Bonus-Feature, welches es nicht dauerhaft geben wird. Stattdessen werden die neuen Spiele so konzipiert, dass man mit jedem Titel einsteigen kann, ohne irgendwelche Nachteile zu haben, wenn man die alten Spiele nicht gespielt hat. Eine Tatsache, die Bestätigung erhält, sollte das Ende von Pokémon Bank eingeleitet werden.
...wenn sie hingegen auf Editionen vergangener Gens verweilen sind sie für mich mental und technisch auf dem Abstellgleis. Vielleicht geht es anderen ja auch so.
