Showdown im Wilden Westen
Wie viele andere staunte auch ich nicht schlecht, als Red Dead Redemption kürzlich überraschend für die Nintendo Switch angekündigt wurde. Seit der ersten Veröffentlichung des Spiels sind mittlerweile 13 Jahre vergangen und zurecht fragen sich viele, ob der Titel auch heute noch – nun auf der Hybridkonsole – begeistern kann. Als dann auch noch bekannt wurde, dass es sich nicht um eine Remaster-Version, sondern lediglich um eine angepasste Fassung des Originals handelt, die dennoch zum Vollpreis verkauft wird, wurden viele kritische Stimmen laut. Ich habe mich nun nichtsdestotrotz mit dem Colt im Halfter auf mein treues Ross gewagt und erkläre euch nachfolgend, weshalb Red Dead Redemption trotz aller Umstände perfekt zur Nintendo Switch passt und für mich ein annähernd ebenso perfektes Abenteuer ist.
Red Dead Redemption erzählt die Geschichte von John Marston. Der frühere Ganove wird durch die Entführung seiner Frau und seines Sohnes dazu genötigt, seine alten Bandenkollegen ausfindig zu machen, um diese ins Jenseits zu befördern, damit das Land ein sichereres werden kann. Hierfür streift er gut bewaffnet durch die Lande, trifft unterschiedlichste Charaktere, die ihm mal freundlich und mal feindlich gesinnt sind, um seinen Auftrag durchzuziehen, auch wenn er sich nichts mehr wünscht, als das alte Leben hinter sich zu lassen, um bei seiner Familie zu sein. Erzählt wird die gesamte Geschichte dabei mit englischer Sprachausgabe, welche ich als fabelhaft empfinde, da sie den Charakteren und ihren kleinen und großen Geschichten Leben einhaucht. Zur Unterstützung könnt ihr deutsche Untertitel einblenden, um auch wirklich jeden Handlungsstrang nachvollziehen zu können.
Eben jene Geschichten und Missionen sind es auch, die gepaart mit dem oftmals sehr trockenen, aber stets sympathisch agierenden John Marston einen riesigen Reiz des Spiels ausmachen. Jeder noch so kleine Handlungsstrang, den ihr von den Einwohnern erlebt, weckt das Interesse des Spielers – und das sogar bei weniger spannenden Aufgaben wie dem Fangen von Wildpferden oder dem Befördern eines Leichenwagens. Grund sind oftmals die agierenden Charaktere und die damit verbundenen Hintergrundinformationen, manches Mal aber auch einfach die Erzählungen selbst oder aber auch die unterschiedlichen Herangehensweisen an die einzelnen Spielmissionen. Auch Überraschungsmomente gibt es immer wieder, wenngleich manche Verfolgungsjagd und Schiesserei vorhersehbar ist. Dennoch macht Red Dead Redemption hier eine Menge richtig und das Konzept funktioniert auch heute noch tadellos und verspricht Spielspaß ohne Ende.
Unabhängig davon, ob ihr gerade einer Mission folgt oder euch frei durch die offene Spielwelt bewegt, hat John einiges auf dem Kasten. So kann er sich nicht nur zu Ross oder Kutsche fortbewegen, sondern nutzt auch die Eisenbahn oder findet sich an ungewöhnliche Ort wie einem Floß wieder. Die Steuerung per Pferd und Kutsche ist dabei schnell erlernt und spielt sich präzise genug, um spaßige Verfolgungsjagden zu erleben. Schön ist dabei die Umsetzung der Steuerung vor allem dahingehend, dass sich unterschiedliche Arten der Fortbewegung auch spürbar anders spielen. Das bewirkt ein situativ angepasstes Handeln als Spieler und sorgt für Abwechslung.
Passend zu einem Western stehen bei John vorrangig seine persönlichen Talente im Umgang mit Waffen im Mittelpunkt. Mittels Colt, Gewehr, Schrotflinte, per Fäusten oder auch mit einem Lasso kann sich John zur Wehr setzen, wenn ihm menschliche wie auch tierische Gefahren auflauern. Dann wird schnell eine Waffe gezückt und per Tastendruck abgefeuert. Dank eines gut zugänglichen Waffenrads lassen sich diese auch schnell im Kampf wechseln und sogar unterschiedliche Versionen einer Art mit individuellen Attributen gibt es. So können Spieler zumindest teilweise ihren ganz eigenen Spielstil entwickeln, wenn sie die Lande von Red Dead Redemption erkunden. Mein persönliches Highlight ist es, damals wie heute Gauner mit dem Seil zu fesseln und sie dann per Pferd durch die Wüste zu schleifen. Ein herrliches Gefühl von Überlegenheit.
Eine Besonderheit von Red Dead Redemption ist das Dead-Eye-System. Habt ihr eine Waffe im Schusswechsel gezückt, könnt ihr in einen Zeitlupen-Modus umschalten, um zielsicher Feinde zu erledigen. Dadurch lassen sich dann auch leichter bestimmte Körperteile treffen, um Gegner beispielsweise nicht direkt auszuschalten, sondern sie zu entwaffnen oder am Weglaufen zu hindern. Das macht enorm viel Spaß, ist für mich manches Mal aber ein zu übermächtiges Feature, auch wenn der Modus nicht beliebig lange verwendet werden kann.
Mit das Beste im Spiel sind für mich aber die Missionen und alle Handlungsmöglichkeiten, die einem geboten werden. Wie bereits erwähnt, unterhalten die Hauptmissionen enorm und sind durch interessante Charaktere auch gut erzählt. Fernab dessen gibt es aber noch viel mehr zu entdecken. Hierzu gehören zufällige Missionen, die ihr einfach so in der Prärie aktivieren könnt. Anfänglich sind dies Schuss- und Reitübungen, später absolviert ihr aber sogar ganze Questreihen, die sich nach und nach offenbaren, und sogar Schatzsuchen sind möglich. Oftmals läuft es aber darauf hinaus, dass ihr euch feindlichen Banden gegenüberstellt, Einheimischen bei der Beseitigung dieser helft oder dass ihr per Steckbrief einen Bandenboss suchen und dingfest machen müsst. Als Belohnung winken dann ab und an neue Waffen oder euer Geldbeutel wird um weitere Dollar gefüllt.
Die einzelnen Orte laden fernab von wilden Schusswechseln auch zum Verweilen ein. Neben Geschäften für neue Waffen, medizinische Versorgung oder neue Pferde könnt ihr auch Immobilien anmieten bzw. erwerben und auch einige Minispiele haben es ins Spiel geschafft. Hufeisen werfen, Messerspiele und Duelle auf offener Straße füllen euren Taschen, was dann in die zuvor genannten Optionen direkt investiert werden darf, um für weitere Abenteuer gut gerüstet zu sein. All diese Handlungsoptionen lassen die gesamte Spielwelt sehr lebendig wirken und auch in der Prärie setzt sich dies durch Vögel, Hasen und Kojoten fort, die ihr jagen und häuten könnt, um noch mehr Geld zu scheffeln.
All eure Handlungen im Spiel bleiben zudem nicht unbemerkt. Helft ihr euren Mitmenschen, ergeben sich neue Missionen, da ihr das Vertrauen der Bevölkerung gewinnt. Entscheidet ihr euch jedoch dazu, die Waffen sprechen zu lassen, um beispielsweise tote Mitbürger auszurauben, jagen die örtlichen Gesetzeshüter nach euch. Darüber hinaus gibt es aber auch allerlei kleine Herausforderungen im Bereich der Jagd, beim Sammeln von Pflanzen oder auch beim Zerschlagen von Banden, wodurch ihr noch mehr zum Westernhelden werdet. Durch eure Handlungen könnt ihr auch weitere Kostüme für John freischalten, die ihr in einer eurer Unterkünfte wechseln dürft. An Umfang bietet Red Dead Redemption somit eine Menge Vielfalt.
Das für viele wohl Spannendste am aktuellen Release dürfte die technische Umsetzung der Nintendo Switch-Fassung sein und es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass diese super ist. Zum einen ist definitiv eine grafische Verbesserung zur ursprünglichen Fassung des Spiels zu erkennen, was bereits in so manchen Vergleichsvideos thematisiert wurde. Die Charaktere und die Spielwelt sehen detaillierter aus, was auch durch eine bessere Abstimmung des Lichts so richtig zum Vorschein kommt. Die Spielwelt mit ihren vielen Städten, Dörfern, Lagern und anderen interessanten Orten sieht ebenso gut aus. Nur einige Objekte laden erst richtig nach, wenn man sich diesen nähert. Insgesamt ist die Weitsicht aber vorbildlich und ermöglicht auch eine Planung der eigenen Route ohne auf die Karte zu sehen. Nicht ignorieren darf man jedoch, dass das Spiel schon einige Jahre auf dem Buckel hat, was man an so mancher Stelle auch deutlich erkennen kann. Das für mich Beeindruckendste sind jedoch die Ladezeiten. Diese fallen beim Spielstart zwar relativ lang aus, im Spiel selbst sind diese aber so minimal, dass man sie fast gar nicht bemerkt. Gerade beim Erkunden der Welt werdet ihr daher nur selten einen Ladebalken zu Gesicht bekommen, was ein entspanntes Galoppieren durch die Wüste ermöglicht. Hier hat Rockstar Games tolle Arbeit geleistet und es ist ein Fest, das alles auch jederzeit unterwegs auf der Nintendo Switch erleben zu können.
Die größte Kritik kann ich am Ende vor allem in zwei Bereichen anbringen. Zum einen sind hier die zufälligen Missionen in der Prärie zu nennen. Grund für Kritik bieten diese, da ich oftmals zu schnell an ihnen vorbeigeritten bin, weshalb meine Chance, diese zu bewältigen, im Nu verflogen war. Hier hätte man die Reichweite gerne erhöhen können, da so manche interessante Begegnung auf diese Weise auf der Strecke bleibt. Mein zweiter Kritikpunkt richtet sich an den Sound. Ich liebe den Soundtrack und die musikalische Untermalung, da sie perfekt zum Spiel und einzelnen Spielszenen passt. Gerade zu Beginn des Abenteuers kam mir die Soundausgabe aber irgendwie unterdrückt vor, sodass ich sogar bei voller Lautstärke im Handheld-Modus nicht optimal den Dialogen folgen konnte.
Zuletzt muss noch erwähnt werden, dass ihr mit der Nintendo Switch-Fassung neben dem Hauptspiel auch das Zusatzszenario Undead Nightmare erhaltet. In diesem postapokalyptischen Abenteuer wird die Welt von John von einem Virus heimgesucht, durch welchen seine Frau und sein Sohn infiziert werden. Auch in dieser aussichtslosen Situation bleibt unser Held sehr trocken und nimmt sich den Zombieherden an. Mit diesem Zusatzkapitel hatte ich ebenfalls viel Spaß, da durch die umherwandernden Zombies und Munitionsknappheit ein schauriges Abenteuer entsteht. An die Stärke des Hauptspiels kommt es zwar grundsätzlich nicht ganz heran, als nette Beigabe habe ich Undead Nightmare jedoch gerne gespielt.
Was ihr auf der Nintendo Switch allerdings nicht finden werdet, ist der Multiplayer-Modus. Dieser wurde leider gestrichen, sodass ihr nur allein auf Abenteuerreise gehen dürft. Dies ist durchaus ärgerlich, da sich durch das Hybridkonzept schnelle lokale Runden mit meinen Freunden ergeben hätten. Dafür sind sonstige Inhalte der Game-of-the-Year-Edition enthalten, wozu weitere Herausforderungen und Kostüme zählen.
Alles in allem ist Red Dead Redemption auf der Nintendo Switch aber ein Highlight und einfach jeder, der auch nur ansatzweise etwas mit dem Western-Szenario und der offenen Spielwelt anfangen kann, sollte zuschlagen. Ob die verlangten 50 Euro dafür gerechtfertigt sind, muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden. Mir persönlich sind sie es wert, weshalb ich auch nochmals zur Handelsversion greifen werde. Die grafische Verbesserung und die technische Umsetzung auf der Nintendo Switch gehört meiner Meinung nach honoriert, wobei ein nur etwas geringfügiger Preis wohl weniger Diskussionen ausgelöst hätte. Dennoch ist es eine einmalige Chance, diesen Meilenstein jederzeit unterwegs spielen zu können, weshalb ein Vergleich mit anderen Plattformen schwierig ist.
Unser Fazit
9
Geniales Spiel