Sind Videospiele Kunst?

  • Spiele sind für mich keine Kunst.


    Kunst bedeutet für mich immer auch, das ein Einzelner sich völlig frei, und möglichst ohne Einschränkungen, entfalten kann, und man seinen Anteil an dem, was am Ende rauskommt, auch klar umreißen kann. Bei Bildern etc ist das einfach, hier ist ein Künstler alleine am Werk beteiligt (normalerweise) und ist frei in dem, was er malt. Bei Filmen wird es schon schwieriger. Den Beitrag des einzelnen Schauspielers, sofern er Spielraum hat seine Rolle auszuleben, kann man als Kunst betrachten. Aber hier wird es schon eng.


    Bei Spielen ist für mich die künstlerische Freiheit bei den meisten nicht mehr gegeben. Es arbeiten ja hunderte zusammen, und der Schaffensprozess ähnelt weniger dem eines Malers oder Bildhauers, als eher dem eines Ingenieures, der ein Auto konstruieren soll. Die ganze Entwicklung eines Spiels ist ein durchgeplanter Prozess mit festen Strukturen. Der einzelne Grafiker, der eine Figur designed, ist zwar durchaus noch kreativ beteiligt, aber oft gibt es so viele Zwischenstände, und oft sind auch mehrere zumindest mit ihren Beurteilungen beteiligt, das auch das kaum noch etwas mit Kunst zu tun hat.

  • @kbye


    Bei ersterem wäre dann die Frage, was am Ende raus kommt. Wenn ich alleine ein textbasiertes Spiel schreibe, das inhaltlich rein mathematischen Logiken folgt, ist das keine Kunst. Und wenn die Erbauer an der Skulptur z.B. eine Vorgabe haben, was raus kommen soll, und sich selber nicht einbringen können, dann eben auch nicht.


    Etwas zu erschaffen ist nicht zwangsweise Kunst, sonst wäre jeder Maurer ja ein Künstler.


    Ist z.B. ein Betriebssystem wie Windows Kunst? Oder die Verwaltungssoftware, die ich gerade für eine Behörde programmiere (Und das sogar alleine)? Wenn nein, warum sollte es ein Spiel dann sein, wo doch der Prozess der Entwicklung sich heutzutage nicht mehr wirklich unterscheidet?

  • Im Grunde genommen hat eine Entwicklung eines Videospieles, gerade in der Anfangszeit viel mit Kreativität und Kunst zu tun, da man ja auch Beispielsweise Konzeptzeichnungen für die Spiele anfertigen muss.


    Und wenn ich Spiele von der Zelda Reihe sehe, die zum niederknien schön sind, dann muss es einfach Kunst sein.

  • Spiele sind mehr Kunst als Filme, da bei Spielen alles vorberechnet ist, wie sich das Haar z.B. bewegt, was bei Filmen nicht der Fall ist. Bei Filmen ist vieles zufälliger, also sind Spiele viel mehr Kunst, ohne dabei willkürlich oder künstlich zu wirken (wenn es gut gemacht ist).

  • Im Grunde genommen hat eine Entwicklung eines Videospieles, gerade in der Anfangszeit viel mit Kreativität und Kunst zu tun, da man ja auch Beispielsweise Konzeptzeichnungen für die Spiele anfertigen muss.

    Wenn im Foyer eines Banken-Hochhauses die Skulptur eines Künstlers steht, wird dadurch das ganze Gebäude für dich zu einem Kunstwerk? Wenn nein, warum sollte dann eine Software, die aus Millionen Zeilen Programmcode besteht, Kunst werden, nur weil ein paar Grafiken in einem künstlerischen Prozess entstanden? Ist ein Anwendung wie Whatsapp in ihrer Gesamtheit dann auch Kunst? Da sind ja Smileys drin, die hat ja auch mal jemand gezeichnet.


    Viele der Grafischen Details in einem Spiel entspringen auch eher mathematischen Routinen als den Händen eines Zeichners.

  • Sind Videospiele Kunst? Definitiv und zwar egal ob es meinen persönlichen Geschmack oder mein Kunstverständnis trifft.


    Für mich ist Kunst ein Charakter, eine Geschichte oder gar eine ganze Welt die erdacht werden, um andere nicht nur zu unterhalten, sondern in ihre Welten einzuladen, um zu erzählen und um zu bewegen. Videospiele sind sogar eine ganz besondere Kunstform, weil zu ersten beiden Motiven auch noch hinzukommt, daß man den Konsumenten das Ganze nicht nur von einer außenstehenden Perspektive betrachten lassen, sondern ihn darin eintauchen und es erleben lassen kann. Dadurch können einem die Inhalte, die Geschichten und Welten auf eine viel tiefgreifendere Weise nahe gebracht werden. Ein Spiel aber so zu gestalten, daß es genau das schafft ist die Kunst an dem Ganzen.


    Das ist es gleichermaßen für Musik, Bilder und jede andere Form von Kunst. Der Künstler versucht seine Gefühle, seine Gedanken und Ideen auf kreative Weise in seinem Kunstwerk auszudrücken und dem Betrachter, Leser, Spieler, Zuhörer oder was auch immer nahe zu bringen. Und wie in jeder Kunstform funktioniert das auch individuell unterschiedlich. Nicht jedes Spiel, trifft jeden Geschmack. Nicht jeder findet jedes Spiel gut und das ist ja auch richtig so.


    Kunst ist für mich also keine Frage des Mediums oder des Entstehungsprozesses, sondern der Gedanken und der Absicht dahinter. Ist ein Maurer ein Künstler kam hier die Frage... nein... sagt man jetzt vielleicht. Weil eine Mauer dazu da ist um etwas zu separieren, um etwas abzugrenzen. Sie erfüllt einen reinweg praktischen Zweck, sie ist eben zweckdienlich und weiter nichts. Wenn der Maurer aber aus Leidenschaft mauert und so viel Spaß dabei hat, daß er sich selbst vergisst und den Putz so verteilt, daß dabei ein Bild entsteht oder die Ziegelsteine so unterschiedlich setzt, daß daraus ein Muster entsteht... dann würden die Leute schon sagen, daß das Kunst und der Maurer ein Künstler ist. Es ist nicht das Medium. Es sind Gedanken, die Absichten, das Motiv und die Leidenschaft hinter einer Schöpfung, die es zu Kunst werden lassen.


    Bei Videospielen ist es ganz ähnlich. Ich erdenke mir eine Geschichte, ich überlege mir wie ich sie umsetze und bitte gegebenenfalls andere mir zu helfen. Das Medium ist modern, der Prozess anfangs sehr kreativ, später wird er technischer. Und das besondere an den meisten Spielen ist, daß die allermeisten eine kollektive Arbeit sind. Das heißt es fließen nicht nur die Kreativität, Gedanken und Ideen eines Künstlers ein, der den ersten Gedanken hatte, sondern aller Mitwirkenden. Daraus kann etwas großartiges entstehen.


    Und die Menge an Mitwirkenden sollte übrigens keine Definition der Kunst ausmachen. Musik ist doch auch Kunst oder? Wieviele Menschen spielen in einem Orchester, arbeiten an der Aufnahme, Abmischung und der Feinabstimmung bevor es letztendlich fertig ist und im Handel landet oder sind am Aufbau der Bühne bei einem Konzert beteiligt? Wie viele haben an der Geige gearbeitet, auf der sich der Musiker auszudrücken vermag? Es gehört mehr zu einem Kunstwerk, als man Augenscheinlich sieht und letztendlich gehören auch überall technische Prozesse mit dazu und wenn es nur alleine heißt, das Klavier zu stimmen. Oder ist ein Lied jetzt nur noch Kunst wenn man in Jeans a capella am Straßenrand singt, weil man das alleine und ohne Einfluss anderer macht? Ist doch Blödsinn.


    Also ja! Für mich sind Spiele Kunst, sogar eine größere als manch andere, denn sie vereint nicht nur mehrere Kunstformen ineinander sondern schafft daraus ein größeres Ganzes, welches aber zusätzlich durch seine interaktiven Möglichkeiten zusätzliche künstlerische Aspekte schafft und durch das Zusammenspiel aller Teile, zu einem ganz eigenen Kunstwerk werden kann.


    Ein gutes Beispiel für die interaktiven Möglichkeiten ist Brothers - A Tale of Two Sons. (Achtung! enthält massive Spoiler)



    Oder nehmen wir Spiele wie Type:Rider. Da spielt man nur einen Doppelpunkt und lernt auf äußerst künstlerische Weise die Geschichte der Schrift kennen. Es ist nicht nur schön anzusehen, äußerst kreativ und macht Spaß, man lernt auch noch einiges dabei. Ebenso wie es Valliant Hearts schafft ohne viele Worte, einem die Schrecken des ersten Weltkrieges nahe zu bringen, wie es ein Bild oder ein Film niemals könnte. Oder Lovers in a Dangerous Spacetime, was so schlicht und simpel wirkt, aber dadurch, daß man es mit jemand anderem zusammenspielt und aufeinander zählen muss, wie es sonst kaum irgendwo, ein ganz eigenes Spielgefühl erzeugt.


    Es gibt so viele Beispiele für Spiele, die durchaus künstlerisch in verschiedenen Aspekten sind. Tatsächlich ist die Kunst in Spielen in den meisten Indiespielen leichter zu erkennen, als in realistisch wirkenden AAA-Titeln. Eben weil diese meistens mit mehr Leidenschaft für ihr Projekt und weniger Profitsinn an die Sache herangehen. Aber das heißt ja nicht, daß die großen Titel, nicht auch Kunstwerke sind.


    Aber auch wenn es nicht immer ersichtlich ist, ist das Gestalten eines Spiels Kunst. Zu erreichen, daß der Spieler, nicht nach 5 Minuten ausmacht, weil es langweilig ist, sondern bei der Stange bleibt, um dann doch von dem tollen Inhalt gefesselt zu werden, ist schon eine Kunst an sich, denn man braucht dafür nicht nur stupide Marktanalysen, sondern auch ein Gefühl für das richtige Maß der Dinge. Schaut man sich Resident Evil 6 an... lieblos dahingeklatscht, vollgepumpt mit allem was der Mainstream zu mögen scheint und was rauskommt ist ein chaotischer Actionkracher mit wenig Sinn, einer stumpfen Story, dämlichen Sprüchen und sinnlos vielen Quicktime- und Fluchtpassagen... ich fands einfach nur grauenhaft, aber auch das zu schaffen ist ja irgendwie eine Kunst :) The Last of Us hingegen hat eine ganz gute Geschichte... ich fand sie nicht so überragend, wie viele andere, vielleicht auch weil ich zuvor The Walking Dead (1. Staffel) gespielt habe und The Last of Us dann teilweise wie schlecht abgekupfert wirkte :whistling: Aber hier wurde eine tolle Welt geschaffen und im Gegensatz zur eher actionlastigen Verwandschaft Uncharted, hat man hier eine gute Balance zwischen ruhigen, emotionalen Momenten und gefährlich hektischen Passagen gefunden und daraus ein Abenteuer gemacht, an das man sich auch lange danach noch erinnern wird. Hier spreche ich allerdings nur von TLoU und nicht von TLoU 2.


    Natürlich hat es auch grafisch überzeugt, aber Grafik alleine macht ein Spiel nicht gut und es macht es auch nicht zur Kunst, denn hier geht es ja nicht um die Frage ob Bilder in Videospielen Kunst sind, sondern ob Videospiele selbst Kunst sind. Das mag jeder anders sehen, aber ich sage definitiv JA!

    @YoungSuccubus und was wenn jemand alleine ein Spiel macht?

    Bei ersterem wäre dann die Frage, was am Ende raus kommt.

    Lone Survivor, Stardew Valley und Minecraft zum Beispiel und ich würde sagen, die könnte man durchaus mit in die kunstvolle Sparte einordnen, auch wenn Minecraft gleichzeitig auch eine Plattform für andere "Künstler" bietet :D Aber all diese Spiele haben etwas kreatives und eine ganz eigene Atmosphäre und stammen jeweils aus der Feder eines Einzelnen. Keine Kunst also, weil dahinter ein logisch aufgebauter Programmcode steckt? Blödsinn.


    Der Code ist nur das Werkzeug, um das Kunstwerk umzusetzen, so wie Klavier, Geige, Pinsel, Papier und Meißel auch nur Werkzeuge sind, um Kunst umzusetzen. Ein Blatt Papier ist sicher kein Kunstwerk und ob daraus eine zweckdienliche Einkaufsliste oder ein Kunstwerk wird, liegt ganz daran, was die Person, die den Stift hält, damit vor hat.


    Und das gleiche gilt für Spiele. Das Gesamtbild was am Ende rauskommt, die Motive, die Leidenschaft und die Gefühle, die Ideen aller Beteiligten und der Wille zu begeistern, machen aus dem was auch eine Tabellenkalkulation hätte werden können, etwas ganz anderes, nämlich Kunst.

  • @YoungSuccubus
    Stichwort Gesamtkunstwerk.
    Die Grafik, der Sound, die Spielmechaniken -im richtigen Verhältnis zueinander erzeugen sie eine Immersion, die ihresgleichen sucht. Spiele, denen so etwas Herausragendes gelingt, wodurch sie sich von der Masse abheben (wenn ich ein Bild male, wird es analog dazu niemand als Kunst sehen), sind für mich Kunst, bzw eben ein Gesamtkunstwerk, das sich aus den vielen einzelnen Puzzlestücken zusammensetzt, um eine einzigartige Erfahrung zu bieten. Als Beispiele sind hier Super Mario 64 zu nennen, aufgrund der Einläutung einer neuen Ära der Videospiele, aber sicherlich auch Dead Space für seine herausragende Atmosphäre, welche durch bahnbrechendes und bis heute unerreichtes Sounddesign in Kombination mit cleverer Beleuchtung und beklemmendem Leveldesign erzeugt wird. Sind jetzt nur zwei völlig zufällig herangezogene Beispiele und natürlich wird es letztlich auch sehr subjektiv sein, inwiefern und welche Spiele genau man als Kunst bezeichnen mag (wie in der Kunst im Allgemeinen ja auch: nicht alle Bilder/Gemälde sind Kunst, nicht jedes Gedicht ist Kunst, nicht jeder Film ist Kunst, nicht jedes Videospiel ist Kunst -nicht jeder potentielle Vertreter einer Kunstform eignet sich tatsächlich dafür, als solcher anerkannt zu werden). Als ganz grobe Faustregel mag vllt gelten, dass ein Videospiel als Kunst betitelt werden kann, wenn es die eigenen Anforderungen oder Ziele (wie soll das Spiel ablaufen? Welche Stimmung soll das Spiel auf welche Weise einfangen und an den Spieler wiedergeben? Welche Emotionen sollen geweckt werden?) auf herausragende Weise erfüllt und sich damit von anderen Werken mit ähnlicher Prämisse abhebt.

    Einmal editiert, zuletzt von qinn ()

  • Man kann ein Medium nicht per se als Kunst definieren, weil dann müsste ich ja nur ein rudimentäres Pong programmieren und das wäre dann Kunst.
    Aber Spiele können Kunst sein oder künstlerische Aspekte haben, z.B. in den Bereichen Grafik oder Sound. Auch der spielerische Teil selbst kann Kunst sein, wenn er das Erwartbare verlässt und etwas Neues passiert bei Spieler und Spiel.
    Aber ich verstehe nicht, wieso Spiele unbedingt Kunst sein müssen für viele Gamer. Sind sie minderwertig, wenn sie "nur" gute Spiele sind? Spielen ist ein wesentliches Merkmal höherer Lebewesen und geht über reine Intelligenz hinaus. Es fordert und entspannt gleichzeitig, ist gleichzeitig Realität und Traum und nichts von beidem, sondern ein eigener Bereich dazwischen. Also: kein Medium ist automatisch Kunst, auch Spiele nicht. Ich kann ein Haus aus Leinwand bauen und mit weißer Ölfarbe anstreichen und dann ist es immer noch nicht Kunst, sondern ein weißes Haus. Und deswegen ist es trotzdem nichts Minderwertiges.

  • Ich wische mal den Staub von diesem Thread… ;)


    Leider habe ich den Artikel eben erst entdeckt.


    Selbstverständlich gibt es Videospiele die Kunstwerke sind oder wie ein Gemälde daherkommen.

    Wenn dann noch passende Musik dazu kommt ist es definitiv Kunst, unabhängig davon ob eine Person, dutzende oder gar hunderte Personen daran gearbeitet haben.

    Die Komponisten eines Soundtracks für ein Spiel sind zweifellos Künstler.

    Die Konzeptzeichner ebenfalls.

    Der Autor der Story oder des Storyboards u.v.a.m. sind Künstler.

    Wurde Minecraft in der Urversion nicht von einem einzelnen Menschen programmiert?

    Ist die „Fettecke“ von Beuys Kunst?

    Kunst kommt von Können ist aber für jeden einzelnen von uns etwas anderes.


    Wenn ich wie zuletzt bei Kirby und das vergessene Land alles um mich vergesse und durch die Musik und Grafik so in das Spiel versinke dass das Gamepad wie eine dritte Hand wird ist das für mich Kunst.


    Erschaffer von Videospielen die künstlerisch und kreativ tätig werden verdienen es gefördert zu werden.

    Besonders in der Indie Szene.

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