Retail ist nicht gleich Retail und Digital nicht gleich Digital.
Ein Super Mario World für SNES oder Tetris für GB, da sehe ich sehr viel Reiz an der Retail-Fassung. Man hat die offensichtlichen Vorteile wie Wiederverkauf, Verleih, Besitz... Hinzu kommt, dass es ein abgeschlossenes Werk ist, welches als fertiges Stück Kultur auf dem Datenträger ist. Hinzu kommt, dass GB- oder SNES-Module sehr ikonisch sind. Und das GB-Modul von Tetris ist daher sehr ikonisch und hat alle Vorteile von Retail. Auch wird es keine bessere Version von Tetris für GB geben. Habe ich ein Indie-Spiel in Pixeloptik, welches auf die Switch portiert wurde und wo das komplette Spiel zu 100% auf dem Modul ist und wo ich im Bestfall noch ein schönes Booklet dabei habe, ist das auch eine runde Sache. Man hat das Spiel als abgeschlossenes Werk zu 100% auf dem Datenträger und auch wird das Spiel bei späteren Re-Releases nicht besser. Da finde ich den Appeal immer noch nachvollziehbar.
So sind aber nicht alle Retail-Spiele. Bei nem Spiel wie "Wer weiß denn sowas" hat man einen Extremfall. Da ist ein großer Teil des Spiels als digitaler Downloadcode dabei, der nur einmal funktioniert. Das heißt, das Spiel wird, selbst wenn der Store noch aktiv ist, beim Verleih oder Verkauf unvollständig sein. Viele andere Spiele sind aber auch so oft ohne zusätzlichen Download manchmal gar nicht spielbar, manchmal fehlt Content und sehr oft eben Patches und Updates. Das heißt, es gibt oft keine abgeschlossene 100%-Version des Spiels auf einem Datenträger. Bei nem GTA V für PS3 ist es auch so, dass die PS3-Version nach Release der PS4-Fassung irgendwie minderwertig ist (zusätzlich zu dem Faktor, dass Updates und Patches fehlen). Und wenn die PS5-Fassung kommt, ist die PS4-Fassung auch nicht mehr die definitive Konsolenfassung. Die meisten modernen Retail-Spiele sind wieder im Bereich des Positiven Extremes noch des negativen.
Gleiches gilt für digitale Releases. Im Abo geht mir das Spiel nach Ende meines Abos verloren. Auch gekaufte Spiele sind nicht wirklich mein. Habe ich GTA IV oder Crazy Taxi bei Steam gekauft, wird mir bei meinem Kauf durch einen Patch im Nachhinein Musik aus Lizenzgründen entfernt. Geht ein Store vom Markt, verliere ich das Spiel. Bei Nintendo kann ich gekaufte Spiele noch herunterladen aber bei Wii U und 3DS z. B. als Neukunde nicht mehr kaufen. Das heißt, der Zugang geht verloren. Verleihen etc. geht natürlich auch nicht.
Auf der anderen Seite gibt es drm-freie digitale Releases wie bei GOG. Ich kann von dem Spiel so viele Kopieen machen wie ich will und es auf so vielen Plattformen spielen wie ich will. Ich kann mir ein Point and Click-Adventure bei GOG kaufen und das SPiel dann legal auch in Scumm VM auf meinem Handy oder meinem Retro-Handheld spielen. Ich habe viel mehr Verfügung und Freiheit als bei Retail. Jedoch habe ich oft keinen Einfluss auf das Modell des digitalen Vertriebs.
Von daher finde ich bei der Frage Retail vs. Digital auch immer wichtig, dass man das bedenkt, dass sich die Retail- und Digital-Modelle untereinander in Sachen Vor- und Nachteile auch schon ganz schön stark unterscheiden.